Anbieter und Dienstleister unserer Zunft verstehen oft nicht, warum Shop-Betreiber dieses oder jenes nicht machen um erfolgreicher zu sein. Dabei machen sie meist genau dieselben Fehler. Beispielsweise indem sie nicht auf ihre Zielgruppe eingehen oder Altkunden vernachlässigen.
Wir hatten ja bereits im ersten Teil dieser kleinen Artikelreihe skizziert, dass sich viele Lösungsanbieter und Dienstleister in unserer Branche oftmals selbst im Weg stehen. Diese gehen in der Regel einfach davon aus, dass sich ein gutes Produkt, eine gute Leistung von selbst verkauft.
Wie dies aber gelingen soll, ist mir immer noch nicht klar. Sollen die Online-Händler in den Suchmaschinen nach „beste Lösung für mehr Umsatz“ suchen? Und der künstlichen Intelligenz von Google und Co. wird dann zu Dank natürlich deren Webseite ganz oben als erstes Suchergebnis angezeigt, oder wie?
An dieser Stelle fällt mir dann immer die Situation von Intershop Ende der Neunziger, also Ende des vergangenen Jahrtausends, ein. Dies war quasi die Blütezeit der Jenaer Software und dessen Vorzeigegründer Stephan Schambach wurde überall als Paradebeispiel des erfolgreichen ostdeutschen Unternehmers rumgereicht.
Intershop war praktisch das Nonplusultra. Es galt für dieser Zeit als die beste Shop Software in Deutschland. Otto Normalverbraucher dachte wahrscheinlich, dass Intershop das Betriebssystem und Voraussetzung für jeden Onlineshop war. Denn auch wenn die Wenigsten zu diesem Zeitpunkt etwas mit E-Commerce anfangen konnten, Intershop und Stephan Schambach kannte fast jeder.
Dumm nur, dass Intershop vermutlich nie das beste Shopsystem war. Openshop aus Neu-Ulm bspw. spielte in derselben Liga (Enterprise) und war meines Erachtens besser, ausgereifter und günstiger. Aber woran lag es wohl, dass Openshop in der Außenwahrnehmung gegenüber Intershop so abfiel?
In meiner Erinnerung war Openshop ganz einfach der Prototyp der deutschen Ingenieurskunst: hervorragendes Produkt, vermutlich gepaart mit einer ungesunden Prise Understatement. Zumindest sind sie nie lautsprecherisch aufgetreten. Das gute Produkt sollte für sich sprechen bzw. das Marketing machen.
Pustekuchen, diese Marketingstrategie hat schon damals nicht geklappt. Stattdessen ging Intershop durch die Decke. Denn deren Mitgründer Stephan Schambach hatte kein Problem damit, sich selbst sehr erfolgreich (und intensiv) zu vermarkten und auch nicht damit, Intershop als die beste aller besten Lösungen darzustellen. Auch beim Vertrieb stellte sich Intershop meiner Beobachtung sehr viel cleverer, sehr viel amerikanischer an. Intershop machte es einfach, auch wenn nicht alle Funktionen der Software ausgereift waren, sie wurde an den Mann gebracht und verkauft. Und Openshop konnte schauen, wo sie mit ihrer Lösung blieben*.
Nachtrag vom 15.11.16: Mir wurde plausibel dargelegt, dass es wahrscheinlich, wie immer, nicht so einfach ist, wie dargestellt.
Doch auch wenn mir das Intershop-Gedöns damals zu viel war, habe ich zumindest eines gelernt: Nicht das beste, sondern das lauteste Produkt gewinnt.
Doch zurück in die Gegenwart. Da hat sich leider noch nicht viel geändert. Das Wort Öffentlichkeitsarbeit ist nach wie vor ein Fremdwort für die meisten Lösungsanbieter und Dienstleister in unserer Branche. Meist werden bestenfalls dürre Pressemitteilungen in die Postfächer der Redaktionen geschickt. Da geht es dann darum, dass es einen neuen Kunden oder neue Funktion gibt oder – hurra – ein neuer Mitarbeiter in Führungsposition gewonnen wurde.
