Als Julia Ritter sich beim Amazon-Förderprogramm „Unternehmerinnen der Zukunft“ bewarb, war sie schon eine erfahrene Händlerin. 2009 hat sie mit desiary.de ihren eigenen Online-Shop für Wohndesign gestartet. Während der fünf Monate des Programms hat die zielstrebige Unternehmerin, als deren Mentor ich fungieren durfte, einige Weichen für ihr Geschäft neu gestellt. Ihr neues Motto: einfach mal machen, jeder Tag ist Day one.
Bei desiary.de gibt es vor allem eins: Schönheit. Ausschließlich außergewöhnliche Stücke, handgemachte Besonderheiten aus kleinen Manufakturen und zeitlose Kostbarkeiten schaffen es in das liebevoll ausgewählte Sortiment von Julia Ritter.
Die studierte Betriebswirtin und Innenarchitektin kann bei jedem ihrer Produkte genau erklären, woher es kommt und warum es einen Platz in ihrem Online-Shop hat. Soviel Liebe zum Einzigartigen – verträgt sich das mit dem größten Online-Marktplatz der Welt, auf dem jede Sekunde Hunderttausende von Produkten über den virtuellen Ladentisch gehen? Das war die spannende Frage, die Julia mit ihrer Teilnahme beim Förderprogramm „Unternehmerinnen der Zukunft“ aufwarf – und anfangs war sie sich selbst keineswegs sicher, wie die Antwort ausfallen würde.
„Ich habe auch schon vor der Teilnahme bei UdZ über Amazon verkauft, diesen Kanal aber eigentlich sehr stiefmütterlich behandelt“, sagt die Unternehmerin. „Ich habe einfach nicht gesehen, wie ich über diesen Massenmarktplatz meine Kernkompetenz, die Kuratierung, Beratung und das Story-Telling rund um meine Produkte rüberbringen soll.“
Ein Besuch auf der letztjährigen K5 änderte ihre Meinung. „Dort wurde mir klar, dass mittlerweile über die Hälfte der Kunden ihre Produktsuche auf Amazon beginnt – und dass wir deshalb dort dabei sein müssen.“
Nach der ersten Analyse haben wir sehr schnell die Arbeitsbereiche mit dem größten Umsatzpotenzial für desiary.de identifiziert – und die hießen „Eigenmarke“ und „Export“. Vor allem der Bereich Eigenmarke kam Julia sehr entgegen: Schließlich hat sie schon während ihres Studiums selbst Kleinmöbel entworfen und gebaut, sich aber letztlich gegen den Weg zum Hersteller entschieden.
„Früher dachte ich immer, meine eigenen Produktideen entwickle ich dann, wenn das Geschäft ansonsten so gut läuft, dass mir langweilig wird“, erinnert sich Julia. „Aber durch UdZ ist mir klar geworden: Eigenmarken sind eine echte Überlebensstrategie für kleinere Händler.“
Schnell wurde die Marke Adorist ins Leben gerufen, zu der bereits Produkte in fünf verschiedenen Produktkategorien gehören. Alle Decken, Marmortabletts, Vasen, Schmuckständer und Kissen hat Julia selbst designt. Nächstes Jahr soll sich das Adorist-Sortiment verdoppeln. „Ich habe wirklich großen Spaß daran, die Produkte zu entwerfen, die ich selbst vermisse“, lacht Julia.
An das zweite große Thema hätte sich Julia ohne UdZ wohl nicht herangetraut, wie sie selbstkritisch zugibt. „Der internationale Verkauf mit all seinen Hürden hat mich immer abgeschreckt“, so die desiary.de-Gründerin. „Aber mit Amazon kann man den internationalen Verkauf eben relativ risikoarm und barrierefrei einfach mal ausprobieren.“
Aus dem ersten skeptischen Ausprobieren wurde schnell mehr – denn offenbar lieben die internationalen Amazon-Kunden Julias Produkte. Mittlerweile verkauft sie auf den Amazon-Marktplätzen in Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien – und 20 Prozent ihres Amazon-Umsatzes erwirtschaftet sie im Ausland.
Auch im eigenen Online-Shop, hat sich der Auslandsumsatz seit Programmstart verdoppelt, dessen Anteil am Gesumtumsatz ist dadurch um 30% gestiegen. In diesem Jahr will sie alle Produkttexte übersetzen lassen, um ihre europäischen Kunden noch besser ansprechen zu können. Für ihren internationalen Erfolg wurde Julia beim UdZ-Programm mit dem Sieg in der Kategorie „Export“ belohnt.
Insgesamt hat desiary.de von den fünf Monaten beim UdZ-Programm sehr profitiert. Der Umsatzanteil der Amazon-Umsätze am Gesamt-Geschäft stieg in dieser Zeit von fünf auf 10 Prozent – „aber da geht noch mehr“, sagt Julia selbstbewusst. Diese Steigerung ist umso höher zu bewerten, wenn man weiß, dass auch die Shop-Umsätze überproportional um 35% gestiegen sind.
Auch wenn sie sich über das boomende Geschäft freut und auch mit einem Amazon-Anteil am Gesamt-Umsatz von 50 Prozent „kein Problem hätte, solange der Online-Shop auch wächst“, arbeitet sie an weiteren Standbeinen: Noch in diesem Jahr strebt sie eine Partnerschaft mit einem „anderen großen deutschen Marktplatz“ an, auch Etsy ist für sie als Vertriebskanal für die Eigenmarke Adorist interessant.
Und sie hat schon eine Menge andere spannende Ideen für ihr Geschäft. „Im Markt für Wohndesign ist sicher grundsätzlich noch viel Potenzial, z.B. in Sachen Social Media oder beim Influencer Marketing: Viele Fashion-Blogger entwickeln sich gerade in Richtung Lifestyle und Interior Design. Daraus könnte man etwas machen.“ Eine Unternehmerin aus echtem Schrot und Korn wie Julia schaut eben immer nach vorn.
Disclaimer: Die fünfte Ausgabe unseres Praxismagazins shopanbieter to go beleuchtet alle Aspekte der Königsdisziplin Handelsmarke und zeigt praxisnah auf, wie Online-Händler Eigenmarken gewinnbringend auf den Markt bringen.