Derzeit ist viel über den richtigen Umgang mit Hochretournierern zu lesen. Onlinehändler halten dies ganz unterschiedlich: Amazon schließt diese unliebsame Klientel offensichtlich ohne Vorwarnung aus. C&A wiederum kontaktiert Kunden, die immer wieder ganze Bestellungen zurücksenden und sucht das Gespräch mit ihnen. Wohingegen Zalando an der Retoure als festes Serviceversprechen auch in solchen Fällen festhält.
Wie Trusted Shops bei einer Umfrage unter 350 Onlinehändlern herausgefunden hat, setzen zwei Drittel der deutschen Shopbetreiber auf den Ausschluss ihrer Kunden. Das virtuelle „vor die Tür setzen“ erfolgt von den meisten rigoros: Fast die Hälfte (46 Prozent) schließt ihre Hochretournierer aus, ohne sie vorher um eine Änderung ihres Retourenverhaltens zu bitten. So haben, der Umfrage nach, Online-Händler in den vergangenen 12 Monaten im Durchschnitt zwei Prozent ihrer Kunden ausgeschlossen.
Vermeiden ist besser als Ausschließen
Auch wenn die ab Juni in Kraft tretende EU-Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) erlaubt, Kunden die Rücksendekosten unabhängig vom Warenwert aufzuerlegen verspricht dies nicht unbedingt Linderung für die Händler. So werden etliche Onlinehändler sicherlich auch dann noch einen stets kostenlosen Rückversand als Wettbewerbsvorteil anbieten, um Marktanteile zu gewinnen.
Versender großvolumiger/sperriger/schwerer Ware werden sich vermutlich sowieso schwer damit tun, dem Kunden Rücksendekosten von 40, 50 Euro und mehr für Palettenversand oder Speditionsware abzuverlangen.
Nach wie vor, bleibt also die Vermeidung von Retouren also die beste Strategie. Die Otto-Tochter Hermes schätzt die durchschnittliche Retourenquote im Onlinehandel übrigens auf 50 Prozent. Bei Textilien seien es auch einmal zwei Drittel, bei Möbeln dagegen weniger als zehn Prozent. Bezieht man jedoch die oben erwähnten Rücksendekosten für großvolumige Ware in die Betrachtung mit ein, sind Retouren für Möbelversender nicht weniger geschäftsgefährdend.
Retourenquote unter 1%, geht das denn überhaupt?
Wir wollten daher von Mark Richter, Gründer und Geschäftsführer von Wooden Affairs, einem Anbieter von Tischen aus altem, wiederverwendetem Holz, wissen wie bei ihm die Situation ist und mit welchen Maßnahmen es ihm gelingt seine Retourenquote sehr gering zu halten.
Mark Richter, hat die wichtigsten Punkte wie folgt zusammengefasst:
- Produktqualität
- Ausführliche Produktbeschreibungen und –fotos
- Richtige Auswahl der Logistikpartner
- Laufende Kommunikation während und nach dem Bestellvorgang
- Service, Service, Service
Wooden Affairs verkauft, wie bereits erwähnt, Tische aus altem, wiederverwendetem Holz. Die Planken stammen aus früheren Holzhütten und Bauernhäusern aus Indonesien.
Gebaut von erfahrenen Tischlern in kleinen Handwerksbetrieben ist jeder Tisch ein Einzelstück mit seinem eigenen Charakter. Alle online im eigenen Shop angebotenen Möbel sind lieferfertig auf Lager und sind besichtigungsbereit in einem Werkstatt-Showroom in München.
Wie hoch liegt Ihre Retourenquote im Durchschnitt?
Insgesamt geht in weniger als 1% aller Käufe die ausgelieferte Ware wieder an uns zurück. Es handelt sich bei unseren Möbeln aus altem Holz aber auch um Einzelstücke, die man in dieser Form nur bei Wooden Affairs bekommt. Interessenten wählen Ihren persönlichen Wunschtisch oft gezielt aus, anhand von Fotos oder der Beschreibung der lagernden einzelnen Exemplare. Das bedeutet natürlich für uns einen hohen Aufwand. Wenn die Qualität stimmt, gibt man ein derart ausgesuchtes Stück dann aber auch nicht mehr her. Bei Massenartikeln, die überall erhältlich sind, ist diese Bindung natürlich schwieriger.
Anzumerken ist jedoch, dass Amazon-Käufer unsere Retourenquote insofern nach oben treiben, als dass diese in durchschnittlich 3% aller Verkäufe die bestellten Artikel zurückgeben. Wir stellen hier also durchaus einen Amazon-Effekt fest. Wir führen dies darauf zurück, dass die persönliche Kundenbindung über Amazon viel schwieriger zu erreichen ist. Eine Rolle spielt aber auch, dass bei Amazon generell ein möglicherweise umtauschfreudigeres Publikum angesprochen wird.
Was tun Sie, um Retouren möglichst zu vermeiden?
Wir tun sehr viel zur Retourenvermeidung, da schon der Möbelversand mit Montage, ganz besonders aber auch mögliche Retouren äußerst aufwändig und kostspielig sind.
Der wichtigste Punkt ist höchste Qualität: Unsere Tische werden nach der Herstellung durch die indonesischen Schreiner und die Verschiffung nochmals in Deutschland von zwei Möbelrestauratoren endkontrolliert und nachpoliert, so dass keinerlei raue Stellen mehr vorhanden sind.
