„Otto ist die einzige Alternative zu Amazon in Europa“, hat Michael Otto kürzlich in einem Interview mit Business Insidervollmundig verkündet. Mal kurz überlegen, was waren nochmal die absoluten USPs von Amazon, mit denen der Marktplatz es geschafft hat, sich in so gut wie jedem deutschen Haushalt zu verankern: schnelle Lieferung und absoluter Fokus auf den Kunden. Nach privaten Einkaufserfahrungen mit verschiedenen Teilen des Otto-Konzerns muss ich sagen: So wird das nichts, Herr Otto.
Wer Otto-Kunde ist, braucht ja schon mal grundsätzlich ein gerüttelt Maß an Geduld. Die meisten Produkte sind „in zwei bis drei Werktagen“ beim Kunden, aber bei vielen Angeboten kann es schon mal länger dauern. Zehn Tage, zwei Wochen oder sogar drei Wochen Lieferfrist sind sogar bei prominent beworbenen und aktuell zu Sale-Preisen angebotenen Artikeln keine Seltenheit.
Dazu kommt noch, dass auf der Website angegebenen Lieferfristen nicht immer verbindlich sind: Wie mir Mode-Bestellerinnen von Otto und Bonprix berichten, kommt es immer wieder mal vor, dass bestellte Produkte im Paket nicht aufzufinden sind, in der Rechnung heißt es dann lapidar „Wird nachgeliefert“. Da kommt dann das Paket mit dem bestellten Winterpulli schon mal erst, wenn draußen schon die Tulpen sprießen.
Diese Lieferpolitik allein ist unseren amazonisierten Zeiten vom größten deutschen Wettbewerber eigentlich kaum nachvollziehbar; aber der Kundenservice setzt mit seinem mangelnden Problembewusstsein noch einen drauf. Ein Beispiel aus dem privaten Umfeld: Eine Kundin bestellt einen Drucker bei Otto. Der Drucker wird nicht geliefert, die Zeit vergeht. Nach drei (!) Wochen meldet sich endlich der Kundendienst zurück:
„Wir müssen Ihnen etwas gestehen: Den von Ihnen bestellten Drucker können wir nicht mehr liefern. Da gibt es leider keine Chance mehr, so leid mir das tut. Bitte entschuldigen Sie.
Wir haben diesen Artikel daher storniert.“
Otto braucht also geschlagene 3 Wochen, um eine Out-of-Stock-Situation festzustellen? Dass Produkte mal nicht lieferbar sind, kann natürlich jedem Online-Händler mal passieren, egal ob groß oder klein, aber in Sachen Kommunikation mit dem Kunden besteht hier definitiv Optimierungsbedarf. Aber gut, vielleicht ist hier auch etwas schief gelaufen. Dann schlägt jetzt die Stunde des Kundenservice, der den verärgerten Kunden auffangen und halten soll. Schauen wir mal, was der weiter schreibt:
„Ich möchte das jedoch so nicht stehen lassen. Eine ganz einfache und gute Lösung? Ich denke, dass wünschen wir uns beide. Ich habe mich daher gleich einmal für Sie nach einem Alternativartikel umgesehen und bin fündig geworden. Was halten Sie von diesem Drucker 854 824 18 71? Das Tolle dabei ist der Preis von 99,99 Euro in diesem Monat.“
Der „tolle“ Drucker ist bei Otto übrigens einen Euro teurer als bei den meisten Online-Konkurrenten. Kann man so machen. Man kann aber auch überlegen, was Amazon in so einem Fall getan hätte – und hier tippe ich mal auf einen großzügigen Gutschein oder ein anderes Incentive, das den erbosten Kunden besänftigen soll. Mit dem lapidaren Hinweis, dass man es ja gern an anderer Stelle auf Otto.de nochmal versuchen kann, wenn man denn so dringend einen Drucker braucht, tut sich die Amazon-Alternative hier aus Kundensicht keinen Gefallen. Die fragliche Kundin hat ihren Otto-Account übrigens mittlerweile löschen lassen.
Bildquelle: © unsplash.com/ Josh Couch
michael wiechert meint
Naja, dass du nicht so der Amazon-Spezialist bist wissen wir ja. 🙂
Die Zeiten wo Amazon gerne mal mit Gutscheinen (zB 1 Monat Prime zusätzlich kostenlos wenn das Prime-Paket zu spät kam) um sich geschmissen hat, sind doch auch schon lang vorbei.
