Diese Frage wirft sich unweigerlich auf, wenn man im, übrigens sehr lesenswerten, aktuellen ibusiness Executive Summary den Artikel „Sechs Wege aus Amazons Griff“ liest. Für diesen Artikel konfrontiert der Autor Sebastian Halm Amazon mit dem häufig zu hörenden Vorwurf, Amazon würde gezielt Verkaufszahlen vom Marketplace, als auch dem Auftragsaufkommen aus der Logistiksparte auswerten. Und aus diesen Daten anschließend die Verkaufsschlager identifizieren und deren Lieferanten entsprechend kontaktieren.
Dem Autor nach, äußert sich Amazon, zur Vereinnahmung der erfolgreichen Produkte seiner Händler befragt, ein wenig verschwommen: Es streitet zwar ab, Daten aus Logistik und Webseite zusammenzuführen, da die Bereiche strikt getrennt seien. Es verweist jedoch klar darauf, dass die Daten erfolgreicher Produkte nicht allein Amazon selbst offen zugänglich seien.
So wird eine Unternehmenssprecherin im ibusiness-Artikel wie folgt zitiert:
Wurden diese Aussagen tatsächlich so getroffen, stellt sich die Frage ob man etwas anderes zwischen den Zeilen lesen kann als:
- Nein, wir führen die Daten aus Marketplace und Logistik nicht zusammen.
- Ja, wir werten die Daten aus.
Dieses Geschäftsgebaren müsste einem nicht gefallen, dürfte für ein kapitalorientiertes Unternehmen wie Amazon jedoch als normal angesehen werden. Gleichzeitig dürfte mittlerweile jeder Online-Händler von dieser Vorgehensweise einfach ausgehen.
Wenn dem tatsächlich so ist, erscheint der Hinweis, dass doch alle Händler gleichermaßen die erfolgreichen Produkte bei Amazon einsehen könnten, wiederum etwas zynisch. Also mal ganz ehrlich, da hätte Amazon mal lieber gar nichts zu den Vorwürfen gesagt. Diese Aussage ist doch in diesem Zusammenhang – freundlich ausgedrückt – lächerlich.
P.S.: Das die Daten aus verschiedenen Bereichen nicht zusammengeführt werden, ist m.E. durchaus vorstellbar. Ähnliches, sollte auch für die Amazon Payment-Daten gelten.
michael wiechert meint
Naja,
der Unterschied ist natürlich, dass Amazon Zugriff auf die Roh-Daten an sich hat – der Händler hingegen diese nicht mal so einfach exportieren kann.
Natürlich kann man sich da gfs mit Scripten behelfen (solange Amazon diese nicht blockt oder den Urheber gar abstraft), aber mal so eben Daten per APi abgreifen geht ja nicht ganz so einfach…
Bzgl Payments: Da gabs seitens Amazon auf dem Plenty-Kongreß die Aussage, dass dort bald eine Version kommen soll, die keinerlei Produktdaten an Amazon übermittelt, was sicherlich zeigt, dass dieser Umstand für viele Händler derzeit ein k.o. Kriterium ist.
Marc Ring meint
Das Problem ist ja nicht, dass Amazon die Daten auswertet, sondern dass Amazon gegen den Handelspartner agiert und erfolgreiche Produkte selber anbietet. Dies natürlich mit erheblich besseren Voraussetzungen, da die Positionierung der Produkte auf Amazon immer zugunsten Amazon selbst ausfällt und Amazon ganz sicher bessere Einkaufskonditionen aushandeln kann als die Partner. Diese machen dann nur noch Geschäft, wenn Amazon ausverkauft ist. Amazon verdient dann immer noch mit. Ist das clever oder unfair?
Ich kann jedem Händler nur abraten bei Amazon wichtige Kernprodukte einzustellen. Das ist Geschäftssuizid.
Peter Höschl meint
Clever oder unfair? – sicherlich beides.
Zumindest sollte jeder Amazon-Händler wissen worauf er sich einlässt und entsprechend eine Amazon-Strategie entwickeln.
Zum Beispiel – wie vorgeschlagen – keine Kernprodukte einstellen.
Aber eine pauschale Strategie kann es eh nicht geben. Manche Händler verkaufen ja bewusst ausschließlich über Marktplätze.
Verena Melsa meint
Ich kann nur bestätigen, dass Amazon gezielt gutlaufende Produkte versucht, selbst zu vermarkten. Noch auf der letzten Fachmesse ist die Firma, die von uns vertreten wird,darauf von Amazon-Leuten angesprochen worden (und das bereits mehrfach) und ich weiss von anderen Firmen, die dem nachgegeben haben, dass deren Artikel dann in den umsatzstarken Zeiten von Amazon für die Marktplatzhändler gesperrt werden
Peter Höschl meint
Dass Amazon einzelne Artikel von Marktplatz-Händlern aussperrt, kann ich mir momentan schwer vorstellen oder verstehe ich gerade etwas falsch?
