Mit Spannung erwartet wird am 13.6.2014 das neue Widerrufsrecht. Doch viel interessanter dürften die Gerichtsurteile sein, die nach diesem Stichtag fallen. Denn sie entscheiden über Wohl und Wehe der Online-Händler bei Fragen und Problemen, die bereits vor der Rechtsänderung auftreten. Beruhigend ist, dass einige der Neuerungen durchaus zu Gunsten der Händler ausfallen. Sie unterstützen sie beim Geschäftsbetrieb und bieten finanzielle Vorteile. Der Gesetzgeber war bei der Fassung der Verbraucherrechte-Richtlinie (VRRL) bestrebt, den Warenhandel voranzutreiben und ihn gerade auch über die innerstaatlichen Grenzen hinaus zu fördern. Da es sich bei der VRRL aber um eine Richtlinie zum Schutz der Verbraucher handelt, müssen die Unternehmer leider auch Beschränkungen ihrer Rechte hinnehmen. Vor allem aber müssen die Änderungen am 13.6.2014 um 0:00 Uhr auf der Shop-Seite umgesetzt sein, denn eine Übergangsfrist gibt es nicht.
Die Nachteile
Anpassung der Widerrufsbelehrung erforderlich
Da die VRRL das Widerrufsrechts, das Verbrauchern gegenüber Unternehmern im Fernabsatzrecht zusteht, umfassend ändert, müssen Sie als Online-Händler Ihre Widerrufsbelehrung an die Neuerungen anpassen. Den Belehrungstext, den Sie zurzeit verwenden, müssen Sie folglich entweder umformulieren oder sogar völlig neu fassen. Das Muster, das Ihnen der Gesetzgeber – auch für die Neuregelungen – zur Verfügung stellt, ist leider nur beschränkt nutzbar (mehr dazu im Folgebeitrag). Allein die Erstellung eines abmahnsicheren Belehrungstextes dürfte daher mit erheblichem Aufwand und noch mehr Problemen verbunden sein.
Neben der Belehrung muss ein Muster-Widerrufsformular übermittelt werden
Hinzu kommt, dass Sie ab dem 13.6.2014 Ihren Kunden – am besten im Anschluss an die Widerrufsbelehrung – ein „Muster-Widerrufsformular“ zur Verfügung stellen müssen. Einen Vordruck also, den der Verbraucher nur noch mit seinen Daten ausfüllen und an Sie zurückschicken muss, um sein Widerrufsrecht wirksam auszuüben. Auch das soll der Vereinfachung des grenzüberschreitenden Warenversandhandels dienen. Denn dieser Mustertext ist für alle Mitgliedstaaten gleich. Daraus ergibt sich aber bereits das erste Problem. Zwar hat der Gesetzgeber auch diesen Text vorformuliert, fraglich ist allerdings, ob er auch in dieser Form verwendet werden muss, oder ob Unternehmer ein eigenes Formular erstellen und übermitteln dürfen.
Muster oder eigenes Widerrufsformular?
Es besteht schließlich auch keine Pflicht, das gesetzliche Muster der Widerrufsbelehrung zu verwenden. Diese kann vielmehr individuell erstellt werden Lediglich die gesetzliche Vermutung, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden, kommt dann nicht zum Zuge. Gilt das dann aber auch für das Muster-Widerrufsformular? Die Meinung der Juristen, geht bereits jetzt – noch vor der Umsetzung der Richtlinie – auseinander. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Sie – bis zu einem klärenden Gerichtsurteil – das gesetzliche Muster verwenden. Und zwar ausschließlich. Denn wenn Sie neben diesem Muster auch ein weiteres, selbsterstelltes Formular übersenden, könnte das zu Verwirrung beim Verbraucher führen und deshalb unzulässig sein.
