Das Dienstleistungsangebot im Amazon-Kosmos ist enorm vielschichtig. Bei Bedarf kann man so gut wie jeden Teil des operativen Geschäfts an fähige Externe outsourcen. Doch läuft das Amazon-Geschäft dann quasi von selbst? Das ist Trugschluss. Outsourcing will gut überlegt sein – denn sowohl zuviel als auch zu wenig externe Hilfe behindert die Möglichkeiten, die der größte Marktplatz der Welt Herstellern im D2C-Geschäft zu bieten hat.
Wenn Markenhersteller in den Direktvertrieb auf Amazon einsteigen, ist die Lernkurve meistens sehr steil: Endkundenlogistik, Produktinszenierung auf der Produktdetailseite, Konversionsoptimierung, Endkundenlogistik, Kundenservice, dazu die sich ständig ändernden Geheimnisse des Amazon Advertising. Vor allem Hersteller ohne eigene E-Commerce-Teams stehen der Vielfalt der Herausforderungen des Marktplatz-Geschäfts oft recht hilflos gegenüber. Da ist es verführerisch, all den neuen Kram, von dem man nichts versteht, an externe Experten auszulagern.
Aber andererseits: Wenn das Amazon Marketing eine Amazon Agentur übernimmt, das Produktdatenmanagement eine Fullservice-Agentur und das Fulfillment FBA – wie soll der Hersteller dann jemals das Amazon-Geschäft erlernen? „In der Regel starten Hersteller in die Zusammenarbeit mit einer Agentur mit dem klaren Ziel, das gesamte Amazon-Geschäft langfristig selbst zu übernehmen“, weiß Peter Höschl, der als Partner der Amazon Agentur Marktplatz1 vornehmlich Hersteller und Marken beim Einstieg auf Amazon berät. „Oft merken sie im Rahmen der Zusammenarbeit aber schnell, dass es sinnvoller, billiger und effizienter ist, manche Bereiche des Amazon-Geschäfts auch langfristig bei einer Agentur zu lassen. In anderen Bereichen ist es dagegen sinnvoll, parallel zum externen Partner eigene Ressourcen aufzubauen, diese schnell mit Know-How zu versehen, die Operative dann nach und nach selbst zu übernehmen und die externe Agentur als strategischen Sparrings-Partner an Bord zu behalten.“
Was man auslagern sollte – und was nicht
Die Entscheidung darüber, welche Teile des Marktplatzgeschäfts outgesourct werden, sollte entlang der Prozesskette fallen. Das Marktplatzgeschäft erfordert ein hohes Maß an Professionalität, das viele Markenhersteller, für die der Direktverkauf nicht zum Kerngeschäft gehört, kaum selbst aufbringen können. Welche Bereiche an externe Partner abgegeben werden können, hängt von der Bedeutung des Marktplatzkanals für das Unternehmen ab. Gut outsourcen lässt sich alles, was mit der operativen Werkbank zusammenhängt und hohes Spezialwissen erfordert, also z.B. Amazon Advertising und Amazon SEO, Internationalisierungsprozesse sowie viele Prozesse rund um die Produktneueinführung.
„Inhouse sollten dagegen sämtliche Prozesse rund um den direkten Kundenkontakt, Branding-relevante Themen wie die Contentproduktion sowie strategische Bereiche wie Preissteuerung und Controlling bleiben“, rät Klaus Forsthofer, Co-Gründer von Marktplatz1. „Auch die interne Warenlogistik sollte beim Hersteller bleiben, selbst wenn die externe Logistik von einem Dienstleister wie FBA übernommen wird.“ Nur so kann die Marke die Oberhand über den neuen Geschäftskanal behalten und ein Gefühl für Chancen und Möglichkeiten auf Amazon entwickeln. Ein externer Sparringspartner für die strategische Planung ist aber auf jeden Fall zu empfehlen.
Wichtig für die Outsourcing-Entscheidung ist die Frage: Wie können sich Hersteller auf den Marktplätzen ihre Agilität bewahren? Das Marktplatzgeschäft ist extrem schnelllebig, relevante Änderungen wie die Einführung neuer Werbeformate oder Änderungen in den logistischen Anforderungen können auf Amazon quasi über Nacht in Kraft treten. Damit die externe Agentur schnell auf solche Änderungen reagieren kann, muss die Zusammenarbeit zwischen Marke und Agentur optimal aufgestellt sein.
Gute Zusammenarbeit basiert auf Transparenz
„Wichtigste Voraussetzung ist, dass Inhouse ein Ansprechpartner mit einem guten Grundgerüst an KnowHow zur Verfügung steht“, sagt Höschl. „Agenturen benötigen einen Ansprechpartner auf Augenhöhe, der versteht was ihm die Agentur vorschlägt und die Arbeitsweise und Ergebnisse der Agentur beurteilen kann. Gleichzeitig gilt: Shit in, shit out. Die Agentur ist auf ein gutes Briefing und Arbeitsaufträge angewiesen.“ Zudem sind klare Kompetenz- und Aufgabenverteilungen ein Muss, besonders in der Phase, in der der Hersteller nach und nach Verantwortlichkeiten von der Agentur zurück ins Inhouse-Team holt. „Es muss geklärt werden, was die Agentur tun soll, und was sie nicht tun soll“, betont Forsthofer. „Damit erspart man sich Kompetenzirritationen.“
Bleibt die Agentur langfristig als strategischer Sparrings-Partner an Bord, hilft das den internen Teams bei der Professionalisierung. Zudem können mit dem externen Experten im Rücken im Unternehmen manchmal neue Prozesse schneller durchgesetzt werden, die ohne Stimme von außen noch Jahre gebraucht hätten. „Dies erfordert natürlich eine Agentur mit viel Erfahrung“, meint Höschl. „Hier genügt es nicht, dass die Agentur hohes technisches Wissen hat, wie Amazon funktioniert. Die Ansprechpartner in der Agentur benötigen eine hohe Seniorität und Praxiserfahrung.“ Eventuell kann es sich sogar lohnen, bestimmte Prozesse an technische Agenturen abzugeben, die durch einen hohen Automatisierungsgrad große Einsparungen erzielen können. Eine zweite Agentur mit Fokus auf Strategie hilft dann bei der langfristigen Planung des Amazon-Geschäfts. „Der Aufbau eines gewissen Basis-Wissens ist aber in jedem Fall zu empfehlen wie auch die Ausstattung der eigenen Abteilung mit entsprechenden Kompetenzen“, rät Forsthofer.