Gastartikel: Der Bestellboom im Internet hat längst die Möbelwelt erreicht. Es herrscht Goldgräberstimmung im Online-Möbelhandel. Doch die etablierten Möbelriesen tun sich schwer mit dem neuen Geschäftsfeld. Die großen Online-Umsätze sichern sich momentan vor allem junge Unternehmen und Spezialanbieter. Doch warum sind die Branchengrößen noch nicht auf Erfolgskurs? Wann startet die Expedition eCommerce bei den Möbelgiganten?
Nach Angaben des Bundesverbandes des Deutschen Möbelhandels (BVDM) lag in der Möbelbranche der Online-Anteil am Gesamtumsatz 2015 erst bei rund 6 Prozent. Für 2020 gehen die Prognosen des IFH Instituts für Handelsforschung bereits von satten 20 Prozent aus. Beste Aussichten also für den Möbelhandel.
Gewinner der Stunde sind vor allem Firmen wie Home24, fashion4home, Livingo oder Westwing – also Unternehmen, die im Schnitt nicht älter als 5 Jahre sind. Doch wo bleiben die großen Namen des traditionellen Möbelhandels? Außer IKEA und OTTO sind kaum bekannte Branchengrößen in den Top-Rankings vertreten. Wie kann das sein? Haben die etablierten Unternehmen »nur« den Trend verpasst oder sitzt das Problem tiefer?
Kosten- und Organisationsstrukturen verhindern Innovationen
Besonders die Möbelriesen tun sich schwer mit neuen Geschäftsfeldern wie dem eCommerce. Die Ursachen dafür beschreibt Clayton M. Christensen in seinem Buch “The Innovator’s Dilemma – Warum etablierte Unternehmen den Wettbewerb um bahnbrechende Innovationen verlieren.” Gerade weil Unternehmen in ihrem Stammgeschäft erfolgreich sind, scheitern sie bei disruptiven Innovationen.
Die vordringlichste Aufgabe des Managements ist es, das Überleben des Unternehmens zu sichern. Und im besten Fall Wachstum zu generieren. Auf diese Ziele hin werden die Organisationsstrukturen und Ressourcen ausgerichtet und optimiert. Mit der Größe des Unternehmens wachsen die Kostenblöcke entsprechend und somit die Notwendigkeit, Geschäftsfelder mit dazu passendem Ertragspotenzial zu bedienen.
Denken wir nun an den traditionellen Möbelhandel mit seinen riesigen Wohnwelten und Möbelhäusern, die Unsummen an laufenden Kosten produzieren. Neue Geschäftsbereiche müssen in kurzer Zeit dazu passende Umsätze versprechen, um überhaupt in die Nähe einer Diskussion zu kommen.
Nimmt man zum Beispiel einen Filialisten mit mehreren Möbelhäusern und einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro. Eine Innovation, wie der Online-Handel mit Möbeln, müsste in Relation mindestens 10 Millionen Euro Umsatz pro Jahr auf absehbare Zeit erwirtschaften. Am besten alles auch noch in den jährlichen Budgetierungsrunden exakt planbar. Alles darunter ist einfach zu klein, um kostbare Ressourcen und die besten Leute dafür einzusetzen.
eCommerce – Reise in unbekannte Wohnwelten
Innovation ist immer eine Expedition ins Unbekannte. Das Neue beginnt zunächst klein, mit geringen Umsätzen, wenig planbar, Ausgang ungewiss. Kurzum: Innovationen passen nicht in die Kostenstrukturen und Umsatzerwartungen etablierter Unternehmen. Und der Online-Handel ist im Vergleich zum stationären Ladengeschäft für den klassischen Möbelhandel ein komplett neues Geschäftsfeld – mit eigenen Spielregeln, Prozessen und kritischen Erfolgsfaktoren.
Innovation braucht erfahrene Profis
Für die Umsetzung von Innovationen braucht es Profis. Und zwar bevor man sich auf den Weg macht, neue Lösungen in die Welt zu bringen. Es braucht mithin echte Visionäre mit Leidenschaft und Herzblut, die den Willen und die Energie haben, die Innovation voranzutreiben. Dafür müssen die besten Mitarbeiter freigestellt werden.
Schaut man sich die Gründer von Home24, Westwing und Co. genauer an, findet man viele Serien-Entrepreneure. Also Unternehmer, die Innovation zu ihrer Profession gemacht haben. Erfolg ist nur manchmal Zufall. Meist ist es Können, viel Erfahrung und harte Arbeit. Die Newcomer im Möbelhandel lernen schnell: Sie picken sich die Schnelldreher wie “flache Artikel” und Accessoires heraus und generieren Umsatz, der den stationären Möbelhäusern zur Deckung ihrer Fixkosten schmerzlich fehlt. Ohne eigene Online-Strategie stecken die etablierten Möbelhändler bald in der Sackgasse. Es gilt, das Thema eCommerce anzupacken und die Aufholjagd zu starten.
Entdeckergeist und Innovationskultur gefordert
Um das Innovationsmanagement auch langfristig zu sichern, braucht es eine Innovationskultur. Hier kann man ausnahmsweise von den Konzernen lernen. Durch die Globalisierung sind bei diesen der Wettbewerbs- und Innovationsdruck schon vor Jahren enorm gestiegen. Folge: „Innovation-Labs“ und „Think Tanks“ sprießen wie Pilze aus dem Boden. Weitgehend unabhängig in eigenen Räumen, eigener Organisation und einer kreativen Startup-Kultur. Ausgestattet mit ausreichend Geld, Zeit und erfahrenen Entrepreneuren an der Spitze.