Mal ganz ehrlich, die Zeit kann man sich auch sparen. Wo ist die Story, wo die Positionierung des Unternehmens, wo die spannende News? Und wer glaubt, er hätte nichts Spannendes zu erzählen, weiß in den meisten Fällen einfach nicht, wie!
Was waren das noch für Zeiten als ich für das damalige Start-up Tradoria (heute: Rakuten.de) die Öffentlichkeitsarbeit machen konnte. Sogar unser seinerzeitiger und mit unfairen Mitteln harten Bandagen kämpfender Wettbewerber zollte uns höchsten Respekt dafür, wie wir ihm einheizten.
Was mir bei den allermeisten Branchenbegleitern fehlt, ist die Strategie zur Erschließung des Marktes. Es gibt keinen Plan für die Öffentlichkeitsarbeit, den Vertrieb und das Marketing seiner Produkte zum Kunden, dem Händler hin. Über das Vertriebsthema haben wir im letzten Artikel bereits ausführlich mit Arne Vogt von ARTAVO gesprochen.
Für das Händlermarketing, konnten wir Bernhard Weiß, Geschäftsführer und Mitgründer der °Zentral Kommunikation Werbeagentur GmbH, als Gesprächspartner gewinnen. Er und sein Team betreuen unter anderem die E-Commerce ERP-Lösung Plentymarkets beim Marktauftritt und im Händlermarketing.
Bernhard, wie ist Deine Erfahrung, wie gut vermarkten sich Lösungsanbieter und Dienstleister heute in unserer Branche?
Unterschiedlich gut! Lösungsanbieter und Dienstleister bieten oft komplexe Produkte und Services. Diese fokussiert auf den Punkt und an die Zielgruppe zu bringen fällt vielen schwer. Zudem meint man wohl, dass sich gute Lösungen von selbst verkaufen, das erleben wir nicht so! Strategien für das Marketing werden leider immer noch oft ohne die Perspektive der eigentlichen Zielgruppe erstellt. Aber oft ist es das Fremdbild, also die Sicht der Kunden, auf das Unternehmen, welche entscheidende Hinweise für das Marketing liefert.
Was meinst Du, was sind die Ursachen dafür bzw. was machen sie falsch?
Die Wachstumsraten in der Branche sind nach wie vor enorm. Man ist Erfolg gewohnt. Je mehr aber der Markt konsolidiert, und das wird er tun, desto mehr wird der Kampf um die Marktanteile stattfinden. Dies verlangt zwangsläufig eine hervorragende Positionierung im Markt. Dies wiederum bedeutet, seine Zielgruppen genauestens zu kennen. Customer Relationship Management ist hier das Stichwort! Tiefes Wissen über Kunden und Zielgruppe bieten einen sehr fruchtbaren Boden für Marketing und Vertrieb.
Was rätst Du Unternehmern, wenn sie Dich fragen, wie sie es besser machen können?
Ich würde sagen, beschäftigt euch nicht zu sehr mit euch selbst. Schaut auf eure Kunden, Fans und Multiplikatoren. Bezieht die Perspektiven eurer Zielgruppen in die Gesamtstrategie mit ein. Welche Maßnahmen bringen Erfolg und welche nicht? Ganz wichtig ist der Aspekt, auch das zu halten, was man verspricht.
Bei welchen Themen bzw. Fragestellungen benötigen Eure Kunden am häufigsten Unterstützung?
Das ist total unterschiedlich. Meistens geht es aber darum, die richtigen Menschen mit der richtigen Botschaft zu erreichen und Response oder Leads zu generieren. Wie erreiche ich als Unternehmen meine Zielgruppe und wie kann diese aktiviert werden? Am häufigsten helfen wir bei den Themen Produkteinführung, Lead-Generierung und Markenkommunikation und unterstützen und überwachen die operative Umsetzung.
Hast Du die fünf ultimativen Tipps für ein besseres Händlermarketing parat?
Klar! 😉
- Zielsetzung definieren! Was will man in welchen Zeitraum erreichen und welche Ressourcen sollen eingesetzt werden? Was passiert, wenn diese Ziele nicht erreicht werden?
