So zumindest das Ergebnis der Studie „Interaktiver Handel in Deutschland 2013“ des bvh und deren Ableitung daraus. Für die Studie wurden rund 40.000 Privatpersonen aus Deutschland im Alter von über 14 Jahren im Zeitraum von Januar bis Dezember 2013 telefonisch und per Onlinefragebogen zu ihrem Ausgabeverhalten im Online- und Versandhandel und zu ihrem Konsum von digitalen Dienstleistungen (z.B. im Bereich Downloads oder Ticketing) befragt.
Zwei Drittel-Mehrheit für Marktplätze
Bei den reinen Online-Umsätzen mit Waren in Höhe von 39,1 Mrd. Euro (brutto nach Retouren) lagen die Online-Marktplätze auf Rang eins mit einem Umsatz von 26,0 Milliarden Euro. Auf Platz zwei liegen die Multichannel-Versender mit einem Umsatz von 7,4 Milliarden Euro, gefolgt von den Internet-Pure-Playern mit einem Umsatz von 4,7 Milliarden Euro.
In seinem bvh-Blogartikel schätzt Martin Gross-Albenhausen den über Amazon erzielten Umsatz, sicherlich richtig, auf rund 21,4 Mrd. Euro ein.
Amazon selbst sagt, dass der Umsatz in Deutschland 6,8 Mrd. Euro (netto) betragen habe. Darin sind neben dem eigenen Warenumsatz bereits Provisionen und Service-Erlöse enthalten. Wenn ich den Marktplatzumsatz mal mit einem Drittel des Volumens annehme – was eine pure Annahme ist -, dann reden wir über ein Provisionsvolumen von rd. 2,25 Mrd. Euro.
Bei einem mittleren Provisionssatz von 15 % würde das bedeuten: rd. 15 Mrd. Euro Plattformumsatz wird von Dritten gemacht.
Umsatz über Amazon ist schön, nur Überleben ist schöner
Dies bedeutet, bereits jeder zweite Euro geht der Studie nach über Amazons Ladentheke. Richtig ist daher die bvh-Schlussfolgerung, dass sich jeder Händler mit der Frage „Auf Amazon verkaufen – Ja oder Nein“ auseinandersetzen muss.
Falsch ist jedoch, dass der Verkauf über Amazon bzw. Marktplätze zur Pflichtveranstaltung für jeden Händler wird. Es gibt nach wie vor auch gute Gründe nicht auf Amazon zu verkaufen. Nehmen wir, um nur ein Beispiel herauszugreifen, einen Händler der die exklusiven Vertriebsrechte in Deutschland für bestimmte Produkte hat. Nehmen wir an, er verkauft diese Produkte nun über Amazon Deutschland.
Was wird passieren? – entweder werden sich beispielsweise die UK-Händler dieses Sortiments am Erfolg andocken und die Artikel nach Deutschland über Amazon vertreiben oder Amazon macht es gleich selbst. Möglichkeiten dazu findet Amazon bekanntermaßen genügend und schert sich auch nicht groß um Andere oder Vereinbarungen.
Ich finde es ja toll, wie sich der bvh in den letzten paar Jahren vom „Wir machen die tollsten Kataloge“-Gegenseitig-auf-die-Schulterklopfer-Veranstaltung in Richtung Echtzeit entwickelt hat. Aber dann sollte bitte mehr kommen, als die Händler in die Fänge von Amazon zu treiben.
Immerhin hat der bvh, wie ich in deren aktuellen Blogbeitrag erfahren habe, uns nicht nur die Online-Lastschrift gerettet, sondern auch eine Workshop-Konferenz entwickelt, die wie wohl keine andere in Deutschland operativ Wissen und Skills vermittelt und im gleichen Zug ein Netzwerk stärkt.
Natürlich kann der Vertrieb über Marktplätze die richtige Strategie für Händler sein und wird es in vielen Fällen auch sein. Aber ein bisschen differenzierter sollte die Strategieentwicklung durchaus geschehen.
By the way: Die nach wie vor kompaktesten Informationen und Anleitungen für den Einstieg in den Vertrieb über Marktplätze gibt es wahrscheinlich nach wie vor immer noch bei uns. Etwa in unserem kostenlosen Buch „Fakten und Tipps zum Verkaufen auf Online-Marktplätzen“.
Martin Gross-Albenhausen meint
Hallo Peter, danke, dass Du meinen Beitrag kritisch aufgegriffen hast. Es ist tatsächlich eine steile These, die ich da aufstelle.
Aber wenn Du genau nachliest, dann spreche ich mich für einen sehr differenzierten Umgang mit Amazon um. Also gerade nicht, alles auf Amazon zu stellen, und damit die eigene Differenzierung zu zerstören. Das wäre töricht und sicher das letzte, was ich als bekennender Spezialanbieter-Fan jemandem empfehlen würde.
Aber Amazon verstehen und zu testen, wie man aus dem System Nutzen für das eigene Geschäft schlagen kann, das machen etliche erfolgreiche Händler, die auch sehr gut auf eigenen Seiten verkaufen.
In Berlin kenne ich einige „local heroes“, die genau so das stationäre Geschäft durch Präsenzen bei ebay und Amazon stärken (und zuweilen ohne diese Präsenz den Laden längst geschlossen hätten).
Peter Höschl meint
Hallo Martin, Danke für die schnelle Ergänzung.
Hatte ich anders aufgefasst und mich zugegebenermaßen schon gewundert.
Mir hatte halt vor allem die Skizzierung der Schattenseite gefehlt, die es bei Amazon für Händler reichlich geben kann, gefehlt.
Stephan meint
Das zeigt doch sehr deutlich, dass die unzähligen Händler, die ihre Produkte bei Amazon eingefügt haben, eine gute Portion für deren Wachstum beigetragen haben. Wer jedoch glaubt, dass Amazon dies den Händlern anrechnet, der versteht dieses Ungetüm nicht. Unsere Produkte bekommt Amazon nicht.