Viele meiner Mitbewerber kaufen Tische aus Altholz einfach irgendwo containerweise ein und versenden diese unbesehen weiter – dabei ist Holz ein Material, das ganz besondere Aufmerksamkeit braucht: Gerade altes Holz verändert sich noch einige Wochen lang, nachdem der Tisch schon fertig gebaut wurde. Der Tisch darf aber nicht wackeln, die Planken natürlich nicht reißen, und es sollen keine rauen Stellen und Späne mehr vorhanden sein, an denen man sich verletzen könnte. Das alte Holz muss so aufgearbeitet sein, dass seine Charakteristik schön herausgearbeitet ist und der Tisch die besondere Ausstrahlung des Holzes bewahrt – und er dabei trotzdem praktisch und problemfrei zu benutzen ist.
All dies bedeutend einen hohen Zusatzaufwand bei der Konstruktion, der Qualität und der Kontrolle, den wir aufbringen, um ein perfektes Möbelstück zu liefern. Die bei unseren Kunden eintreffenden Möbel und auch unser Service übertreffen regelmäßig sogar die Erwartungen, was wir aus zahlreichen begeisterten Kundenbewertungen erfahren. Dazu gehören aber auch ausgewählte und zuverlässige Logistikpartner, die pünktlich und nach Wunsch liefern und die Tische auch montieren – die Komfortlieferung mit Montage ist dabei für den Kunden komplett kostenlos.
Zur Retourenvermeidung dient natürlich auch eine genaue Produktbeschreibung. Ein Kunde, der bei uns einen Tisch bestellt, bekommt eine genaue Vorstellung von dem Tisch schon bei der Auswahl im Online Shop.
Während und nach dem Bestellvorgang sind dann Kommunikation und Service das A und O. Wir bemühen uns besonders darum, den Kunden möglichst rasch in die Komfortzone zu bringen, also den Auftrag zu bestätigen, zusätzlich zu beraten, die Lieferung zu vereinbaren und alle Informationen über den folgenden Ablauf zur Verfügung zu stellen, so dass er sich gut aufgehoben fühlt und sicher sein kann, sich bei der Bestellung bei uns richtig entschieden zu haben.
Zu unserem Service gehört es beispielsweise auch, dem Kunden ausführliche Pflegehinweise für unsere Produkte an die Hand zu geben. Gleichzeitig erhält er bei Lieferung ein Set Filzunterlagen und einen Schraubenschlüssel in passender Größe, damit er bei Bedarf die Schrauben der Tischbeine schnell und unkompliziert selbst nachziehen kann. Beides kostet uns nicht viel, erhöht beim Käufer jedoch das Gefühl die richtige Kaufentscheidung getroffen zu haben. Wir stellen fest, dass unsere geschilderten Maßnahmen nicht nur dazu beitragen, unsere Retourenquote gen Null zu bringen, sondern diese auch hinsichtlich Empfehlungsmarketing sehr wertvoll sind.
Werden Sie mit Realisierung der EU-Verbraucherrichtlinien künftig Rücksendekosten verlangen?
Auch wenn der Kunde bei unseren Produkten dafür möglicherweise sogar Verständnis aufbringen würde, werden wir auch künftig keine Rücksendekosten verlangen. Dies ist, unserer niedrigen Retourenquote wegen, auch gar nicht notwendig. Gleichzeitig gehört die kostenlose Rücksendung auch zu unserem Serviceversprechen und hebt uns vom Mitbewerb ab.
Marco Bartel meint
Zum Thema Retourenvermeidung als Beispiel einen Möbelversand in der oberen Preiskategorie aufzuführen, der auch nur Unikate anbietet, finde ich dann doch etwas lächerlich. Aber immerhin schöne Werbung.
holyowly meint
Sorry, aber die Retourenquote in diesem Segment ist wohl nicht so als etwas Besonderes herauszustellen. Die Möbel gibt es sicher nicht für 99 Euro versandkostenfrei.
Je hochwertiger ein Sortiment, desto leichter sind die Kunden von Service zu beeindrucken und der Service bleibt auch dann noch zu bezahlen. Wie gesagt, für genügend Geld kann ich jedem Kunden persönlich den Hintern pudern. So was macht sich dann natürlich an der Retourenquote bemerkbar.
Es können aber nicht alle Verkäufer nur im Hochpreissegment arbeiten.
Warum kommt hier denn nicht mal ein Klamottenverkäufer her, der nur eine Retourenquote von 1% hat? Na? Noch keinen gefunden? Weitersuchen!
Ich könnte als Klamotten, Schmuck und Schnickschnack – Tante Emma Einzelunternehmerin mit einer Retourenquote von 2 bis 5% aufwarten. Aber wie das geht…. bleibt mein Geheimnis.
Peter Höschl meint
Doch die Möbel werden auch versandkostenfrei geliefert. Und ja, bei Möbel sind die Retourenquoten prinzipiell niedriger als bei Mode (ca. 10% vs. 40-60%), aber das ist ja mal nichts Neues.
Aber warum eine Retourenquote von unter 1% bei Möbel nicht dennoch gut sein soll, mögen mir die beiden Vorkommentatoren gerne näher erläutern.
Marco Bartel meint
Sehr geehrter Herr Höschl, wir freuen uns für Herrn Richter und auch jeden anderen Händler [siehe holyowly], der eine so geringe Retourenquote hat. Keiner von bestreitet, dass dies eine schöne Nachricht ist. Das Beispiel ging wohl nur sehr am geschäftlichen Alltag Ihrer Leser vorbei. Aber auch daran ist nichts Schlimmes. Wir schauen gerne mal über den Tellerand.