Vor gut einem Jahr berichteten wir als erste, dass das Preisvergleichsportal idealo sich unserer Meinung nach auf den Weg macht, ein echter Marktplatz zu werden. Und im Mai diesen Jahres bewerteten wir die Tests der Plattform mit einem Direktkauf-Button als einen Schritt in genau diese Richtung. Allerdings standen wir da mit unserer Einschätzung noch recht allein da – selbst idealo dementierte diese Vermutung -, und in den Kommentaren wurde eine solche Entwicklung als aus Händlersicht eher schädlich und absurd abgetan.
Nun zeigt sich, dass die bislang nur testweise angebotene Direktkauf-Option in ein festes Feature umgewandelt wurde, wie Stephan Meixner auf neuhandeln.de letzte Woche berichtete. Demnach steht die Möglichkeit, Produkte im Portal mit einem Direktkauf-Button anzubieten, ab sofort jedem Händler offen.
Fokus auf kleinere Händler verloren
Ursprünglich hatte idealo mit der Direktkauf-Option vor allem kleinere Händler im Auge. So zitierte Meixner idealo letztes Jahr:
Auch unserer Meinung nach böte der Kaufbutton den Effekt, dass unbekanntere Onlineshops vom Vertrauen profitieren könnten, welches Kunden der Preisvergleichsplattform entgegenbringen. So könnte der Button helfen, bei der Neukundengewinnung die Vertrauenshürde zu nehmen.
Allerdings gab es hierzu auch kritische Stimmen, die davor warnten, „kleineren Händlern mehr Bordmittel an die Hand zu geben – schließlich werden dadurch ja wiederum direkt die Big Player benachteiligt“ (Stephan Meixner).
Tatsächlich zeigte sich aber zwischenzeitlich, dass auch größere Anbieter Interesse an der Direktkauf-Funktion haben. So befindet sich beispielsweise auch notebooksbilliger.de unter der laut neuhandeln.de zweistelligen Zahl Händler, die diese Option bei idealo.de aktuell nutzen.
Die Motivation hierfür dürfte darin liegen, dass man durch den Direktkauf eine Abkürzung bietet, die die Recherche- und Vergleichsphase des Kunden merklich verkürzen kann.
idealos beste Rechercheplattform
Denn die große Stärke idealos ist der Produktvergleich: Kein anderes Portal bietet so ausgereifte Filter- und Vergleichsmöglichkeiten an, mit deren Hilfe Nutzer im Vorfeld eines Kaufes die Eigenschaften sie interessierender Produkte ausgiebig analysieren und vergleichen können.
In einer solchen Phase der umfangreichen Recherche sind Kunden allerdings oft auch überfordert. Sie reagieren dann entweder mit einem Abbruch und dem Vertagen der Kaufentscheidung – oder sie kaufen wählen an einem bestimmten Punkt u.U. sehr willkürlich „den nächstbesten“ Anbieter, bei dem „es jetzt ganz schnell geht“.
Genau hier kommt der Button ins Spiel, denn er kann exakt diesen Vorteil einer „nächstgelegenen, schnellsten“ Lösung vermitteln. Eventuell liegt in diesem Effekt der Vorteil, der Big Player wie notebooksbilliger.de zum Einsatz des Direktkaufbuttons motiviert. Entsprechend würde sich die Option vor allem bei solchen Produkten lohnen, bei denen eine längere Recherche und Funktionsvergleiche üblich sind, beispielsweise Unterhaltungs- und Haushalts-Technik. Tatsächlich sind nicht alle notebooksbilliger.de-Angebote bei idealo per Direktkauf bestellbar:
Ein weiterer Effekt, den Neuerungen oft haben, ist die „Hinguck-Wirkung“: Hier taucht in den Ergebnislisten plötzlich ein neuer Button direkt beim Produktnamen sowie an der Stelle des Händler-Logos auf, das Shoplogo rutscht dafür eine Spalte weiter nach links zur Bewertung. Damit mögen sich solche Einträge ein wenig von denen der anderen Anbieter unterscheiden. Guckt man sich das Layout der Listungen an, dürfte dieser Effekt allerdings nicht allzu stark sein – hierfür ist die Veränderung wohl kaum auffällig genug.
