Als „Frechheit“ oder gar „Erpressung“ bezeichnen Online-Händler die von Amazon geforderte Preisparität, wie eine kürzlich durchgeführte Umfrage vom Infodienst Onlinemarktplatz und dem Analysetool-Anbieter chartixx ergibt. Bekanntermaßen schreibt Amazon seinen Händlern vor, dass er seine Produkte auf keinem anderen Weg günstiger anbieten darf. Entweder also senkt er seine Preise bei Amazon oder er hebt seine Preise im eigenen Onlineshop und auf anderen Marktplätzen an. Dies schwächt entweder seine Margensituation (von der auch die erklecklichen Provisionen für Amazon noch weggehen) oder er geht Gefahr, dass seine Preise nicht mehr konkurrenzfähig sind.
Preissteigerungen prognostiziert
Knapp die Hälfte der befragten Händler geht dabei von steigenden Preisen im eigenen Onlineshop (46%) bzw. auf anderen Marktplätzen (48%) aus.
Für den eigenen Onlineshop sind 36% der Teilnehmer der Meinung die Preise würden stabil bleiben und 18% gehen von sinkenden Preisen im eigenen Onlineshop aus. Etwas anders die Situation für Marktplätze. Hier gehen 23% von stabilen und 29% von sinkenden Preisen aus.
Würde der Preis auf Amazon stabil bleiben, so müssten die Preise auf anderen Marktplätzen erheblich steigen -durchschnittlich um 8,9%, im eigenen Online-Shop sogar um 10,4%.
30% der Teilnehmer haben übrigens angegeben, bereits von Amazon kontaktiert worden zu sein. Onlinemarktplatz vermutet, dass Amazon kurz vor dem Weihnachtsgeschäft den Druck erhöht und vor allem den jeweiligen Online-Shop des Händlers scannt. Mittels Analysetools sein schnell zu erkennen, ob Amazon über den eigenen Amazon Cloud Service bereits den Online-Shop auf Preisparität überprüfte.
Klage gegen Preisparität eingereicht
Gründer und Geschäftsführer vom Marktplatz Hood.de, Ryan Hood, ist der Meinung, Amazon greife mit der sogenannten Preisparität massiv in die freie Preisgestaltung der Händler ein und verkaufe dieses Preisdiktat dann noch als Kundenvorteil, während gleichzeitig die Preise durch hohe Gebühren nach oben getrieben werden.
Klarer Verlierer sei jedoch nicht nur der Händler, sondern auch der Kunde, da er auch dann indirekt Amazons Verkaufsprovision zahlen muss, wenn er gar nicht über Amazon kauft. Langfristig würde dies zu steigenden Preisen in allen Onlinevertriebskanälen zu Gunsten Amazon führen.
Aus diesem Grund hat Hood.de kürzlich beim Landgericht Köln Klage gegen Amazons Preisparität eingereicht.
Nachtrag vom 04.12.2012: Bitte beachten Sie auch unsere Umfrage „Sind Sie wirtschaftlich von Amazon abhängig?“ unter https://www.shopanbieter.de/news/archives/6673-sind-sie-von-amazon-wirtschaftlich-abhaengig.html
Marcel meint
Mal ne andere Frage zum dem Thema Preise beim Amazon Marketplace:
Ist die von Amazon durchgeführte Methodik eigentlich kartellrechtlich verboten? Es ist doch mehr oder weniger ein Eingriff in die händlereigene Preispolitik / -gestaltung. Amazon selbst verkauft auch auf dieser Plattfrom als eigener Händler. Das grenzt stark an Preisabsprachen bzw. Preisdiktat. Und das sollte kartellrechtlich doch verboten sein?
Oder kann sich Amazon aufgrund des Standortes hier herausreden (Luxemburg oder gar USA)?
Amazon-Händler meint
Hallo,
bin selbst auch von Amazon wirtschaftlich abhängig und finde das Preisdiktat mehr als erpresserisch.
Haben wir vor 3 Jahren noch 90% des Umsatzes im eigenen Shop gemacht, den Rest auf Marktplätzen, so hat sich die Situation inzwischen umgekehrt.
