Nach der Fusion mit Hitmeister und einer fast einjährigen Übergangsphase startet real.de jetzt durch. Viele Händler berichten, basierend auf ihre bisherigen Zahlen, über deutliche Umsatzsprünge. Der Schalter wurde vor drei Monaten umgelegt: Seit dem 15. Februar ist der ehemalige Onlinemarktplatz Hitmeister ein Teil von real.de. Mit der Übernahme von Hitmeister dürfte sich die Metro-Tochter real.- – bis dato nicht gerade ein Vorbild in Sachen Digitalisierung – mit einem Schlag auf Platz 3 der deutschen Onlinemarktplatz-Charts katapultiert haben: 4.500 Marktplatzhändler bieten auf real.de etwa 5 Millionen Produkte in rund 5.000 Kategorien an. Der Marktplatz verzeichnet 10 Millionen Besucher im Monat.
Das klingt auf den ersten Blick nach einem ordentlichen Pfund; dennoch musste und muss sich real.- einiges an Hohn und Spott in Bezug auf seine Hitmeister-Strategie anhören, vor allem in Sachen Marketing. Denn da bleibt die Supermarktkette ihrer Stationär-DNA scheinbar treu: Der Onlineshop bzw. Marktplatz wird wohl vornehmlich offline über die klassischen Kanäle beworben, beispielsweise in den 23 Millionen Werbeprospekten, die real.- wöchentlich verteilt. Am POS weisen Plakate in den Gängen und auf den Parkplätzen auf real.de hin. Und dann sind da natürlich noch die Hussen über den Ausgangsschleusen hinter den Supermarktkassen, über die sich der geschätzte Kollege Steier kürzlich gewohnt charmant ausgelassen hat.
Zugegeben: Das sieht jetzt nicht unbedingt nach bahnbrechender Innovationskraft aus. Aber im Handel zählt ja letztlich nur das, was unterm Strich steht. Und da sieht es den ersten vorsichtigen Erfahrungsberichten zufolge überraschend gut aus. In den einschlägigen Händlergruppen auf Facebook berichten viele ehemalige Hitmeister-Verkäufer von deutlichen Umsatzsteigerungen, seit real.- den Shop offensiv (wenn auch nur stationär) kommuniziert. Dem stimmt auch Thomas Weigel von heimundbuero.de zu, der seit 2010 Hitmeister-Partner war und jetzt auf real.de verkauft:
Auch wenn die weitere Entwicklung noch abzuwarten ist, zumindest ist real.de mit der Fusion auf einmal ein ernstzunehmender Wettbewerber im Onlinepreiskampf geworden, wie das metoda-Repricing-Barometer vom März zeigt. Fast eine Million Mal wurden im März Preise auf real.de angepasst und verändert; nur Amazon zeigte sich im gleichen Zeitraum preisaggressiver.
Auch auf technischer Ebene stellt der Marktplatz die richtigen Weichen: So wurden die angebotenen Zahlungsmöglichkeiten um Ratenkauf sowie 0%-Finanzierung ausgeweitet. Auch die Verzahnung mit dem Bonusprogramm Payback, mit dem Stationärkunden von real.- schon lange beim Supermarkteinkauf Punkte sammeln können, funktioniert online sehr gut: Es können über alle Marktplatzangebote hinweg Payback-Punkte gesammelt werden. Auch die Zahlung mit Payback-Punkten soll in Kürze eingeführt werden.
Zudem will real.- die Anbindung neuer Partner im Backend erleichtern. „Wir konnten letzte Woche die neue Tradebyte Marktplatzschnittstelle live schalten und bauen gerade das real.de Shopware-Plug-in weiter aus.“, so Stefanie Pitzer, Leiterin B2B-Marketing, von real.de.