Und auch Amazon krallt sich gern mal die Buybox mit 2-5 Wochen Lieferzeit für Artikel die die gar nicht haben und auch gar nicht haben können (zb weil WIR sämtliche Restbestände haben 🙂 ) in der Hoffnung dort doch noch Retouren reinzukriegen oder doch noch vom Zwischenhändler nachgeliefert zu bekommen. Wenn dies nicht klappt storniert Amazon auch sang- und klaglos. Nix mit Gutschein.. Über dies Verhalten von Amazon ärgern wir uns als Händler recht regelmäßig.
Peter Höschl meint
Ja, als Käufer bin ich tatsächlich nicht so der Amazon Spezialist. Aber ich und andere nehmen Amazons Kundenservice scheinbar ganz anders wahr als Du.
Autor meint
Kann ich so nicht bestätigen mit Amazon.
Komplett falsche Artikel, fehlende Artikel. Retoursendung und Nachsendung dauert in Summe 3 Wochen, keine Entschuldigung, unzählige Standardmails die mehr verwirren als nützen, eine Sendungsverfolgung über 3 Ecken.
Also da sind mir die FBA Händler lieber.
Aber auch dort – wenn man das Impressum nicht prüft oder genau auf die Lieferzeit schaut wartet man wochenlang auf Ware aus China.
Das Amazon-Einkaufserlebnis ist nicht mehr so wie es war.
Peter meint
Ich hingegen kann bezüglich der Amazon-Erfahrungen diesen Artikel voll bestätigen. Allerdings nur aus Kundensicht. Im Schnitt bestelle ich 1 mal pro Woche bei Amazon. Ich muss sagen: Besser geht es nicht. Auch wenn mal ein Problem auftrat (z. B. Film versehentlich gekauft bei Prime) wurde das schnell und sehr kundenfreundlich gelöst.
Ich bin ein Fan dieses Services, habe aber auch Angst, dass sich mit der weiteren Manifestation der Monopolstellung von Amazon der Service irgendwann wieder sinken wird. Und dann ist niemand da, der in die Bresche springt…
Ich prüfe vor fast jedem Kauf bei idealo.de, Amazon ist nahezu immer unter den günstigsten Anbietern. Und hat die meisten Kundenbewertungen.
Zum Otto-Service: Ich arbeitete vor 20 Jahren für einige Jahre für eine Otto-Tochter und schon damals wurde über den schlechten Service von Otto geklagt. Persönlich habe ich dort vielleicht 1-2 mal in den letzten Jahren bestellt, kann also nichts zum Service sagen. Die Preise hingegen waren mir immer zu schlecht …
Ich denke auch, dass Otto einen viel schlechteren Service bietet, aber ich denke auch, dass dies durchaus bewusst geschieht. Weil hoher Service nun einmal auch Schmarotzer anzieht, günstige Preise die Margen schrumpfen lässt. Es scheint eine gewisse Kundenschicht zu geben, die sich daran nicht stört. Oder die über die Otto-Mode als Kunde gewonnen wird und dann auch mal etwas anderes dort bestellt.
Otto hat ja in gewissem Sinne Recht, durch den hohen Service und die günstigen Preise machte Amazon viele Jahre keinen Gewinn. Auf der anderen Seite kann ich von Otto auch keine großen Anstrengungen erkennen, den Service da zu verbessern, wo es relativ einfach möglich wäre.
Christoph Zalewski meint
kann ich leider nur so bestätigen mit Otto, habe das eins zu eins mit einem Gartentor erlebt (wochenlange Wartezeit, falsche Pfosten geliefert, ewig lange Reklamation….)
Das Perfide an Otto: man erhält einen Zwangsaccount, kann also nicht als Gast bestellen, das zum einen. Das andere: Otto ist Dachverband zahlreicher Online-Shops, was man auf den ersten Blick nicht erkennt. Hatte nämlich bei einem bekannten Baumarkt bestellt, der sich erst nach der Bestellung als Otto-Shop outete, als der Ärger losging.
Fazit: FINGER WEG VON OTTO!!
P.S: Amazon läuft bei mir eigentlich immer wie geschmiert…
eocookie meint
Gerne würde ich bei Otto kaufen, um nicht Amazon noch stärker zu machen. Doch fehlt es immer wieder an diversen Stellen an Dingen im Shop und Bestellablauf, die man eben wg. Amazon mittlerweile erwartet. Zudem ist Otto zumindest bei meinen Vergleichen meist deutlich teurer. Allerdings schaue und kaufe ich trotzdem bei Otto, weil es dort oft Markenauswahl gibt, die es bei amazon nicht (mehr) gibt.