Bereits Anfang letzter Woche hat die Bundesregierung ihren Wirtschaftsschutzschirm für von der Corona-Krise betroffene Unternehmen vorgestellt. Das Paket war – auch geschuldet durch die sich überschlagenden Ereignisse – mit heißer Nadel gestrickt und bot vor allem kleinen Unternehmen, die von der Krise mit am stärksten betroffen sind, wenig konkrete Hilfen. Mittlerweile hat die Politik an vielen Stellen nachgebessert. KMUs sollten trotzdem genau überlegen, welche Hilfen für sie geeignet sind.
Die Corona-Pandemie könnte Deutschland zwischen 225 und 729 Milliarden Euro kosten, vermeldete gestern das Ifo-Instititut. Damit sei die Corona-Krise ein schlimmerer Wirtschaftskiller als alle Naturkatastrophen oder Finanzkrisen bisher. Über eine Million Jobs könnten wegfallen, sechs Millionen Arbeitnehmer werden wohl von Kurzarbeit betroffen sein.
Angesichts dieser dramatischen Zahlen war zu erwarten, dass die Bundesregierung ihren ersten schnellen – und vor allem für KMU-Betriebe wenig zufriedenstellenden – Entwurf eines Rettungsschirms für die Wirtschaft noch einmal überarbeitet hat. Gestern verabschiedete der Bundestag einen Nachtragshaushalt in Höhe von 156 Milliarden Euro und einen Rettungsschirm im Volumen von 600 Milliarden Euro. Zudem wurde die Schuldenbremse ausgesetzt, damit der deutsche Staat im Notfall neue Schulden aufnehmen kann, um die Folgen der Corona-Krise abzumildern.
Was bedeutet das konkret für betroffene Unternehmen?
Der staatliche Rettungsschirm gilt, wie in Krisen üblich, nur für sehr große Unternehmen mit hohen Umsätzen oder mehr als 250 Mitarbeitern sowie für systemrelevante Firmen. Kleinere Firmen verweist die Bundesregierung weiterhin an das unbegrenzte Kreditprogramm der KfW. Dort hat die Regierung auch auf Druck der DIHK inzwischen etwas nachgebessert: Für kleine und mittlere Unternehmen übernimmt der Staat bis zu 90 Prozent des Risikos (zumindest für Unternehmen, die länger als 3 Jahre am Markt sind).
Auch an den Zinssätzen wurde mittlerweile deutlich geschraubt: KMU zahlen jetzt maximal 1,46 Prozent Zins (plus Hausbankzuschlag) statt wie ursprünglich bis zu 7,45 Prozent. Im ersten Jahr kann der Kredit zudem tilgungsfrei bleiben. Damit werden KfW-Kredite tatsächlich zu einer möglichen Alternative für in Schieflage geratene KMUs.
Unternehmer müssen aber trotzdem abwägen, ob sie sich in der laufenden Krise mit einem Kredit belasten wollen/müssen. Und die Beantragung der KfW-Kredite bleibt weiterhin aufwändig und zeitraubend. Dazu kommt: Unternehmen, die schon vor der Krise in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren, können nicht auf KfW-Kredite hoffen.
„Die KfW-Kredite im Rahmen des Hilfsprogramms der Bundesregierung sind aus Sicht sehr kleiner Unternehmen nicht unbedingt das geeignete Fördermittel“, sagt deshalb Ulrike Regele von der DIHK. „Die verlangten Unterlagen sind ziemlich umfangreich, die Prüfung kann sich daher zu lange hinziehen. Allerdings ist das Verfahren jetzt stark vereinfacht worden. Wir sehen aber bislang ein Problem: Die Bürgschaftshöhe von 90 Prozent durch den Staat reicht in vielen Fällen nicht aus, damit die Banken einen Kredit gewähren. Deshalb ist das ein Instrument, das sich bei sehr kleinen Betrieben allenfalls in einem zweiten Schritt noch zusätzlich anbietet.“
Soforthilfen für KMU
Außerdem hat sich der Bundestag dazu entschlossen, dem Beispiel einzelner Bundesländer (Bayern war hier vorangesprescht) zu folgen, und betroffenen KMUs möglichst unbürokratisch Soforthilfen zukommen zu lassen. Bei den bayerischen Bezirksregierungen waren gestern insgesamt bereits über 150.000 Anträge von Freiberuflern, Selbstständigen sowie kleinen und mittleren Unternehmen eingegangen, die ersten Hilfen wurden bereits ausbezahlt. Wo Unternehmen in den einzelnen Bundesländern die Soforthilfen beantragen können, hat die DIHK hier zusammengestellt.