Die Kunden haben keine Lust mehr, Preise zu vergleichen bzw. lange im Web rumzusuchen. Außerdem ist Amazon ja sicher und schnell :o)
Wenn ich dann im eigenen Shop nicht einmal mehr günstiger bin als Amazon, dann kann ich den Shop gleich schließen.
Ich hoffe, dass auch eBay bald so wie Hood den Kampf gegen Amazon aufnimmt, denn das Preisdiktat richtet sich ja insbesondere auch gegen Amazons Wettbewerber.
Ich sehe in Amazons Vorgehen einen klaren Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht und habe deshalb bei der Wettbewerbszentrale eine entsprechende Beschwerde eingereicht: http://www.wettbewerbszentrale.de/de/beschwerdestelle/beschwerdeformular/
Die Wettbewerbszentrale prüft die Sache und wird ggf gegen Amazon vorgehen.
Vielleicht erzeugt es ja ein wenig Druck, wenn noch ein paar mehr Händler Beschwerde gegen Amazon einlegen.
Übrigens: ich werde natürlich nie im Leben Amazon-Payments in meinem Shop anbieten!
Viele Grüße
Amazon-Händler
spiegeld meint
Ich wünsche wirklich viel Erfolg mit dieser Klage!
Der gesamte Amazon-Händler-Vertrag ist für mich „ein Witz“.
Ich hatte mir den (ganzen Mist) mal durchgelesen, und daraufhin Amazon einige Fragen gestellt – Antwort war, auf jede Frage, ein freundliches „wir können Ihnen leider keine Rechtsauskunft geben…“.
Seitdem – suche ich „einfach“ so lange – bis ich einen günstigeren Anbieter gefunden habe, bevor ich dort noch mal einkaufe.
Halt – eine Bestellung hatte ich im letzten Jahr.
Eine Brechstange aus Amiland – Marke: DEAD ON ; ))
ps: die im Voraus zuviel zu zahlenden „Zoll-Gebühren“ wurden
selbstredend erst nach „zweimaligem Meckern“ rückerstattet.
Bücher gibt’s bei buch.de oder buecher.de …
Schlussendlich ist jeder Händler auch Konsument;
und als Konsument überlege ich mir,
wem ich mein Geld hinterherwerfe ; )
stefan meint
Es wird immer von Verlierern geredet aber reden wir doch mal über die Gewinner. Abgesehen von Amazon sind doch die Shopbetreiber die nicht mit Amazon ins Bett gestiegen sind die klaren Gewinner. Herr im eigenen Haus zu sein und zu bleiben ist elementar und dies nicht nur für die Psyche…wenn man jetzt schon von Amazon abhängig ist sollte sich jeder mal überlegen was da grundsätzlich schief läuft. Die Überprüfung des eigenen Geschäftsmodell sollte erfolgen und die Klärung ob es nicht besser wäre das Feld denen zu überlassen die es besser und ohne Amazon können.
Anon meint
da weiß man mal wieder nicht, ob man lachen oder weinen soll: Händler, die bei Amazon anbieten, sind nun mal einfach selbst daran schuld, nun auch von denen abhängig zu sein, weil sie zu einem früheren Zeitpunkt nicht einen einzigen Umsatzeuro auslassen wollten. Nun bekommen Sie allmählich die Rechnung präsentiert. Dass deren Geschäftsmodell auf Sand gebaut ist, werden sie vermutlich sehr schmerzhaft noch feststellen.
Mitleid verdienen sie aber trotzdem keines: Wenn ich doch mal über Amazon einkaufe und sehe, dass das ja ein „Fremdhändler“ ist, dann versuche ich eigentlich immer, direkt über dessen eigenen Shop zu kaufen. Aber was muss ich (bis jetzt noch jedes Mal) feststellen: In den eigenen Shops ist der Preis höher als bei Amazon (meist über Portokosten, gel. auch der eigentliche Produktpreis) – obwohl da ja keine Gebühren anfallen würden. Das verstehe wer will.
