Es ist wie bei allen anderen Hype-Themen: Die tatsächliche Bedeutung des Mobile Commerce könnte kaum weiter von der riesigen Öffentlichkeit entfernt sein, die dem Trendthema in Medienberichten und Agenturmeldungen zukommt. Mit dem Digital Marketing Insight von Adobe liegt nun erfreulicherweise eine Studie vor, die für einmal ein realistischeres Bild von der Marktentwicklung im Mobile Commerce zeichnet. Demzufolge waren auch im Weihnachtsgeschäft 2011 noch Nutzer von Notebooks bzw. Desktop-Rechnern für 90 Prozent aller Visits in Onlinestores verantwortlich. Zudem handelte es sich dabei klar um die attraktiveren Kunden: So lag die Conversion Rate der PC-User bei 2,5 Prozent, die der Smartphone-Nutzer bei nur 0,6 Prozent. Und auch das durchschnittliche Bestellvolumen der Notebook/Desktop-Shopper lag mit 102 Dollar deutlich vor den Smartphone-Nutzern, die es nur auf 80 Dollar brachten.
Deutlich anders schätzt die Adobe-Studie hingegen die Tablet-Nutzer ein: Zwar waren es Ende 2011 nur 4 Prozent der Shop-Besuche, die von Tablets ausgingen, doch hat sich dieser Wert im Vergleich zum Januar 2011 vervierfacht. Interessant sind die Tablet-Nutzer zum einen, da deren Conversion Rate mit 2,3 Prozent nahe an dem E-Commerce Standardwert liegt. Aber noch wichtiger: Tablet-User sind kaufkräftiger. So lag deren durchschnittliches Order-Volumen mit 123 Dollar um rund 20 Prozent über dem Vergleichswert der Notebook/Desktop-Nutzer. Dabei können sich die Studienautoren zwei Gründe vorstellen, warum Tablet-Kunden eine so interessante Klientel für Onlinehändler sind. Zum einen sind sie klar kaufkräftiger als der E-Commerce Durchschnitt und auch überdurchschnittlich oft männlichen Geschlechts. Zum anderen dürfte wohl das angenehme Umfeld, in dem das Shopping auf einem Tablet erfolgt, die Kaufbereitschaft deutlich ankurbeln.
Klar kann es sich bei diesen Beobachtungen auch nur um ein Anfangsphänomen handeln. Es wird abzuwarten sein, wie sich entsprechende Kennzahlen verändern, wenn Tablets erst einmal einen höheren Verbreitungsgrad erreichen. Doch ist auffällig, dass nicht nur die Adobe-Studie auf die Kaufkraft der Tablet-Nutzer setzt. So ist bereits seit vergangenem November bekannt, dass Amazon seinen Kindle Fire unter dem Herstellungspreis verkauft – in der Hoffnung, dass die Kindle-Nutzer ihr Einkaufsverhalten bei Amazon weiter intensivieren.
Die Handlungsempfehlung der Studienautoren ist daher klar: Ein „One size fits all“-Ansatz im Mobile Commerce ist unzureichend, da er Smartphone-User und die wesentlich interessanteren Tablet-Nutzer in einen Topf wirft. Wer dagegen speziell für Tablets konzipierte Shopping-Umgebungen anbietet, soll mit einer positiven Kundenresonanz und einem höheren ROI rechnen können.
nicola meint
Man muss sich nur mal umgucken, wer zu Weihnachten alles sein neues „Pad“ präsentierte (auf Facebook, G+ etc.): Da wächst etwas gewaltig. Umso erstaunlicher, dass Adobe Flash für Mobile beerdigt hat.
Oder vielleicht auch nicht so erstaunlich, aber für flashlastige Shops tut sich mit dem Voranpreschen der Pads hier ein Problemfeld auf!
Herzlich, Nicola Straub
Mobile Shopsoftware meint
> aber für flashlastige Shops tut sich mit dem Voranpreschen der Pads hier ein Problemfeld auf
Gibt es denn noch flashlastige Shops? Also wir arbeiten hier schon seit 1-2 Jahren ohne jegliche Flash-Spielereien, seit diese nämlich bei der Google-Vorschau nicht angezeigt werden..
Wofür man früher Flash nutzte, wird heute mit jquery usw. gelöst.
Gruß,
Robert Z.