Widerruf muss nicht länger in Textform erfolgen
Ob der Verbraucher das angebotene Muster für seinen Widerruf nutzt, kann er selbst entscheiden. Er ist gesetzlich nicht dazu gezwungen. Ab dem Stichtag kann er darüber hinaus auch entscheiden, in welcher Form er Ihnen gegenüber seinen Widerruf erklärt. Denn das zurzeit geltende Textformerfordernis, das einen Widerruf nur per Brief, Fax oder E-Mail zulässt, entfällt künftig. Ihr Kunde kann dann auch einfach bei Ihnen anrufen und den Vertrag telefonisch widerrufen. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass Sie ab dem 13.6.2014 einen geschäftlichen Telefonanschluss eingerichtet haben und die entsprechenden Telefonnummer angeben müssen (mehr dazu bereits im voran gegangenen Beitrag). Wie Sie die Abwicklung dieser Anrufe in Ihrem Geschäftsbetrieb einbauen, müssen Sie ebenfalls bis zum Umsetzungstag entschieden und das erforderliche System eingerichtet haben. Ob eine automatische Abwicklung möglich ist und welche Anforderungen an diese gestellt werden, wird erst die Zukunft zeigen. Dass Ihre Kunden aber auch verstärkt telefonisch widerrufen, ist nicht anzunehmen. Denn im Streitfall wären sie verpflichtet, sowohl die Erklärung, als auch die Einhaltung der Frist nachzuweisen. Das ist bei Anrufen aber nicht so leicht.
Rückzahlung wie Kaufpreiszahlung
Weitere Einschränkungen ergeben sich für die Händler innerhalb der Rückabwicklung des Vertrages nach Widerruf. Zurzeit können Sie selbst festlegen, auf welche Art und Weise Sie den Kaufpreis zurückzahlen. Häufig geschieht dies über eine Rücküberweisung. Es ist allerdings vielfach auch üblich, Gutscheine in Höhe des zu erstattenden Betrages auszustellen. So bleibt der Kunde an Sie gebunden, auch wenn er sich vom ursprünglichen Vertrag distanziert hat. Für Sie ist das ein enormer Vorteil, beim Gesetzgeber ist diese Praxis aber nicht gerne gesehen. Ab dem Stichtag ist sie daher nicht mehr möglich. Gutscheine dürfen zur Rückzahlung nur noch ausgestellt werden, wenn auch der Verbraucher zur Begleichung des Rechnungsbetrages einen Gutschein eingelöst hat. Die Rückzahlung muss künftig mittels desselben Zahlungsmittels erfolgen, das schon der Käufer zur Zahlung genutzt hat. Hat er den Betrag folglich überwiesen oder (bei Nachnahme) bar übergeben, müssen Sie ihn ebenfalls überweisen oder in bar zurückerstatten (wobei dann zu klären ist, wie diese Art der Rückzahlung in der Praxis durchgeführt werden soll).
Rückzahlung auch anderer Gebühren?
Im Zusammenhang mit der Rückzahlung kommt ebenfalls die Frage auf, welche Rechnungspositionen zurückzuerstatten sind. Klarheit besteht bzgl. des eigentlichen Warenpreises sowie der Kosten der Lieferung zum Kunden hin. Wie ist es aber mit Gebühren, die dadurch entstehen, dass der Verbraucher zur Begleichung des Rechnungsbetrages ein bestimmtes Zahlungsmittel genutzt hat. Erheben Sie also Gebühren dafür, dass der Kunde mit Kreditkarte zahlen kann, könnte es künftig dazu kommen, dass auch diese Kosten von Ihnen zu erstatten sind, wenn der Vertrag widerrufen wird. Klarheit können erst Gerichtsentscheidungen bringen. Allerdings dürfte die Pflicht zur Rückerstattung sehr wahrscheinlich sein. Denn bereits auf eine ähnliche Frage – nämlich die nach der Erstattungspflicht bzgl. der „Hinsendekosten“ – hat der mit der Frage befasste EuGH klare Worte gefunden (Urteil vom 15.4.2010 – Rechtssache C – 511/08).
Der Verbraucher soll nicht deshalb von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten werden, weil ihm dadurch Kosten entstehen, für die er keinen Gegenwert erhält. Lediglich die „unmittelbaren Kosten der Warenrücksendung“ dürfen ihm auferlegt werden. Bei den Gebühren für die gewählte Zahlart handelt es sich aber nicht um solche unmittelbaren Lieferkosten. Deshalb dürften diese wohl ebenfalls zu erstatten sein. Allerdings erging das Urteil auf Grundlage einer Richtlinie, die von der VRRL ab dem 13.6.2014 abgelöst wird. Eine gesetzliche Regelung gibt es dort zu der Frage nicht. Da aber der Verbraucherschutz auch weiterhin im Vordergrund steht, dürfte diese Argumentation auf die neue Rechtslage wohl übertragbar sein.