Andreas Wellensiek meint
Grundsätzlich halte ich es für absolut notwendig, dass jeder Händler für jeden Marktplatz und jedes Preisvergleichsportal eine unterschiedliche Strategie entwickelt. Dazu kann vor allem das Nichtnutzen eines Verkaufskanals sein, oder eine sehr gezielte Kategorie- oder besser noch Produktauswahl für das jeweilige Portal. Im Fall des Amazon-Marketplatzes ist es natürlich noch etwas schwieriger im Vergleich zu eBay oder Rakuten, die nicht selbst als Verkäufer auftreten. Das Amazon gerne gut laufende Produkte ins eigene Sortiment aufnimmt (ggf. sogar „nur“ temporär, z.B. zu Weihnachten), ist durch viele Fälle dokumentiert, einfach mal Googlen 😉
Peter Höschl meint
Die „Gerüchte“ (in Anführungszeichen) dazu gibt es ja schon sehr lange. Dass es Amazon nun aber indirekt zugibt, ist aber neu.
Frank meint
Die Händler sind doch selber „dumm“, da sie Amazon nicht nur an ihrem Umsatz beteiligen, sondern dadurch gleichzeitig auch noch Amazon BEWUSST wertvolle Verkaufsdaten in die Hände spielen. Da brauch dann auch keiner der Marktplace-Händler sich beschweren, da dies jedem klar denkenden Menschen bewusst sein muss, wenn er sich mal damit beschäftigt, auf was er sich da mit Amazon einlässt.
Andreas Wellensiek meint
Vom Sperren von Produkten oder Händlern habe ich auch noch nichts gehört oder gelesen, jedoch schon oftmals, dass anfangs Produkte nur von Marketplace-Händlern angeboten wurden, und dann ins Sortiment von Amazon zu besseren Preisen wanderten. Welchen Käufer interessieren dann noch die weiteren Angebote zu höheren Preisen? Verlinkt sind diese ja schon noch, aber das ist ja nur von Vorteil für Amazon, da so der gute Preis von Amazon bewiesen wird. So gesehen würde ich den meisten Händlern eher ab- als zuraten den Amazon-Marktplatz zu nutzen.
Burghard meint
Aber richtig „clever“ ist doch JW. Erst werden alle Auktionsplattformen per Händlervertrag verboten, weil das Image und der Preis gedrückt wird. Amazon wird empfohlen und auch den JW Stores wird erlaubt Online bei Amazon zu verkaufen. Soweit so gut, die meisten halten den Preis hoch, es muss ja was verdient werden. Und plötzlich Anfang des Jahres hat Amazon auch JW im Angebot und bestimmt den Preis. Aber welcher Top Manager kann schon widerstehen wenn zum Jahresende noch mal Umsatz gemacht wird. Das gibt Bonus und die Aktionäre freuen sich. Sehr passend dazu der Kommentar von Frank „… da dies jedem klar denkenden Menschen bewusst sein muss, wenn er sich mal damit beschäftigt, auf was er sich da mit Amazon einlässt.“
Peter Höschl meint
Diese Jahresend-Panik gab es aber schon immer. 😉 Ich erinnere mich noch gut an die Produktmanager diverser IT-Hersteller aus Fernost. Hielten bis drei Monate vor Report nach Korea, Taiwan strikt die Kanäle sauber, nur um dann panikartig und blind alle Schleusen zu öffnen, damit nur ja die Zahlen und Bonus stimmen. Aber wer ist JW?
Burghard meint
Die mit der Tatze
Mario meint
Bei Amazon kann man verkaufen wenn man selbst Hersteller ist und dabei schlau genug ist sein Produkt nicht an Amazon selbst zu geben. Auch nicht über irgendwelche Agenten die eine große Abnahmemenge versprechen. Immer Augen auf im Straßenverkehr!
Peter Höschl meint
Ja, die Empfehlung „über Amazon ja“ aber keinesfalls „an Amazon“ habe ich jetzt schon öfter gehört.
Sind mit Agenten die gerüchteweise existierenden Tochterfirmen von Amazon gemeint? Hier flüstert der Branchenfunk ja, diese würden insbesondere eingesetzt, um Ware von Lieferanten zu beschaffen die nicht an Amazon verkaufen möchten.
Alex meint
Der ganze Beitrag kommt mir doch sehr scheinheilig vor, Herr Höschl. Ziehen Sie nicht auf Ihrem Gastronomie-Portal lusini.de die gleiche Masche durch? Unsere Produkte waren dort jahrelang erfolgreich gelistet und wir haben dafür pünktlich eine fürstliche Provision gezahlt. Bis zu dem Tag, an dem Sie selbst an den Hersteller herangetreten sind. Unsere Produkte wurden dann nach und nach stillschweigend ausgelistet. Mit Marktplätzen bin ich für meinen Teil durch.
Peter Höschl meint
Ich persönlich finde anonyme Kommentare immer etwas schade, da ich dann nicht weiß mit wem ich kommuniziere.
Aber davon abgesehen, kurzes Update für Sie:
1. Lusini war nie mein Lusini, sondern ich war zwei Jahre als Angestellter ohne jegliche Beteiligung am Aufbau dieses B2B-Marktplatzes beteiligt.
2. Ich bin seit nunmehr fast zwei Jahren nicht mehr bei oder für Lusini tätig.
3. Die Wandlung vom Marktplatz zum Händler erfolgte nach meinem Weggang, wie Sie nun sicherlich bestätigen können. Folglich habe ich persönlich auch niemals Ihren Lieferanten angesprochen.
Bitte immer etwas besser recherchieren, bevor haltlose Anschuldigungen in den öffentlichen Raum gestellt werden – Danke.