Amazon ist da ein bisschen wie Google: Sie haben es geschafft, dass Händler vor ihnen die Hosen runterlassen und dafür auch noch Geld bezahlen. So was passiert eben mit mehr-oder-weniger-Monopolisten. Und dass diese so weit kommen konnten, ist nur durch tatkräftige Unterstütztung eben dieser Händler zu erklären, die nun so lautstark (aber auch zu Recht) jammern…
Torsten meint
ich wünsche amazon alles nur erdenklich gute für das durchsetzen der preisparität und allen händlern ein hoffentlich nicht zu schmerzliches aufwachen. amazon beherrscht in meinen augen das verkaufen perfekt, davon sollten shopbetreiber lernen – aber nicht bei der umsetzung dieser perfektion helfen. den spruch „jeder ist seines eigenen glückes schmied“ haben alle, aber auch alle (händler und industrie) welche bei amazon anbieten nicht verstanden.
Frank meint
Ich habe keine Ahnung, ob das, was Amazon dort macht, kartellrechtlich okay ist. Aber, jeder Shopbetreiber, der über Amazon verkauft, hat die Bestimmungen akzeptiert. Und dort steht ganz klar drin, dass die Preise überall gleich sein müssen. Sich im nachhinein zu beschweren, ist ziemlich schwach.
Wir haben auch überlegt, dort mitzumachen, um den Umsatz zu erhöhen. Aber Umsatz ist nicht alles. Wir forcieren lieber unseren Shop und sind unser eigener Herr.
Privat kaufen wir nichts mehr bei Amazon. Ich suche lieber ’nen Shop und gebe ein paar Euro mehr aus.
Olaf meint
was Stefan oben sagt, ist richtig und eine seltsame Sache. Bei Händlern, die bei ebay und amazon verkaufen und gleichzeitig einen eigenen Shop haben, sollte man erwarten, dass die Summe aus Artikelpreisen und Versandkosten lokal, also in ihrem Shop günstiger ist. Ich habe das schon des öfteren überprüft, aber erstaunlicherweise: Ausnahmslos und in jedem einzelnen Fall waren mindestens die Versandkosten, meistens aber sowohl Artikelpreis, als auch Versandkosten gleich oder höher als bei identischen Angeboten bei amazon oder ebay.
Verstehe das, wer will. Eine Erklärung dafür wäre sicherlich äusserst aufschlusreich. Sind etwa die Gebühren von amazon und ebay vielleicht noch zu niedrig?
Inzwischen schaue ich nur noch rein spasseshalber bei den händlereigenen Shops nach, um zu sehen, ob es wieder zutrifft. Ich bin nicht sicher, ob meine Beobachtung statistisch relevant ist. Das Sample ist natürlich zu klein. Ganz ohne Bedeutung kann sie aber auch nicht sein, denn diese Praxis muss irgendeinen Sinn haben. Jedenfalls müssten sich dann die meisten Händler um Paritätsklauseln keine Sorgen machen. Die Diskussion dazu wäre auch nur heiße Luft.
Peter Höschl meint
@ Olaf,
Das Problem dieser Händler dürfte sein, dass sie ihre Ware los werden und bei Amazon/eBay an die Schmerzgrenze gehen MÜSSEN um sie verkaufen zu können.
Leicos meint
Bei mir hat sich Amazon nie beschwert, dass die Preise und Versandkosten um einiges höher als im Shop sind. Ich empfand diesen Teil der AGB immer als heikel und ging davon aus, dass Amazon das nicht offensiv durchsetzen wird, sondern eher auf die „Selbstbeschränkung“ der Händler setzt (aus Angst, Amazon könne sie – ohne Angabe von Gründen – kündigen).
Ade meint
Genialer Zug von Hood.
Sie haben in diesem Spiel nichts zu Gewinnen und nichts zu Verlieren, sind sie doch in erster Linie Außenstehender.
Aber durch die Klage machen sie grandios Werbung und profilieren sich gleichsam als Unterstützer der Händler.
Ich liebe solches Marketing. Echt schön gemacht!