Die Vorteile
Neben den genannten Nachteilen gibt es eine Fülle von Regelungen zu Gunsten der Händler. Vor allem die neuen Fristen, die im Widerrufsrecht ab dem 13.6.2014 gelten, dürften die Händler zufrieden stimmen. Denn sie zwingen den Verbraucher nicht nur dazu, seine Entscheidung früher zu treffen und Ihnen mitzuteilen, sie beschleunigen auch die Rückabwicklung des Vertrages.
Widerrufsfristen
Mit Umsetzung der VRRL werden europaweit einheitliche Widerrufsfristen eingeführt. Es wird künftig nur noch zwei geben: die Regelfrist und die Maximalfrist.
Regelfrist
Um Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und Kosten zu reduzieren, hat der europäische Gesetzgeber beschlossen, in sämtlichen Mitgliedstaaten eine einheitliche Widerrufsfrist einzuführen. Sie beträgt 14 Tage und beginnt bei Verträgen über die Lieferung von Waren mit Zugang beim Käufer (bei Dienstleistungen und Lieferung digitaler Inhalte, die über Download oder Streaming übermittelt werden, mit Vertragsschluss). Die Monatsfrist, die zurzeit in Deutschland greift, wenn die (korrekte) Widerrufsbelehrung verspätet erfolgt, wird es ab dem 13.6.2014 nicht mehr geben. Allerdings beginnt auch nach der Gesetzesänderung die Regelfrist erst zu dem Zeitpunkt, zu dem Sie Ihre Kunden über das Widerrufsrecht belehrt haben.
Maximalfrist
Ebenso entfällt das „ewige Widerrufsrecht“. Denn ab dem Stichtag gibt es eine Maximalfrist, die auch dann das Recht zum Widerruf ausschließt, wenn Sie Ihre Kunden überhaupt nicht darüber belehrt haben. Mit Ablauf von 12 Monaten und 14 Tagen (ab Warenzustellung bzw. Vertragsschluss) hat der Kaufvertrag unwiderruflich Bestand.
Unendlicher Widerruf auch bei Altverträgen nicht mehr möglich
Auch wenn die Rechtsumsetzung eigentlich vorsieht, dass für Verträge, die noch vor der Gesetzesänderung (also bis einschließlich 12.6.2014) geschlossen wurden, weiterhin das „alte Recht“ gilt, gibt es auch bei diesen keine „unendliche „Widerrufsfrist“ mehr. Für „Altverträgen“ gilt dann ebenfalls die Maximalfrist von 12 Monaten und 14 Tagen (ab Zustellung bzw. Vertragsschluss). Um aber den Verbraucher nicht über Gebühr zu benachteiligen, endet sie frühestens am 27.6.2015, also 12 Monate und 14 Tage nach Umsetzung der VRRL (auch wenn die 12 Monate und 14 Tage seit Warenzustellung bereits verstrichen sind).
Da – bis auf diese Ausnahme – „altes Recht“ anwendbar bleibt, haben Sie die Möglichkeit, die Maximalfrist auf einen Monat zu verkürzen. Dazu müssen Sie „einfach nur“ die korrekte Widerrufsbelehrung nachholen. Denn dann gilt die nach geltendem Recht mögliche und auf Altverträge deshalb noch anwendbare „verlängerte Widerrufsfrist“.
Rückabwicklung wird beschleunigt
Auch die Fristen, innerhalb der die „beiderseitig empfangenen Leistungen“ zurück zu gewähren sind, nach dem der Vertrag widerrufen wurde, werden europaweit vereinheitlicht. Für deutsche Händler hat das sowohl Vor- als auch Nachteile. Für beide Vertragsparteien beträgt die Rückgewährfrist zukünftig 14 Tage. Zwar müssen dadurch auch Sie das Geld früher zurückzahlen, als noch nach geltendem Recht (aktuell haben Sie immerhin 30 Tage Zeit), aber auch Ihr Kunde muss schneller handeln. Es wird ihm nicht mehr möglich sein, sich Zeit für die Warenrücksendung zu lassen. Der Käufer muss sie vielmehr innerhalb der 14 Tage-Frist veranlassen. Nicht erforderlich ist aber, dass sie innerhalb dieser Zeit auch bei Ihnen eintrifft.