Bei Weiterleitung Klickpreis, bei Direktkauf Provision
Daran, dass möglichst viele Kunden die Buttons nutzen, dürfte idealo ein starkes Interesse haben – insbesondere bei höherpreisigen Produkten. Schließlich wird ganz nach dem Muster traditioneller Marktplätze im Verkaufsfall eine Provision an idealo fällig. Sie hängt von der Produktgruppe und dem Warenwert ab. Ebenso interessant dürften zudem die Daten sein, die idealo über seine Nutzer gewinnt, wenn diese direkt kaufen. Immerhin sind Nutzerdaten in Form von Kaufvorlieben, Konsumfreudigkeit und Budgets etc. nicht nur für die eigene Weiterentwicklung interessant, sondern auch bares Geld wert.
Für Händler kommt zur beim Direktkauf fälligen Provision hinzu, dass als Standard-Zahlungsmethode Paypal vorgesehen ist. Paypal jedoch ist in manchen Konstellationen für Händler nicht unbedingt die kostengünstigste Option. Allerdings können Händler auch weitere Zahlmittel im Direktkauf anbieten.
Wo liegen die Kundenvorteile?
Von Kundenseite wird die Funktion laut idealo gut angenommen. Dabei sind die Vorteile des Direktkaufs für die Kunden auf den ersten Blick gering: Natürlich bietet die Funktion für Pfennigfuchser, die häufiger über das Portal recherchieren und sich beim Kauf nicht an bestimmte Shops binden, eine gewisse Bequemlichkeit. Sie müssen sie ihre Daten nur einmalig bei idealo hinterlegen, anstatt sich immer wieder bei unterschiedlichen Shops zu registrieren.
Dagegen steht aber, dass idealo bislang wenige Zahlarten anbietet, während das Payment im eigentlichen Shops evtl. mehr Auswahlmöglichkeiten bietet. Zudem ist fraglich, ob nicht auch idealo-Stammnutzer wenigstens eine gewisse Shopbindung haben – und damit in vielen Shops bereits über bestehende Kundenkonten verfügen. Notebooksbilliger.de beispielsweise ist ja durchaus auf Preisvergleichs-Nutzern fokussiert und dabei nicht gerade erfolglos.
So bleibt als Hauptvorteil vermutlich vor allem die Abkürzung bzw. Vereinfachung des Bestellprozesses. Denn wer glaubt, dies wäre nur ein geringer Anreiz für Kunden, irrt. Die „Mühe“ des Wechsels in einen (ggf. auch noch fremden) Checkout empfinden Kunden oft als abschreckend. Nicht umsonst bietet Amazon bereits seit Jahren die 1-Click-Bestellung und zeigt damit, wie stark eine solche Vorgangsverkürzung Bestellhürden senken kann.
Konsequenterweise hat idealo Anfang des Monats den Direktkauf denn auch in seinen Apps für Smartphones und Desktop integriert. Schließlich ist der gang durch einen Checkout per mobilem Device meist noch etwas mühsamer, als per Desktop-Computer.
Es wird spannend sein, zu sehen wie sich der Direktkaufbutton bei idealo weiter entwickelt. Noch jedenfalls muss man Angebote mit dieser Option mit der Lupe suchen. Vielleicht ist dies eine gute Gelegenheit, idealo als Marktplatz zu testen – sinnvollerweise mit ausgesuchten Artikeln, bei denen der Vorteil der verringerten Kauf-Hemmschwelle die (finanziellen) Nachteile wett macht.
Herzlich aus Hürth
Nicola Straub