- Bezieht eure Zielgruppen aktiv in das Marketing mit ein! Pre-Test oder A/B-Tests mit Kunden liefern wichtige Erkenntnisse vor Einführung einer groß angelegten Marketingkampagne oder technischen Innovation.
- Einbindung aller Beteiligten! Ganz oft kommt es vor, dass bei einer Kampagne nicht alle Beteiligten auf dem aktuellen Stand sind und diese natürlich vorab in den Prozess auch nicht eingebunden wurden. Das haben wir schon oft erlebt und macht eine Menge kaputt. Ganz einfaches Beispiel: Eine Aktion geht in den Markt und der Vertrieb weiß von nichts … Also von Anfang an alle Beteiligten an den Tisch!
- Maßnahmen messbar machen! Eingesetzte Ressourcen müssen hinterfragt werden. Was bringt das Unternehmen tatsächlich weiter und was nicht! Diese Fragestellung muss regelmäßig alle Maßnahmen auf den Prüfstand stellen.
- Was für den Online-Händler gilt, gilt auch hier: Altkunden zu reaktivieren ist deutlich günstiger, als Neukunden zu generieren. Oft wird der eigene Datenschatz des Unternehmens nicht genutzt, um z. B. vertriebliche Ziele zu erreichen.
Vielen Dank für das Gespräch.
* Anm. d. Red.: Als 2001 der damalige Vorstandsvorsitzende und Mitgründer der Openshop AG bei einem Flugzeugabsturz tödlich verunglückte, ging es mit dem Unternehmen steil bergab. Und wurde nur ein Jahr später an ein branchenfremdes Softwarehaus verkauft. Seitdem war Openshop mehr oder weniger von der Bildfläche verschwunden.
Lennart meint
Die ungesunde Prise Understatement in der ingenieursgetriebenen deutschen Wirtschaft im Allgemeinen unterschreibe ich.
Ansonsten ganz schön lange Einleitung für einen Sponsored Post mit generischen Informationen.
Peter Höschl meint
Sponsored Posts werden bei uns entsprechend gekennzeichnet. Wie kommt es zu dieser Einschätzung bzw. Unterstellung?
Lennart meint
Sorry, „Sponsored Post“ war zu harsch. Da habe ich außerdem den 😉 vergessen. Nehme ich hiermit zurück. Entschuldigung.
Ich lese grundsätzlich viele Artikel bei dir Peter und nehme viele interessante Aspekte mit. Hier z.B. der Intershop-Openshop-Vergleich, den ich so noch nicht kannte.
Zum Kommentieren fühlte ich mich bisher noch nie verleitet. Ich habe mich vor allem an den „fünf ultimativen Tipps“ am Ende gestoßen. Das ist doch schon sehr generisch. Ist wohl aber auch ein Fehler von Dienstleistern, dass man es gut meint mit Beiträgen in renommierten und vielgelesenen Portalen, wie z.B. Shopanbieter.de, am Ende jedoch keine so richtigen Insights raushauen will.
Wenn Lösungsanbieter Ihre Lösungen immer nur mit generischem Wissen „anteasern“ und Angst haben, wirklich schwer zu bekommende Insights preiszugeben, weil man sonst seine Geschäftsgrundlage verliert, trifft es aber die Überschrift wieder ganz gut.
Anyway, nichts für ungut.
Peter Höschl meint
Ah, jetzt verstehe ich Deinen Vorwurf auch besser. Danke für Aufklärung und die lobenden Worte!
Ja, die fünf Tipps sind (natürlich) etwas generisch. Denke mal einerseits, da es keine Pauschallösung gibt, sondern Kundenabhängig ist. Andererseits, sicherlich da es dann schon sehr verdichtetes bzw. wertvolles Wissen wäre. Und das ist ja u.a. das Kapital der Agenturen genauso wie von Beratern. Diese haben ja kein physisches Produkt zu verkaufen, sondern vor allem ihr Wissen.
Mir selbst ging es in dem Artikel aber vor allem darum, etwas wachzurütteln. Ich sehe es tagtäglich, wie Lösungsanbieter und Dienstleister glauben die Branche erobern zu können.