Zurückbehaltungsrecht
Ihr Vorteil bei der Vertragsrückabwicklung ist künftig das Zurückbehaltungsrecht, das Ihnen durch den Gesetzgeber zugestanden wird. Sie dürfen danach die Zahlung solange verweigern, bis entweder die Ware selbst oder zumindest ein Absendenachweis bei Ihnen eingetroffen ist. Solange also nicht belegt ist, dass die widerrufenen Artikel auf dem Rückweg sind, müssen Sie auch den Kaufpreis nicht zurückzahlen. Der Verbraucher ist gezwungen, in „Vorleistung“ zu gehen und erforderlichenfalls seinem Geld hinterher zu klagen. Sie als Händler sind in der komfortablen Situation, dass Sie Ihre Ware bereits zurückhaben (oder zumindest wissen, dass sie auf dem Weg ist), bevor Sie Das Geld aus der Hand geben müssen.
„Fristverlängerung“
Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass die Frist von 14 Tagen erst dann zu laufen beginnt, wenn die Ware oder der Nachweis bei Ihnen eingegangen ist. kommt eines von beiden nach Fristablauf bei Ihnen an, werden Sie wohl zügig auch das Geld zurückzahlen müssen. Wahrscheinlich muss die Rückerstattung dann sogar innerhalb weniger Tage (1-2 Werktage) erfolgen. Klarheit in diesem Bereich können aber – wie so oft – erst Urteile bringen.
Weitere Änderungen bei der Vertragsrückgängigmachung
Neben den Fristen ändern sich auch weitere Bestimmungen bzgl. der Vertragsabwicklung nach Widerruf. Besonders erfreulich dürften dabei die Regelungen über die Lieferkosten sein. Zukünftig bestimmt das Gesetz, wer die Hin- und Rücksendekosten zu tragen hat. Das muss also nicht länger vertraglich vereinbart werden.
Kosten für Versand zum Kunden
Auf Grund des bereits erwähnten Urteils des EuGH sind Sie bereits jetzt verpflichtet, die Versandkosten zurückzuerstatten. Dass diese Pflicht zukünftig gesetzlich festgeschrieben wird, stellt für Sie also keine Neuerung dar. Was sich daneben aber zu Ihren Gunsten ändert, ist der Umfang dieser Rückzahlungspflicht. Selbst wenn Ihr Kunde sich nicht für diese Versandart entschieden hat, müssen Sie nämlich nur noch die Kosten, die sie für Ihre günstigste Standardlieferung verlangen, erstatten. Zusätzliche Gebühren für die Sonderzustellung (z.B. Express-Lieferung oder Zustellung am Wunschtag) trägt der Verbraucher.
Rücksendekosten
Ebenfalls tragen muss er ab dem 13.6.2014 die Rücksendekosten. Auch das ist dann gesetzlich festgeschrieben. Nach aktueller Rechtslage müssen Sie diese Pflicht vertraglich vereinbaren. Die dafür notwendige „40-EUR-Klausel“ wird ab dem Stichtag der Vergangenheit angehören. Um sich nicht selbst die eigenen Rechte zu kürzen, müssen Sie sie dann aber aus den AGB entfernen. Denn sonst wird Ihr Kunde wohl nur verpflichtet sein, die Rücksendekosten für Waren zu übernehmen, die einen Wert von 40 EUR nicht übersteigen.
Ohne Beschränkung für alle Waren
Nach der künftigen Regelung muss der Käufer die Rücksendekosten uneingeschränkt tragen, also für sämtliche Waren unabhängig von ihrem Wert oder der Art der Rücksendung. Die Pflicht trifft ihn folglich sowohl für Artikel, deren Wert 40 EUR übersteigt, als auch für solche, die nicht auf dem normalen Postweg zurückgesandt werden können („nicht-paketversandfähigen Waren“). Der Transport dieser Speditionsgüter (z.B. Möbel oder Elektrogroßgeräte) muss vom Verbraucher ab dem 13.6.2014 nicht nur gezahlt werden, er muss ihn auch selbstständig organisieren. Es ist also nicht länger die Pflicht der Unternehmer diese Waren beim Käufer abzuholen.
