Der Aggregatoren-Markt brummt weiterhin. Rund 45 FBA-Aufkäufer kämpfen in Europa, den USA und Asien um erfolgreiche Amazon-Händler und Brands. Dafür haben sie 2021 von Investoren über 12 Milliarden US-Dollar an Kapital eingesammelt. Doch wie profitieren deutsche Verkäufer von diesem Geldsegen? Welche Multiples legen die Aggregatoren für ihre Unternehmensübernahmen an? Wir haben sie gefragt – und erstaunlich offene Antworten bekommen.
Ende November veröffentlichte das US-Amerikanische Marktbeobachtungsportal Marketplace Pulse erstmals Zahlen zu den Verkaufsbedingungen für Amazon-Businesses in den USA. Demnach konnten Amazon-Seller beim Verkauf ihres Unternehmens vor rund zwei Jahre noch davon ausgehen, etwa das 2,5 – 3-fache ihres EBDITAs aufrufen zu können. Durch den Aggregatoren-Boom sind diese Multiples zur Verkaufspreis-Berechnung laut Marketplace Pulse stark angestiegen; heute könnten US-amerikanische Verkäufer 4- 8-fache EBDITA-Multiples aufrufen.
Thrasio zahlt „marktführend“, Unybrands 4-5er Multiples, BBG hält sich bedeckt
Wie sieht das im deutschen Markt aus? Sind die Multiples vergleichbar? „Wir können bestätigen, dass die Bewertungen steil angestiegen sind – allerdings nicht in die von Marketplace Pulse angegebenen Bereiche“, formuliert Georg Hesse, Vice President UK&DE bei Thrasio, auf die Anfrage von shopanbieter.de betont vorsichtig. Thrasio selbst bezahle „marktführende Preise für die richtigen Assets“.
Deutlicher wird auf Anfrage Mark Goldfinger, Senior Director Growth bei Unybrands: „Die Zahlen von Marketplace Pulse sind unserer Erfahrung nach weitgehen korrekt. Durchschnittlich wird in den USA für Amazon-Brands ein Multiple zwischen 4,5 und 7,5 gezahlt.“ Ähnliches gelte auch für den europäischen Markt, auch wenn der Durchschnittspreis etwas unter den amerikanischen Verhältnissen lägen, weil europäische Händler im Durchschnitt kleinere Unternehmen führen als ihre US-Kollegen. Unybrands selbst habe im letzten Jahr durchschnittliche EBDITA-Multiples von 4 bis 5 bezahlt.
BBG wollte sich zu Durchschnittsmultiples nicht äußern und bestätigte lediglich, dass die Preise seit dem Markteintritt der vielen Aggregatoren angestiegen seien. „BBG bewertet aber ausschließlich jedes einzelne Unternehmen individuell“, so Dominik Brichta, Chief M&A Officer & Co-Founder Berlin Brands Group. „Dabei spielt die Vergangenheit eher eine nachgeordnete Rolle, sondern vielmehr unsere Annahme, wie sich die Marke unter unserem Dach skalieren lässt. Kurzfristige Einflüsse im Markt haben darauf keinen Einfluss.“
Stryze und Razor: Alles zwischen 2- und 5-fachem Multiple ist üblich
Auch die Stryze Group hält die Marketplace Pulse-Zahlen für nicht ganz auf den europäischen Markt übertragbar. In den USA würden durchschnittliche Multiples von 4-5 bezahlt, in Europa etwas weniger. „Hierzulande werden immer noch viele Transaktionen bei 2-3-fachem SDE durchgeführt“, sagt Taro Niggemann, Co-Founder und Head of M&A von Stryze Group. „Wir zahlen eine breite Bandbreite – der Preis hängt in erster Linie von der Größe des Geschäfts, den Wachstumsaussichten, der Deal-Struktur und der Preis-Struktur ab“.
In ähnlichen Größenordnungen bzw. leicht darüber bewegen sich auch viele Deals bei der Razor Group, wie sich aus dem Markt vernehmen lässt. Allerdings will sich auch Razor nicht auf einen klaren Multiple-Korridor festnageln lassen.
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