Wie verändert die digitale Revolution das Einkaufen von Morgen? In einem aktuellen Blogbeitrag hat sich Fiona Swerdlow, Research-Chefin von Shop.org, dem Internetportal des amerikanischen Einzelhandelsverbands National Retail Federation, mit dieser Frage beschäftigt. Wie bei Themen dieser Art offensichtlich unvermeidlich, kommt auch Swerdlows Beitrag nicht ohne Marketinghülsen aus, die zwar hoch-innovativ klingen, aber inhaltlich unverbindlich sind („Interactive Communications + Data = Increase in Relevance“).
Deutlich interessanter sind dagegen die Beispiele aus dem Hier und Jetzt, mit denen die Marktforscherin ihre Argumentation unterlegt:
- Die US-Elektronikkette Best Buy reichert in ihren stationären Filialen die Aufsteller mit der Produktbeschreibung mit Auszügen von Kundenrezensionen und -bewertungen an. „Kunden kümmern sich nicht um Kanäle, also muss auch der Handel kanalübergreifend denken“, so Swerdlow dazu.
- Eine japanische Bekleidungskette hat die Preisetiketten an ihren Waren mit QR-Codes ausgestattet, mit denen sich die Kunden Videoclips zu dem jeweiligen Bekleidungsstück auf ihrem Smartphone anschauen können – „das Einkaufserlebnis im Laden und das Produkt, für das sich der Kunde interessiert, werden so individualisiert und mit zusätzlicher Relevanz versehen.“
- Der koreanische Tesco-Ableger Home Plus hat sich dazu entschieden, seine Läden „zu den Kunden zu bringen“ und bietet nun auf Werbeflächen in U-Bahnhöfen virtuelle Supermärkte an. Dabei handelt es sich um Abbildungen von Ladenregalen, auf welchen jedes Produkt mit einem QR-Code versehen ist. Pendler, die auf ihren Zug warten, können die gewünschten Produkte mit ihren Smartphones scannen, online bezahlen und erhalten die Ware dann bequem nach Hause geliefert. „Die Online-Verkäufe von Home Plus sind darauf um 130 Prozent gestiegen“, berichtet Swerdlow.
Die drei Beispiele haben mit der derzeit üblichen Multichannel-Denke, welche meist zu einem aus den bestehenden Unternehmensstrukturen heraus entwickelten, wenig kundenfreundlichen Kanal-Mix führt, nur wenig gemeinsam. Dafür sind sie konsequent aus der Lebensrealität der Konsumenten von Heute gedacht:
- Die Kunden tauschen sich im Internet lebhaft über Produkte aus und sind dadurch in vielen Fällen besser informiert als das Service-Personal im stationären Einzelhandel. Eine User-Rezension bei BestBuy kann somit aufschlussreicher sein als ein unmotivierter, schlecht informierter Verkäufer bei Media Markt.
- Vor allem im Fashion-Bereich kaufen die Kunden zusammen mit der Ware immer auch ein Image. Dem entspricht bereits das Look & Feel der Läden mit großformatigen Mode-Fotografien, trendig-lauter Musik und Celebrity-Aufstellern. All das bietet auch ein Videoclip – und das noch viel schlüssiger und ohne Medienbruch.
- Die Onlinebestellung von Lebensmitteln und Alltagswaren passt eigentlich sehr gut in den hektischen Alltag junger städtischer Büro-People. Doch wer hat schon Lust, sich abends zuhause an den PC zu setzen und mühsam im Web nach den benötigten Produkten zu suchen? Holt man die Leute dagegen am U-Bahnsteig mit ihren Smartphones ab, verkürzt man nicht nur den digitalen Einkaufsweg sondern auch deren Wartezeit.
Genau so könnten also zeitgemäße Shopping-Lösungen aussehen – und das jenseits aller Multichannel-Ideologie.