Für die aktuelle Ausgabe unseres kostenlosen Online-Händlermagazins shopanbieter to go wollten wir von E-Commerce-Urgestein Eric Jankowfsky wissen, in welche Richtung er die Entwicklung des Marktes sieht und wie sich Online-Händler den künftigen Herausforderungen stellen können.
Eric beschäftigt sich bereits seit 1995 gewerblich mit dem internetbasierten Handel. Im Jahr 2002 gründete er den heute in Deutschland führenden Shop-Software-Hersteller OXID eSales mit. Als Vorstand war er maßgeblich mit dafür verantwortlich, Unternehmen wie Edeka, Fressnapf, Söhnle oder Neckermann/Schweiz den Weg in den Onlinehandel zu ebnen. Er war deutschlandweit und quer durch alle Branchen beratend tätig. Er begleitete unzählige Unternehmen bei ihren ersten Schritten im E-Commerce genauso wie bei Relaunches oder der heute so wichtigen Verschmelzung zwischen Unternehmenshomepage und Onlineshop.
Seit 2010 deckt er mit seinem Unternehmen Jankowfsky AG als Dienstleister das komplette Spektrum aller Bereiche des E-Commerce ab.
Prognose / Aussicht: Wie schätzt Du die Situation ein – werden in den nächsten Jahren tatsächlich bis zu 90% der Online-Händler ihre Segel streichen müssen?
Das ist eine Suggestivfrage. Davon abgesehen – natürlich werden sich einige oder vielleicht auch viele Player vom Markt verabschieden.
Wer keine Antwort hat auf die Frage „Warum sollte ein Endkunde bei Dir und nicht bei Amazon kaufen?“, der hat in meinen Augen keine Daseinsberechtigung. Das reicht einfach nicht. Und die Kollegen, welche die Frage entweder mit „durch den Preis“ (unrealistisch) oder „durch besseren Service“ (Ja, wie lange denn? Wie lange kann man denn bei wachsenden Kundenzahlen täglich persönlich mit den Kunden telefonieren?) beantworten, sind genauso langweilig wie Jobbewerber, die auf die Frage nach ihrer größten Schwäche mit „Ungeduld“ antworten.
Ganz, ganz viele Shopbetreiber mutieren gerade zu etwas Ähnlichem wie dem selbständigen Paketausfahrer. Irgendwie selbständig, irgendwie am Überleben. Dies natürlich nur so lange, bis man selbst mal eine ganze Woche Urlaub machen möchte, oder, Gott bewahre, mal krank wird. Dann geht’s bergab. Das ist eine sehr traurige Entwicklung. Das sind Menschen, die Sklaven ihrer selbst sind.
Mir fällt dazu immer die Geschichte ein, in der ein Arbeiter im Wald sitzt und ganz wild an einem Baum sägt. Als ein Spaziergänger vorbeikommt, sich das ansieht und sagt: „EY! Was ist denn das für eine Säge, die ist ja total stumpf. Mach mal Pause, geh in die Stadt und lass Deine Säge schärfen“. Darauf antwortet der Arbeiter: „Keine Zeit, ich muss sägen“.
Ganz ehrlich – das ist doch nicht zukunftsfähig. Und jeder, der davon betroffen ist, weiß das auch. Viele sind mit der tatsächlichen Komplexität des Onlinehandels überfordert.
Was ganz klar gesagt werden muss:
- Strategie Google – Ich tue alles dafür, in Google ganz weit vorne zu stehen.
- Strategie eBay – Ich verkaufe ganz viel über eBay.
- Strategie Amazon – Ich verkaufe über Amazon Marketplace.
DAS sind keine Geschäftsstrategien. Das ist ein sich abhängig machen von Entscheidungen fremder Menschen, die am anderen Ende der Welt sitzen. Entscheidungen, die der Händler selbst nicht beeinflussen kann. Das Schlimme daran ist, dass auf Basis dieser Entscheidungen fremder Menschen eigene Entscheidungen getroffen werden. Da wird für viel Geld eine neue Warenwirtschaft eingeführt, ein neues Lager gebaut oder langfristig angemietet und investiert. Da vertrauen die Mitarbeiter darauf, dass der Arbeitgeber verantwortungsvoll handelt und treffen auf dieser Annahme persönliche Entscheidungen, finanzieren zum Beispiel ein neues Auto. Und dann?! Dann ändert Google den Algorithmus, ändert eBay die Sortierreihenfolge, verkauft Amazon die gleichen Produkte auf einmal selbst. [Weiterlesen…] about Viele Shopbetreiber mutieren gerade zu etwas Ähnlichem wie dem selbständigen Paketausfahrer