Andreas Wellensiek meint
Mich überrascht die Studie nicht wirklich. Tablet-PCs sind bei älteren Menschen sehr beliebt, und die sich so einen Tablet anschaffen, kaufen auch online. Sie sind kaufkräftiger und sind daher sowieso einen interessante Zielgruppe für den eCommerce. Viele Shops sind in Übersichtlichkeit und Einfachheit jedoch noch ziemlich schlecht und haben daher noch reichlich Umsatzpotential. Was Flash betrifft wird es nicht mehr benötigt, da z.B. jquery viele Animationen ermöglicht, die alle Smartphones und Tablets bzw. deren Browser interpretieren können. Noch ist die Zielgruppe der Smartphone-Kunden nicht gut erforscht. Ich denke allerdings, dass viele darüber unterwegs eine Kurzrecherche machen, und vielleicht später zu Hause oder im Büro am PC dann auch kaufen. Das lässt sich nicht oder kaum nachvollziehen im Vergleich zu den Tablet-Nutzern.
Martin Schröder meint
Ich weiß nicht so recht. Wie viele iPad-Nutzer setzen das iPad denn wirklich mobil ein? Oder kann man auch von „Mobile Comerce“ sprechen, wenn jemand zu Hause auf dem Sofa sitzt und via iPad einkauft? Doch eigentlich nicht. Mittlerweile besitzen ja doch schon recht viele Haushalte ein Tablet, aber selbst hier in Berlin sieht man auf der Straße, in den öffentlichen Verkehrsmitteln oder in Cafés nur extrem selten jemanden damit hantieren. Vielleicht bringen die Tablets eher den Durchbruch für den „Touch Commerce“, aber nach meiner Einschätzung eher nicht für den Mobile Commerce. Dafür sind die Geräte dann doch einfach zu wenig mobil.
nicola meint
Ich denke, das sind begriffliche Spitzfindigkeiten. Worum es geht ist doch: Shops müssen sich schlicht auf neue Benutzergeräte einstellen: Was auf dem Tablet nicht (gut) läuft, wird auf gar nicht so lange Sicht einen echten Nachteil haben.
Ich bin selbst immer Handymuffel gewesen: Aber wenn ich sehe, wie viel seltener bei uns nun der PC gebootet wird, weil man auf dem Sofa schnell das iPhone nutzt… Und mit einem iPad in der Familie würde der PC noch mehr verstauben, denke ich.
Herzlich, Nicola Straub
Martin Schröder meint
Okay, wenn es nur darum geht, dass sich Shops auf neue Benutzergeräte einstellen müssen, dann zählen Tablets natürlich dazu. Ich war bisher davon ausgegangen, dass es beim Begriff „Mobile Commerce“ um mehr gehen würde, nämlich auch um neue, eben mobile Benutzerszenarien. Also zum Beispiel um standortbezogene Dienste, die abhängig vom aktuellen Ort des Nutzers Angebote machen oder Informationen liefern. Oder die berücksichtigen könnten, dass jemand, der unterwegs eine Information oder ein Produkt sucht, in der Regel weniger Zeit hat als jemand, der gemütlich zu Hause auf dem Sofa sitzt. Und bei diesem – von mir aus „echtem“ – Mobile Commerce spielen Tablets aus meiner Sicht derzeit noch längst keine so große Rolle wie Smartphones, und ich sehe daher zur Zeit auch nicht, dass Tablets dem („echten“) Mobile Commerce zum Durchbruch verhelfen können (da sie halt nur selten mobil eingesetzt werden). Darauf bezog sich meine Anmerkung. Dass Tablets eher als Smartphones dem Online-Einkauf mittels neuer Touchscreen-Geräte zum Durchbruch verhelfen könnten: keine Frage, volle Zustimmung.
Andreas Wellensiek meint
Natürlich bringt der echte mobile Commerce neue Möglichkeiten für Nutzer und Shopbetreiber. So sollte man genau genommen zwischen dem mobilen Zugriff und dem Surfen über das Festnetz/WLAN unterscheiden, und so oder so zusätzlich über die Gerate Desktop, Notebook, Netbook Tablet und Smartphone (kann ausgelesen werden). Das Problem ist nämlich, das heute auch Smartphones schon WLAN haben, und damit auch das kein Unterscheidungskriterium mehr ist. Fakt ist aber auch, das neue Browser-Versionen wie auch die von Firefox für die Nutzung mit Tablets bzw. Smartphones bereits optimiert sind. Shopbetreiber müssen dennoch schauen, ob Sie Apps oder neue Funktionen im Shop anbieten. Denn was mit der Maus funktioniert, muss noch lange nicht beim Touchscreen gut sein oder klappen. Beispiel: Mehr Informationen beim Überfahren mit der Maus. Diese Infos gehen bei Tablets verloren, sodass hier andere Darstellungen und Funktionen notwendig sein können. Auch unnötige Eingabefelder gehören damit der Vergangenheit an, da Drag & Drop sich dann wohl durchsetzten wird…