Zusätzlich gibt es auch eine Soforthilfe vom Bund. Unternehmer können beides beantragen, allerdings wird eine vom Land erhaltene Zuwendung auf die Bundessoforthilfe aufgerechnet. So sollen landesspezifische Unterschiede zwischen den Programmen ausgeglichen werden.
Dennoch unterscheiden sich die einzelnen Programme im Detail und es ist ratsam, vor der Beantragung genau in die Bedingungen zu schauen. In Bayern beispielsweise sollen nur Unternehmer die Soforthilfe bekommen, die aufgrund der Krise ihre nächsten Rechnungen nicht bezahlen können. Vor dem Antrag sollen „private liquide Mittel“ eingesetzt werden. Haus, Hof und Rentenversicherung müssen die betroffenen Unternehmen dafür also nicht verkaufen, wohl aber ihre privaten Konten leeren.
In Baden-Württemberg bekommen Unternehmen mit weniger als 5 Mitarbeitern nur Geld, wenn das Unternehmen mindesten zu einem Drittel zum Haushalt beiträgt. Andere Programme wiederum schließen junge Unternehmen, die kürzer als 3 Jahre am Markt sind, vollständig von den Hilfen aus, andere fördern nur Firmen, die vom Lockdown direkt betroffen sind – nicht solche, die beispielsweise Zulieferer für eine Branche sind, die unter der Krise leidet.
Was kann man sonst noch tun?
Neben den Krediten von Staat und Ländern gibt es auch noch viele regionale Förderprogramme mit unterschiedlichsten Ausprägungen und Voraussetzungen, die für Unternehmer in Frage kommen könnten. Viele haben Corona-spezifische Spezialprogramme aufgelegt, das Angebot wächst beinahe täglich. Einen guten Überblick bietet www.foerderdatenbank.de
Eine weitere Fördermöglichkeit bietet außerdem das Programm Go-digital der Bundesregierung. Damit können Unternehmer die Ausgaben für die Einrichtung von Home-Office-Strukturen teilweise bezuschussen lassen. Die Förderhöhe liegt bei 50% der Ausgaben bis zu einer Summe von 16.500 Euro, betrifft aber nur Ausgaben für zur Einrichtung von Homeoffice-Arbeitsplätzen wie Installation spezieller Homeoffice-Software, Programmierdienstleistungen, Schnittstellenanbindung und ähnliches durch einen Go-digital-zertifizierten Dienstleister.
„Dazu kommen Möglichkeiten zur Stundung von Steuern bzw. Reduzierung von Steuer-Vorauszahlungen, die bei den örtlichen Finanzämtern beantragt werden können“, rät der Förderungsberater Dirk Bertling von „Digital ganz normal“. „Sinnvoll wäre auch, vor allem für Solo-Selbständige, Kontakt mit der eigenen Krankenkasse aufzunehmen, um ggf. eine Reduzierung bzw. Anpassung der Beiträge bei Umsatz.- bzw. Einkommensverlust zu erwirken.“
„Wir werden jetzt in den nächsten Wochen sehen, wie verschiedenen Förderhilfen – Kurzarbeitergeld, Soforthilfen, Steuerstundungen, KFW-Kredite etc. – wirken“, meint Ulrike Regele. „Die Bundesregierung hat ja schon in Aussicht gestellt, bei Problemen an der einen oder anderen Stelle noch nachzubessern. Da in der Wirtschaft fast alles miteinander vernetzt ist, trifft es neben den direkt Betroffenen wie Gastronomen mit leichter Verzögerung auch deren Zulieferer.“
Wie die Soforthilfen und Fördermöglichkeiten der einzelnen Bundesländer genau aussehen, erfahren Händler im nächsten LiveStream „Das war’s, Onlinehandel“ in der Wortfilter-Gruppe auf Facebook. Zusammen mit Ulrike Regele von der DIHK stellt Mark Steier alle Förderprogramme der Bundesländer im Detail vor. Der Livestream beginnt am Sonntag um 18:30 Uhr.
Wer danach noch Fragen offen hat, kann diese im Ask Me Anything (AMA)-Format von uns am kommenden Montag (30.03.2020) um 17 Uhr loswerden. Ulrike Regele wird sich eine Stunde für alle Händlerfragen zu den aktuellen Fördermöglichkeiten Zeit nehmen. Wer jetzt schon Fragen hat, schreibt diese am besten in die Kommentare oder schreibt uns eine E-Mail.
Veranstaltungshinweis
Am Freitag, den 03.04. um 13 Uhr werden wir in einem weiteren Webinar Wege aufzeigen wie Händler schnell „Lagerpenner“ identifizieren und abverkaufen können: https://zoom.us/j/289475245