Der Umsatz-Anteil der Kleinstunternehmen am Gesamt-Umsatz ist in der E-Commerce-Branche deutlich größer als im Wirtschaftsdurchschnitt. Woran liegt das?
Ich beklage schon lange die ungenaue Zahlenlage im deutschen E-Commerce. Wie hoch ist der Online-Umsatz genau? Wie hoch ist der Umsatzanteil von Amazon? Wie viele Unternehmen gehören eigentlich zum Online-Handel? Und wie groß sind die überhaupt? Der bevh ist seit einiger Zeit sehr bemüht, Licht ins Dunkel zu bringe. Dafür holte man sich 2017 für die Erstellung der jährlichen Verbraucherbefragung „Interaktiver Handel in Deutschland“ die Datenexperten von Beyondata ins Haus, regelmäßig veröffentlicht Martin Groß-Albenhausen auf LinkedIn eine neue Zahl der Woche und seit Anfang der Corona-Pandemie erfasst der Verband regelmäßig die Stimmung unter seinen Mitgliedern. Und diese Woche erschien die umfassende Studie „Impact of E-Commerce“.
Dafür hat das Forschungsinstitut Copenhagen Economics (CE) im Auftrag des bevh erstmals relevante Zahlen zur E-Commerce-Branche zusammengetragen, die es bisher noch nicht gab. Die bedeutenste ist wohl das kummulierte Bruttoinlandsprodukt des deutschen E-Commerce: Jährlich trägt der Online Handel mit seinen 1,2 Millionen direkt und indirekt Beschäftigten 100 Milliarden Euro zum deutschen BIP bei. Das entspricht einem Anteil von 2,9 Prozent – und damit mehr als der Hälfte des Anteils der deutschen Automobilbranche (BIP-Anteil: 4,9 Prozent). Kein Wunder, dass der bevh aus diesen Zahlen mehr Anerkennung aus der deutschen Politik für unsere Branche einfordert:
„Es ist an der Zeit, dass die Politik die reale Veränderung in der Wirtschaft akzeptiert und die Chancen von Wandel und Innovation positiv begleitet, statt auf Bewahren zu setzen“, wird Gero Furchheim in der Pressemitteilung zur Studie zitiert.
Nur wenige E-Commerce-Kleinstunternehmen im Verhältnis zum Gesamtmarkt
Die Studie wird dem bevh und anderen Branchenverbänden sicher für künftige Lobbyarbeit mehr Gewicht geben. Doch es finden sich auch Zahlen in dem Werk, die für den konkreten Händler-Alltag interessant sein könnten. Zum Beispiel, dass 48 Prozent des deutschen E-Commerce-Umsatzes über Marktplätze abgewickelt wird.
Oder dass der Anteil der rein stationär verkaufenden Händler am deutschen Gesamt-Einzelhandel seit 2017 um 5 Prozent zurückgegangen ist, während der Anteil der Online-Pure-Player um 3 Prozentpunkte anstieg. Viel stärker verschoben sich dagegen die Umsatzanteile: Seit 2019 verloren stationäre Händler (außerhalb des Lebensmittel-Einzelhandels) 26 Prozent ihres Umsatzes, Online-Pure-Player legten ein Umsatzplus von durchschnittlich 31 Prozent hin. Hinweis: Die Zahlen für 2020 wurden durch Umfragen zwischen Januar und Mai 2020 erhoben – also noch bevor sich die Auswirkungen der Corona-Krise in aller Macht zeigten.
Diese Ergebnisse dürften E-Commerce-ferne Poiltiker schockieren, eingefleischte Online aber kaum überraschen. Anders sieht es bei dieser Zahl aus:
29 Prozent des deutschen E-Commerce-Umsatzes wird demnach von Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern erzielt. Damit bringt es der E-Commerce auf einen überdurchschnittlich hohen Pro-Mitarbeiter-Umsatz. Verglichen mit den Verhältnissen in der gesamten deutschen Wirtschaft haben E-Commerce-Kleinstunternehmen also eine wesentlich höhere Bedeutung für den Gesamtumsatz ihrer Branche:
Das liegt natürlich an den vergleichsweise geringen Anfangsinvestitionen, die für einen Einstieg in den E-Commerce notwendig sind. Ein-Mann-Unternehmer und Start-ups müssen keinen Laden eröffnen, nur wenig Personal einstellen und auf Wunsch sogar von Beginn an die Logistik auslagern, und dennoch ein florierendes Online-Business aufziehen.
Die Probleme kommen erst später: Wachsen die Umsätze, wachsen nämlich auch die Kosten. Mehr Lagerplatz muss her, das Umsatzwachstum lässt sich nur mit höheren Marketing-Aufwänden stemmen, dafür braucht es mehr Personal, gleichzeitig schwächt sich das Wachstum nach und nach ab. Und bevor man es sich versieht, sitzt man in der Wachstumsfalle. Ab ungefähr 25 Millionen Euro Jahresumsatz wird es gefährlich. Dabei muss das anfänglich gute Verhältnis zwischen Mitarbeiterzahl und Umsatz, das aus der bevh-Studie spricht, möglichst auch in späteren Wachstumsphasen gehalten werden. Wie das geht, können Sie auf shopanbieter.de nachlesen – zum Beispiel hier.