Letzte Woche hatten wir die Pressemeldung zu einer „SEPA-Lösung“ zum Anlass genommen, erneut einen Blick auf die Probleme mit der Umstellung der Online-Lastschrift zu werfen. Dabei stießen wir bereits auf den ersten Hinweis, dass es auch mit SEPA alles prinzipiell so bleiben könnte, wie gehabt.
Die Situation der Online-Lastschrift VOR SEPA
Auch bislang war für den Lastschrift-Einzug „eigentlich“ das Vorhandensein einer ordentlichen Unterschrift des Kunden notwendig. Im Onlinehandel allerdings war die Einholung dieser Unterschrift nicht möglich. Die Deutsche Kreditwirtschaft sah Lastschriften ohne echte Unterschrift bislang im offiziellen Sprachgebrauch als „problematisch“ an – auf die Ausführung hatte dies jedoch keine Auswirkungen.
Ein echtes Problem bestand nur im Fall des Disputes, wenn ein Händler in die beweispflicht genommen wurde. Denn die Beweispflicht lag immer schon beim Einziehenden. Als zweite Konsequenz konnten Kunden per Lastschriften gezogene Gelder bis zu 13 Monate lang zurückholen.
Die Situation MIT SEPA
Nachdem bislang bei den Ausführungsvorschriften von SEPA für das Mandat (also die Lastschrift-Einzugsgenehmigung) stets die Schriftform sowie eine echte Unterschrift bzw. ein E-Mandat mit elektronischer Authentifizierung (z.B. via elektronischem Personalausweis o.ä.) gefordert war, findet sich in der aktuellsten Version der Stellungnahme der Deutschen Kreditwirtschaft plötzlich ein neuer Satz:
Das bedeutet: Auch zukünftig sieht die Deutsche Kreditwirtschaft Lastschriften ohne Unterschrift als kritisch an – sie schließt sich aber nicht mehr aus! Das ist auch insofern konsequent, da bereits vorher die Folgen formuliert waren, die eintreten, wenn keine qualifizierte Unterschrift bzw. entsprechend belegtes Mandat vorliegt. Die am meisten gefürchtete Konsequenz: Eine verlängerte Frist für den Rückruf des Geldes von – 13 Monaten! Diese Frist besteht jedoch bereits bei alten Lastschrfiten (wenn sie auch nicht immer so deutlich kommuniziert wird), damit träte hier tatsächlich gar keine Verschlechterung ein.
Textform ja, aber kein „Unterschriften-Affentanz“ mehr nötig…?
Im Klartext würde dies bedeuten, dass das Haupthindernis für SEPA Lastschriften eingerissen wurde. Damit könnte das Lastschriftverfahren für die Kunden auch zukünftig praktisch wie bisher angeboten werden. Ein komplizierter Affentanz wie das Hin- und Hersenden von Formularen, ein Unterschreiben mit der Maus am Bildschirm oder ähnliche „Verrenkungen“, die die Konversionsrate (und damit das Lastschriftverfahren im Onlinehandel) töten, wäre unnötig.
Denn die weiteren SEPA-Bedingungen sind vergleichsweise unproblematisch umsetzbar: Es muss Schriftform gewährleistet werden, zudem die Gläubigernummer genannt sowie eine Vorankündigung mit Mandatsnummer 14 Tage* vor dem Einzug zugestellt werden**.
Diese Kehrtwende der Bankenwirtschaft folgte übrigns jetzt erst, nachdem die Politik sehr dringlich zu einer Lösung der Problematik aufgefordert hatte. Schließlich sei das deutsche Lastschrftverfahren seit Jahren ein bewährtes udn auch vergleichsweise sehr sicheres Verfahren, das nicht durch unrealistische Anforderungen verunmöglicht werden sollte. Konsequenterweise hat mittlerweile auch die Bafin „grünes Licht“ für Mandate ohne Unterschrift signalisiert, wie „Der Handel“ jetzt berichtet.
Herlich aus Hürth
Nicola Straub
*Sofern nicht zwischen Händler und Kunde (z.B. per AGB) andere Fristen vereinbart sind.
**Diese Vorankündigung schließt das Lastschrftverfahren allerdings bei solchen Verkäufen aus, bei denen die Zahlung direkt eingezogen werden soll, beispielsweise bei Downloads o.ä.
Uwe Beh meint
Ob das für kleinere Betriebe so einfach umgesetzt werden kann wage ich zu bezweifeln!
