Markenhersteller müssen sich früher oder später damit auseinandersetzen, wie sie mit Produktfälschungen auf Online-Marktplätzen umgehen. Teil 1 jeder Markenschutz-Strategie: die Fälschungen finden. Stefan Hoffmeister, Head of Online Brand Protection beim Online-Markenschutz-Experten EBRAND SERVICES, erklärt, wie es geht.
Viele Hersteller setzen beim Kampf gegen Produktfälschungen auf den glücklichen Zufall: Sobald ein Kunde oder Fachhändler einen Fall von Markenmissbrauch meldet oder ein Mitarbeiter zufällig über einen gefälschten Artikel stolpert. Es fehlt an einer klaren Strategie und einer funktionablen technischen Lösung, um die Millionen von Artikeln die auf Amazon, ebay, Alibaba und Co. angeboten werden, sinnvoll und flächendeckend nach Fälschungen zu durchsuchen. Dabei ist das durchaus machbar.
Schritt 1: Markensituation klären
Bevor man festlegen kann, was eine Fälschung ist und was nicht, muss zunächst die zu schützende Marke klar definiert werden. Am Anfang steht deshalb eine Bestandsaufnahme aller Markenanmeldungen des Unternehmens mit regionaler Gültigkeit.
Schritt 2: Aufbau eines Keyword-Settings
Im nächsten Schritt werden Keywords und Keyword-Kombinationen erarbeitet, mit denen die eigenen Marken auffindbar sind. Dazu gehören neben dem Markennamen auch Kombinationen aus Markenname+Kategorie oder Markenname+Produkt. Auch mehrsprachige Varianten in Englisch und Chinesisch sollten auf diese Liste.
Welche Suchwörter sinnvoll sind, ist individuell verschieden und stark von den Marken bzw. den Produkten abhängig. Bei manchen wird man nur nach Kategorien suchen, bei anderen nach der konkreten Marken- und Produktbezeichnung. Als Beispiel könnte man „Bosch Bohrmaschine“ vs. „VW Golf“ anführen. Im ersten Fall sucht ein User meist nur nach „Bohrmaschine“, während im zweiten Fall niemand nach einem „Kompaktwagen“ suchen wird.
Schritt 3: Definition von Stoppwörtern
Damit die Suchergebnislisten nicht von irrelevanten Ergebnissen überschwemmt werden, müssen Stoppwörter definiert werden. So könnte man beispielsweise bei der Suchwortkombination „Bosch Bohrmaschine“ Stoppwörter für Suchbegriffe wie „Buch“ oder „Maschinenöl“ definieren, damit Handbücher oder Hersteller-unabhängiges Zubehör zum Produkt nicht erfasst werden. Das macht zwar Mühe, spart aber in der Endanalyse Zeit und Kosten.
Schritt 4: API-Schnittstellen einrichten
Nutzt man für die Überwachung der Fake-Produkte ein entsprechendes Tool, kann dieses über Schnittstellen an die Marktplätze angebunden werden; das erleichtert das permanente Crawling nach Listungen. Hat man über die dargestellte Suche relevante Listungen gefunden, lassen sich natürlich viele interessante Informationen auslesen, wie z.B. lieferbare Mengen, Preise, Verkäuferinformationen und vieles mehr.
Schritt 5: Die Bildersuche nicht vergessen
Bei der Suche nach gefälschten Produkten spielen Bilder eine große Rolle. Oft reicht ein Blick auf das Bild, um zu wissen, ob es sisch bei dem Produkt um eine Fälschung, eine Copyright-Verletzung oder ein Design- bzw. Patent-Problem handelt.
- Bilder, die oft im Zusammenhang mit gefälschter Ware verwendet werden, können helfen, weiteren Missbrauch aufzudecken – sowohl von den gleichen als auch von anderen Verkäufern.
- Unter Copyright stehende Bilder vom Markeninhaber können für die Suche verwendet werden, um unerlaubte Nutzung aufzudecken.
- Mit Hilfe der Bilder lässt sich erkennen, ob Händler in Kombination mit dem Bild den Produkt- bzw. Markennamen korrekt bezeichnen, verändern oder weglassen.
- Wenn Verkäufer auf verschiedenen Marktplätzen oder Kanälen mit unterschiedlichen Namen aktiv sind, aber überall die gleichen Bilder verwenden, ermöglicht das Clustering der Bilder die Identifizierung dieser Verkäufer.
Mehr zum Thema Produktpiraterie und wie Hersteller ihre Marke schützen können, lesen Sie übrigens in unserem kostenlosen Whitepaper Produktpiraterie – Verbreitung, Risiken und Bekämpfungsstrategien.
Beitragsbild: © unsplash.com/ Ninety Eyes