Neue Ausnahmen vom Widerrufsrecht
Ebenfalls zu Gunsten der Händler werden zusätzliche Ausnahmetatbestände eingeführt. Für weitere Warengruppen wird es künftig entweder gar kein Widerrufsrecht mehr geben oder dieses erlischt – bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen – noch vor Ablauf der Widerrufsfrist.
Kein Widerrufsrecht
Zur ersten Variante zähen „alkoholische Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat“. Damit gemeint ist beispielsweise „vin en primeur“. Da diese Verträge einen gewissen spekulativen Charakter haben, wäre es ungerecht, das Preisrisiko allein den Händlern aufzuerlegen. Denn wenn sich der Wert der Ware nicht im Sinne des Käufers entwickelt, könnte er den Vertrag einfach widerrufen und sich so von dem für ihn ungünstigen Geschäft distanzieren. Durch den Ausschluss des Widerrufsrechts trägt jede Vertragspartei das gleiche Risiko.
Wegfall noch vor Fristablauf
Bei anderen Waren besteht ein Widerrufsrecht zwar zunächst, dieses entfällt aber noch vor Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen, wenn auch die weiteren Voraussetzungen vorliegen. Von dieser Neuregelung betroffen sind „digitale Inhalte und „Gesundheits- und Hygieneartikel“.
Digitale Inhalte
Digitale Inhalte sind Daten, die digital her- und bereitgestellt werden. Werden sie außerdem „unkörperlich“, also nicht auf einem Datenträger (beispielsweise einer CD oder DVD), sondern via Download oder Streaming übermittelt, entfällt mit Beginn der „Lieferung“ das Widerrufsrecht. Hintergrund der Regelung dürfte sein, dass nicht sichergestellt werden kann, dass der Verbraucher nach Widerruf keine Kopie der Daten behält. Sie als Verkäufer müssten also das Geld zurückzahlen, während der Käufer die „Ware“ in Form der Raubkopie behält.
Zu seinem Schutz muss der Verbraucher über diese Rechtsfolgen aber belehrt werden, bevor er mit dem Download beginnt. Der „Lieferung“ vor Ablauf der Widerrufsfrist muss er in Kenntnis der Rechtslage daneben auch zustimmen.
Werden die Daten auf einem Trägermedium verkauft, ändert sich an der bereits jetzt geltenden Rechtslage nichts. Es bleibt bei der regulären Widerrufsfrist. Vor Ablauf dieser Frist entfällt das Recht zum Widerruf nur dann, wenn der Datenträger versiegelt war und der Verbraucher dieses Siegel – wiederum in Kenntnis der Rechtsfolgen – gebrochen hat.
Gesundheits- und Hygieneprodukte
Was genau unter Gesundheits- und Hygieneprodukten, also „Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rücksendung geeignet sind“, gemeint ist, muss erst durch Richter festgelegt werden. Betroffen sein dürften aber solche Waren, die bereits durch eine einmalige Nutzung nicht erneut verkauft werden können. Das dürfte auf Windeln, Erotikspielzeug, Verhütungsmittel oder Hautcremes zutreffen. Der Unternehmer wäre zur Kaufpreisrückzahlung verpflichtet, würde aber keinen entsprechenden Gegenwert (in Form von wiederverkäuflichen Waren) erhalten.
Weitere Bedingung für den frühzeitigen Wegfall des Widerrufsrechts ist, dass der Artikel ein Siegel aufweist, das vom Verbraucher gebrochen wird.
„Doppelte Widerrufsbelehrung“
Für Händler stellen beide Ausnahmeregelungen zwar grundsätzlich eine Unterstützung Ihres Geschäftsmodells dar, sie erfordern aber Mehraufwand gegenüber anderen Produkten. Denn der Verbraucher muss in diesen Fällen doppelter belehrt werden. Da ein Widerrufsrecht zunächst besteht, ist auch eine „normale Widerrufsbelehrung“ erforderlich. Damit der Ausnahmetatbestand aber greifen kann, müssen Unternehmer zusätzlich auch darüber belehren, dass und wann das Widerrufsrecht noch vor Fristende erlischt.