„Denn die weiteren SEPA-Bedingungen sind vergleichsweise unproblematisch umsetzbar: Es muss Schriftform gewährleistet werden, zudem die Gläubigernummer genannt sowie eine Vorankündigung mit Mandatsnummer 14 Tage* vor dem Einzug zugestellt werden**“
Nicola Straub meint
Warum denn nicht? Ich glaube, dass es gerade den Kleinen leichter fallen könnte, wenn/weil hier die Prozesse weniger stark miteinander integriert sind und somit die Umstellung leichter fällt. Und auch sie profitieren stärker davon, dass sie jetzt leichter Internationalisieren können (und somit leichter weitere Märkte/Nischen für sich erschließen).
1. Wie man Textform hinbekommt, ist ja anhand der Widerrufsbelehrungen seit Jahren „gelernt“.
2. Die Gläubiger-ID zu besorgen, ist eine Sache von wenigen Minuten (habe ich selbst hier für den Verein der Grundschule schon gemacht)
3. Eindeutige Mandatsnummern zu erstellen ist genauso einfach wie eine eindeutige Rechnungsnummer zu erstellen.
4. Die Vorausmeldefrist kann per AGB abgekürzt werden. Auch hier ist die Zustellung in Textform nicht schwieriger, als bei den Widerufsbelehrungen oder der Mandatskopie.
Kniffliger wird es, wenn sich der Rechnungsbetrag ggü. dem ursprünglich angekündigten Betrag ändert (z.B. weil zwischenzeitlich eine Teil-Retoure erfolgt ist): Dann muss entsprechend neu vorangekündigt werden. ABER: Auch das ist eigentlich im Onlinehandel schon guter Usus, dass nach Retouren eine Mail mit dem korrigierten Rechnungsbetrag als Info an den Kunden geht.
(Und wenn es gar nicht klappt, hat das als Konsequenz im übrigen auch „nur“, dass Rücklastschriften (z.B. wegen Minderdeckung) dann eben aufdas Risiko des Händlers gehen).
Soweit meine Sichtweise der THEORIE. Wo sehen Sie denn konkret das Hauptproblem bei SEPA? Woran stolpern Sie aktuell?
Ich bin wirklich interessiert an Schilderungen aus der PRAXIS!
Herzliche Grüße
Nicola Straub
Uwe Beh meint
Hallo Frau Straub, in der Theorie mag es einfach klingen. Einfach ist es zurzeit. In der Praxis. Kunde bestellt und gibt mit seiner Bestellung die Einwilligung und Bankverbindung mit an. Wir buchen die Lastschrift. Fertig. Und nun kommen noch ein paar Extras wie Widerruf, ungedecktes Konto, Teilretoure. Das lässt sich alles 1,2,3 erledigen. Nordlädchen.de wendet sich an den Endkunden. Anders kann das ganze natürlich sein wenn es ein b2b Geschäft ist. Dann macht die Lastschrift im Ausland auch Sinn. Ich als Einzelunternehmer hätte keine Freude an Rücklastschriften bei Endkunden im Ausland…
Mir liegen die Unterlagen meiner Bank für SEPA vor. Ich habe sie noch nicht studiert weil es im Ansatz bereits kompliziert wirkt.
Nicola Straub meint
Hallo Herr Beh,
ich glaube tatsächlich, dass das Hauptproblem die völlig unverständlichen Vorschriften-Texte sind. Und die Unkenntnisse in den Banken selbst. Über beides bin ich bei den Vorbereitungen der SEPA-Umstellungen für den Verein gestolpert. Im Onlinehandel kamen bislang die absolut nicht praktikablen Bedingungen zur Erlangung des Mandates hinzu.
Nun sieht es aber doch so aus, als würden sich letztere in Luft auflösen. Bleibt also „nur“ noch der Dschungel der Unverständlichkeiten? Wie ragieren die Hausbanken, wenn man sich unter Hinweis auf die erleichterten Bedingungen an sie wendet?
Meine eigenen Erfahrungen: Die Bank händigt umfangreiche Infomaterialien aus, weist darauf hin, dass mit SEPA ja sie selbst praktisch gar nix mehr mit dem Vorgang zu tun haben, denn das ist nun ja Sache zwischen Zahlendem und Zuahlungs-Einzieher. Und fertig.
Hat man sich allerdings einmal durch die Anforderungen gekämpft, sieht man evtl. auch Vorteile von SEPA:
– durch die Vorankündigung steht der Kunde nicht nur in der Pflicht, für die Deckung zu sorgen, es klappt evtl. sogar 😉
Vor allem aber:
– Auslands-Geldtransaktionen verlieren eben genau den gewohnten Schrecken.
Wie gesagt, wenn die Mandats-Erlangung jetzt tatsächlich sinnvoll (=machbar) geklärt sein sollte, steht und fällt vieles IMHO mit dem Vermögen der Hausbanken, hier verständlich zu informieren und Abläufe zu unterstützen.
Herzlich aus Hürth
Nicola Straub