Im E-Commerce kann eine Vielzahl an Faktoren dafür ausschlaggebend sein, ob ein Kunde den Einkaufsprozess vollendet oder abbricht. Neben Preis und Verfügbarkeit der Ware ist Kundenfreundlichkeit der entscheidende Aspekt für Shops, die ihre Konversion und Kundenbindung optimieren wollen. Denn: Glückliche Onlinekunden kaufen nicht nur einmal. Sie kehren sehr wahrscheinlich zurück – in der Hoffnung auf ein erneut erfreuliches Einkaufserlebnis.
Als Hilfestellung hat idealo seine Länderseiten unter de Lupe genommen und die jeweiligen Top 50-Shops für Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien und Polen hinsichtlich
- Gäste-Checkout
- Versand und
- Retouren
untersucht, um herauszufinden, wie kundenfreundlich Onlineshops in Europa tatsächlich sind.
Polen dominiert bei Gast-Zugängen
Einer der Hauptgründe für einen abgebrochenen Bestellvorgang ist der Zwang zu einem eigenen Konto, welches sowohl die Weitergabe von persönlichen Daten als auch die Erinnerung an ein Passwort mit sich bringt. Für Verbraucher ist daher ein Checkout ohne Registrierung wünschenswert. Im europäischen Ländervergleich bietet Polen die höchste Anzahl an Shops mit Gastzugängen an (70 Prozent). Direkt dahinter folgt Deutschland mit 60 Prozent und etwas abgeschlagen Großbritannien mit 42 Prozent.
Mangel an Checkouts ohne Registrierung herrscht vor allem in Spanien und Italien mit jeweils nur 32 und 18 Prozent Anteil vor. Schlusslicht ist Frankreich mit mageren vier Prozent.
Onlinehändler sollten die Punkte, die für und gegen die Einrichtung eines Gastzugangs sprechen, umsichtig abwägen. Ein schneller und effizienter Checkout-Prozess kann unter Umständen wertvoller sein als ein weiteres Kundenkonto. Eine beliebte Alternativlösung: Den Gast nach der durchgeführten Transaktion ermutigen, ein eigenes Konto auf der Basis bereits abgegebener Informationen zu errichten. Neben dem Gast-Checkout sollten Onlinehändler auch das Social Login für ihre Konversionssteigerung in Betracht ziehen. Im Rahmen einer Studie von 2013 hatte idealo für diese Lösung eine (zu) große Zurückhaltung vonseiten der Händler festgestellt.
Großbritannien großzügig beim Versand
Bezüglich Versandoptionen sind für Verbraucher vor allem zwei Aspekte wichtig: Geschwindigkeit und Kosten. Idealerweise sollte der Versand kostenlos und am selben Tag erfolgen. Die Ergebnisse unserer Analyse zeigen, dass Großbritannien in beiden Punkten führend ist. 48 von 50 britischen Shops bieten eine Expresslieferung an, fast immer aber zu einem höheren Preis.
Britische Onlineshops scheinen hinsichtlich der Versandkosten europaweit am großzügigsten zu sein. Dies liegt darin begründet, dass sie die Versandkosten häufig in die Kalkulation der Verkaufspreise einrechnen. Zudem legen sie einen pauschalen Mindestbestellwert fest, bevor sie den Versand als kostenfrei titulieren. Diese Vorgehensweise nutzen europäische Mitbewerber kaum, ist aber für den Kunden oft attraktiver weil – zumindest oberflächlich – transparenter.
Aktuelle Untersuchungen belegen, dass Internetnutzer beim Onlineshopping altersbedingt unterschiedliche Vorlieben aufweisen. Während jüngere Nutzer Sales-Angebote bevorzugen, wünschen sich ältere Nutzer eher einen kostenlosen Versand. Händler sollten bei der Festlegung der Versandkosten in jedem Fall bedacht vorgehen, denn 74 Prozent der Verbraucher würden einen Bestellprozess aufgrund zu hoher Versandkosten abbrechen.
Ein Service, der nur von wenigen Shops in Deutschland, Frankreich und Spanien angeboten wird, ist die Versand-Flatrate. Dafür muss der Verbraucher einen einmaligen Aufpreis pro Jahr zahlen. In Deutschland bieten nur zwei Händler eine entsprechende Dienstleistung an.
Bemerkenswert ist der aktuelle Stand in puncto Versand in Polen. Während 70 Prozent der polnischen Onlinehändler einen kostenfreien Versand anbieten, haben die Kunden nur bei vier der insgesamt 50 untersuchten Shops die Option einer Expresslieferung.