„Viele große Systeme sind bereits direkt angebunden, Shopsysteme wie JTL oder Magento sind über Middelware-Lösungen verknüpfbar. Wir sind aber weiterhin im Ausbau und führen Gespräche mit neuen Schnittstellenpartnern und Plug-in Entwicklern. Selbstauferlegtes Ziel ist die Anbindung aller beliebten Softwarelösungen an real.de.“
Alles in allem scheint real.de auf einem guten Weg zu einem ernstzunehmenden Marktplatz-Player zu sein, vor allem angesichts des strategischen Hin-und-Hers von eBay, das viele Händler zusehends verärgert.
Der Marktplatz mag also für viele Händler durchaus einen validen Versuch wert sein. Doch vor allem die genervten eBay-Händler, die bei real.- auf eine neue Heimat hoffen, seien auf eines hingewiesen: Im Gegensatz zu eBay – und auch zum alten Hitmeister – ist real.de kein reiner Marktplatz, sondern – ähnlich wie Amazon – ein möglicher Mitbewerber.
Noch ist die Konkurrenz der Supermarktkette auf ihrem eigenen Marktplatz vernachlässigbar: Von den 5 Millionen Produkten, die aktuell auf real.de gelistet sind, werden nur rund 50.000 von real.- selbst verkauft. Doch das kann sich schnell ändern, wenn real.- den Marktplatz nicht nur als Absatzquelle, sondern – wie einige Händler befürchten – auch als Marktforschungsinstitut nutzt, um herauszufinden, welche Produkte besonders gut laufen – und diese dann selbst günstiger zu verkaufen. Aber diese Befürchtungen kennen marktplatzerfahrene Händler ja bereits zur Genüge – von Amazon.
Kurzer Nachtrag: Erwähnenswert in diesem Zusammenhang vielleicht noch, dass auch Hitmeister selbst bereits seit 2011 einen Eigenverkauf hatte.
Maruvke meint
Über die massiven rechtlichen Probleme die real nach der Übernahme von Hitmeister hinsichtlich Luxusmarken, z.B. im Beauty- und Parfumbereich bekommen hat, die sogar zur Einstellung der ganzen Sparte führten, wird komischerweise nicht berichtet. Die PurePlayer wie z.B. http://www.easycosmetic.de oder http://www.parfum24.de wird das sicherlich gefreut haben. Hitmeister weg, real unfähig … läuft. Hier ist nicht besonders sauber recherchiert worden.
Peter Höschl meint
Uns ging es im Artikel um die Frage, ob real.- aus Umsatzsicht für Händler künftig interessant sein bzw. werden kann.
Stefan meint
Da frage ich mich welche Händler hier gefragt wurden. Von positiv kann keine Rede sein. Hat schon einmal jemand versucht als Kunde den Support zu erreichen? Bei technischen Fragen haben wir als Händler keine Reaktion erhalten. Wir haben unseren Shop bei Real geschlossen. Nein sorry wir wurden rausgeworfen, weil wir uns nicht alles gefallen lassen. Also für uns ist dies eine absolute Enttäuschung. Hitmeister war OK Real ist nach unserer Meinung nicht zu empfehlen. Das muß aber jeder für sich entscheiden ob er auf solch einem Marktplatz handeln möchte wo alles auf den Versandpartner umgelegt wird.
Peter Höschl meint
Einer der Händler ist im Artikel ja erwähnt. Ansonsten zeichnen die zahlreichen Kommentare bei in verschiedenen Facebook-Gruppen ein eindeutiges Bild.
Wie bereits erwähnt, ging es im Artikel vor allem um die Frage, ob sich real.- für Händler umsatzseitig lohnen könnte.
Alex meint
Vergessen darf man auch nicht, dass real.de ein Imageproblem bei vielen Markenartiklern hat! Welcher Markenartikler will seine Ware schon bei der Metro – äh real.de – sehen? Wo man mit Hitmeister noch unterm Radar geflogen ist, kommt jetzt vielfach die Vertriebskanal-Keule aus den selektiven Vertriebsvereinbarungen zum Vorschein. Umsatz eingedampft!