Der Weg ins Netz mit professionellen Komponenten
Der Online-Handel mit Möbeln wird ohne Zweifel weiter zunehmen. Dem hat sich der klassische Möbelhandel zu stellen, wenn er nicht untergehen will. Kann er den Rückstand an Online-Erfahrung noch aufholen? Günter Faltin, Professor für Entrepreneurship, Unternehmer und Business Angel erfolgreicher Start-Ups empfiehlt den Einsatz professioneller Komponenten. Man muss nicht alles selbst neu entwickeln. Dabei versteht Professor Faltin unter Komponenten nicht nur Technik oder Software, sondern auch professionelle Dienstleister.
Denn eCommerce ist stark softwaregetrieben. Eine Allianz starker Softwarehersteller aus der Branche und dem Online-Handel hat die besten Chancen, den Rückstand noch aufzuholen. Ambitionierte Möbelhändler profitieren von den Erfahrungen der Online-Experten aus dutzenden Projekten. Für sie ist eCommerce längst kein Neuland mehr, sondern gehört zum Tagesgeschäft.
In Zeiten von Omni-Channel und Click & Collect besteht die besondere Herausforderung darin, die bestehende Unternehmenssoftware in die Welt des eCommerce zu integrieren. Nur durch die Integration der Online- und stationären Systeme kann das volle Potenzial ausgeschöpft werden. „Ja, professionelle Dienstleister kosten Geld”, so Faltin. „Wenn Sie sich professionelle Dienstleister nicht leisten wollen, probieren Sie es doch mal mit Unprofessionellen.”
Wolfgang Vogl ist Director Business Development bei Speed4Trade. Das eCommerce-Softwarehaus ist auf digitale Lösungen für den B2B- und B2C-Handel spezialisiert. In seiner Funktion beschäftigt er sich vor allem mit Innovationen, Trends und neuen Geschäftsmodellen im eCommerce-Umfeld. Die Strategien finden Anwendung bei Kunden, Partner und den unternehmenseigenen Produkten und Lösungen. Als gelernter Handelsfachwirt und studierter Wirtschaftsinformatiker kann er auf über 24 Jahre praktische Erfahrung und zahlreiche Projekte zur Geschäftsentwicklung von Softwareinnovationen zurückgreifen. Er engagiert sich im BITKOM und als Preferred Business Partner beim bevh. |
mst meint
Was versteht man hier unter „flachen Artikeln“?
Ro meint
Sorry selten so einen schlechten artikel gelesen.
1. es wird von Innovationen gesprochen wo garkeine sind. Keiner der genannten newcomer hat etwas neu erfunden oder anders gemacht. Sie haben einfach Shops gemacht während die alten noch gewartet haben bis genug Nachfrage im Netz da ist.
2. die Aufgabe vom Management ist auch bei Möbelunternehmen nicht nur Umsätze zu sichern sondern weiter zu steigern. Ikea wie auch xxxlutz eröffnen ständig nach wie vor neue Häuser.
3. livingo ist schon seit 2 Jahren kein Onlineshop mehr.
4. von Goldgräberstimmung zu sprechen während die Bewertungen von home24 und westwing eher sinken und one Kings lane (als US Vorbild) mit riesigem Wertverlust verkauft wurde ist wohl ein ganz klein wenig übertrieben…
Sorry aber so unwissend krampfhaft einen hint auf speed4trade zu schaffen ist einfach nur flach.
Wolfgang Vogl meint
Hallo,
zu Kommentar 1 von mst:
“Flache Artikel” sind im Möbeljargon einfache SB-/Mitnahme-Möbel mit beschränkter Variationsvielfalt. Zum Beispiel Stühle, Beistelltische, etc., die sich leicht über einen Online-Shop verkaufen lassen. Im Gegensatz z.B. zu einer aufwändig zu konfigurierenden Wohnzimmer-Schrankwand.
Zu Kommentar 2 von Ro:
zu 1. Die Innovationen der Newcomer sind eher im Online-Marketing und in der Logistik zu sehen. Also weniger in den Shop-Funktionen an sich. Sie verstehen es momentan besser als die Etablierten, viel Traffic auf die Seite zu bringen und damit natürlich auch gut Umsatz zu machen. In der Logistik, vor allem bei den sperrigen Artikeln, habe die Newcomer derzeit sicherlich noch ihre Probleme, diese zu optimieren. Das zieht momentan ihre Gewinne nach unten. Aber ich bin mir sicher, dass sie die Herausforderungen in der Versandhandelslogistik früher oder später gelöst bekommen. Dann werden sie wieder durchstarten, den dann haben sie nochmals mehr Prozess- und Kostenvorteile erarbeitet als die Nachzügler.
zu 2. Das habe ich so auch geschrieben: “Und im besten Fall Wachstum zu generieren.”
zu 3. Das ist richtig, livingo ist kein Onlineshop mehr.
zu 4. Das ist schon die Frage, ob die Finanzierung der Newcomer ausreicht, um in die Gewinnzone zu kommen oder ob die Investoren vorher kalte Füße bekommen und aussteigen und vorzeitig verkaufen wollen.
Der Fachartikel wurde als Gastbeitrag von Speed4Trade geschrieben. Ist oben auch als Gastartikel gekennzeichnet. Shopanbieter.de war so freundlich ihn zu publizieren.