Rückgabefrist: 14 bis 365 Tage oder lebenslang
Mit den veränderten Bestimmungen des Distanzhandels durch die Umsetzung der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie am 13. Juni 2014 sind Onlinehändler verpflichtet, Retouren bis zu mindestens 14 Tagen nach dem Versand anzunehmen. Während diese Frist in Deutschland schon lange vor Sommer 2014 galt, betrug die Widerrufsfrist in Italien und Polen zehn, in Großbritannien, Frankreich und Spanien sieben Tage.
Aber wie viele Onlinehändler würden für ihre Kunden noch weiter gehen und die aktuelle Frist verlängern? Ikea überraschte vor einigen Monaten mit der Idee eines lebenslangen Rückgaberechts für Produkte in Deutschland, die dem Kunden nach dem Kauf nicht mehr gefallen. Kurz darauf ruderte das schwedische Möbelhaus jedoch zurück und beschränkte sich auf individuell zu klärende Einzelfälle. Auch in anderen Ländern wird das Rückgaberecht immer weiter ausgedehnt: Während Zalando eine 100-tägige Rückgabefrist für alle europäischen Länderseiten anbietet, sind es beim spanischen Shop Aquimasbarato.es gar 365 Tage.
Deutschland vorn bei der Übernahme der Retourenkosten
Sieht man von defekten Waren ab, so gibt es keine Regelung, nach der ein Shop die Retourenkosten für ein Produkt übernehmen muss, das der Kunde nicht mehr haben möchte. Wie viele Onlinehändler würden dies dennoch tun?
Ein Blick auf unsere Ergebnisse zeigt: Deutschland ist Spitzenreiter, wenn es um die Übernahme der Retourenkosten geht. Ganze 90 Prozent der untersuchten deutschen Onlineshops geben an, die Retourenkosten zu übernehmen, sollte das Produkt nicht den Wünschen des Kunden entsprechen. Großbritannien und Spanien schneiden mit rund 50 Prozent Shopanteil mit kostenfreiem Retourenangebot etwas schlechter ab. Kunden müssen sich vor allem in Frankreich, Polen und Italien auf Retourenkosten einstellen. In diesen Ländern bietet nur eine kleine Anzahl an Händlern kostenfreie Rückgaben an.
In Deutschland,Spanien und Frankreich sind außerdem einige wenige Händler bereit, Retourenkosten unter bestimmten Bedingungen zu übernehmen, beispielsweise wenn der Kauf einen festgelegten Mindestbestellwert überschreitet.
Frankreich verliert in Sachen Kundenfreundlichkeit
Ein Kundenfreundlichkeitsfeature wie Rabatte durch Gutscheincodes sind ein weiteres bewährtes Mittel, um das Einkaufserlebnis attraktiver zu machen, sind aber aufgrund Faktoren wie saisonaler Schwankungen und Knüpfung an bestimmte Warengruppen kaum messbar. Auch sollte man sich beim kritischen Lesen der Studie stets bewusst sein, dass die meisten Maßnahmen, die im weitesten Sinne als kundenfreundlich zu bezeichnen sind, mit Kosten verbunden sind und alternativ den Gewinn des Händlers schmälern oder an den Kunden in Form höherer Preise weitergegeben werden müssen. Onlinehändler, die finanziell auf schwachen Füßen stehen oder noch keinen etablierten Kundenstamm haben, können sich ein Online-Angebot, das wirklich alle Kundenwünsche berücksichtigt, gar nicht leisten.
Trotz der relativ hohen Anzahl an französischen Shops mit kostenfreiem Versand, ist Frankreich in puncto Kundenfreundlichkeit europaweit eher schlecht aufgestellt. Nur vier Prozent der Shops bieten einen Gäste-Checkout, kein einziger der untersuchten französischen Shops geht, im Gegensatz zu einigen anderen Ländern, über die gesetzliche Widerrufsfrist hinaus. Zudem müssen sich französische Kunden in 75 Prozent aller Fälle auf Retourenkosten einstellen.
In einer älteren Studie hat idealo eine starke Entwicklung des Cross-Border-Commerces festgestellt. Sollte der Trend anhalten, werden europäische Onlinehändler den französischen Kunden zukünftig eine kundenfreundlichere Kauferfahrung bescheren können als es deren heimische Onlineshops vermögen.