Nachdem wir uns vor einigen Tagen Gedanken zur mutmaßlichen Strategie von Ebay gemacht haben, bietet der aktuelle Quartalsabschluss von Amazon die Gelegenheit zu einem aufschlussreichen Vergleich.
Interessant ist, dass auch bei Amazon das Kerngeschäft rund um das Marketplace-Business derzeit nur wenig Beachtung erfährt. Im Mittelpunkt des Interesses von Amazon-Chef Jeff Bezos steht vielmehr der eBook-Reader Kindle, dessen jüngste Inkarnation Kindle Fire immer mehr in Richtung multifunktional einsetzbares Shopping-Tablet weist. Laut dem Unternehmen seien im Jahresendgeschäft die drei in den USA zur Verfügung stehenden Kindle-Versionen nicht nur die meistverkauften Produkte bei Amazon.com gewesen, sondern sei es auch gelungen, jeweils weit über eine Million Kindle-Geräte pro Woche zu verkaufen. Insgesamt sei der Kindle-Absatz gegenüber dem Vorjahr um ganze 177 Prozent gestiegen.
Diese Hardware-Fixiertheit weist zunächst in eine andere Richtung als Ebays Ambitionen, ein Netzwerk an Tochterfirmen für mobile und ortsbezogene Shopping-Dienste aufzubauen. Und doch sind sich Ebay und Amazon gar nicht so fern – schließlich adressiert der Kindle Fire ja gerade das stark ansteigende mobile Einkaufsbedürfnis der Kunden und versucht, diese mittels einer unter dem Selbstkostenpreis angebotenen attraktiven Hardware an sich zu binden. Auch für Amazon ist somit die Zukunft „mobil“ (und über die Beteiligung an LivingSocial hat sich Amazon auch den Anschluss an das Trendthema Location Based Services gesichert).
Während Amazon noch in die Zukunft des E-Commerce investiert, gibt es in der Gegenwart bereits erste Gewinner: Händler auf Amazon Marketplace können sich darüber freuen, dass Ihre Erlöse im Jahresendquartal um 65 Prozent stiegen und sie jetzt für 36 Prozent des Gesamtumsatzes auf der Plattform verantwortlich sind. Der Umsatz von Amazon selbst wuchs im gleichen Zeitraum „nur“ um 35 Prozent. Wer zu viel an die Zukunft denkt, verliert eben schnell einmal die Gegenwart aus den Augen…