Widerrufserklärung muss „eindeutig“ erfolgen
Damit zukünftig Klarheit darüber besteht, welches seiner Rechte der Verbraucher ausüben will, muss er – zumindest – den Widerruf Ihnen gegenüber „eindeutig“ erklären. Eine Kommentarlose Rücksendung der Ware oder die Nichtannahme vom Paketboten, wenn er sie übergeben will, reicht künftig nicht mehr aus. Dadurch entfällt zwar auch die Möglichkeit, statt des Widerrufsrechts ein Rückgaberecht einzuräumen, durch das bereits erwähnte Zurückbehaltungsrecht, bleibt Händlern eine vergleichbare finanzielle Sicherheit aber erhalten.
Gerichtlich geklärt werden muss allerdings noch, was als „eindeutig“ zu qualifizieren ist. Muss also beispielsweise das Wort „Widerruf“ verwendet werden oder genügen auch andere Formulierung den gesetzlichen Anforderungen?
Widerruf über Online-Formular
Da der Verbraucher ab dem 13.6.2014 nicht mehr gezwungen ist, den Widerruf in Textform zu erklären, bietet sich Ihnen als Unternehmer die Möglichkeit, auf Ihrer Shop-Seite zu diesem Zweck ein Online-Formular zur Verfügung zu stellen Dadurch müssten Sie nicht jeden Brief, jedes Fax oder jede E-Mail erst inhaltlich prüfen und dem entsprechenden Kundenkonto zuordnen, sondern könnten die Widerrufe automatisiert verwalten. Auch die Pflicht, derartig erklärte Widerrufe „unverzüglich“ (höchstwahrscheinlich innerhalb eines Tages) zu bestätigen, dürfte lediglich einmaligen Programmieraufwand erfordern. Denn die Bestätigung könnte beispielsweise mittels automatisch generiertem E-Mail-Versand erfolgen.
Fazit
Die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie in deutsches Recht am 13.6.2014 ist zwar mit Aufwand verbunden, hat aber auch zahlreiche Vorteile für Unternehmer. So wird sich in einigen Teilen der Geschäftsbetrieb vereinfachen, sich daneben aber auch die finanzielle Lage verbessern. Daneben bieten die Neuerungen Händlern die Möglichkeit, sich von Konkurrenten abzusetzen, in dem sie gesetzliche Vorgaben zu Gunsten ihrer Kunden vertraglich abändern.
Einziger Wermutstropfen dürfte das gesetzliche Muster für die Widerrufsbelehrung sein, das – wenn überhaupt – nur in wenigen Einzelfällen von Händlern genutzt werden kann. Es ist daher mit einer neuen Abmahnwelle zu rechnen.
Wenn Sie sich in Zukunft nicht mehr mit der Erstellung und Aktualisierung der Widerrufsbelehrung oder der anderen, im Online-Vertrieb erforderlichen Rechtstexte (z.B. dem Impressum oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) belasten wollen, hilft Ihnen das Angebot der Protected Shops GmbH weiter. Wir übernehmen nicht nur die Erstellung der auf Ihren individuellen Web-Shop zugeschnittenen Texte, sondern halten diese auch auf dem aktuellsten Stand. Kommt es wegen unserer Texte dennoch zu einer Abmahnung, übernehmen wir die Kosten. Mehr erfahren Sie unter www.protectedshops.de.
Wenn Sie mehr zu den Rechtsänderungen durch die VRRL erfahren wollen, werfen Sie doch einen Blick in unsere umfangreichen Whitepaper:
„Neue Spielregeln im Online-Vertrieb: Das ändert sich für Online-Händler in 2014“ unter www.protectedshops.de/neues-verbraucherrecht
„Zen – oder die Kunst, nach dem 13.6.2014 noch rechtssicher zum Widerruf zu belehren“ unter www.protectedshops.de/neues-widerrufsrecht
Ihr Protected Shops Team
Marc Ring meint
Hallo Frau Trautzold,
die Idee mit dem Online-Formular ist sicher nicht so gut. Was macht der Shop-Betreiber denn bitte mit Widerrufen ohne die zurück gesendete Ware? Soll er jeden Tag die Differenzen überprüfen und bei den Kunden nachhaken? Am Ende muss er dann sogar ohne die Ware das Geld erstatten?
Umgekehrt ist es auch unpraktisch zurück gesendete Waren ohne Widerrufserklärung separat zu lagern und beim Kunden irgendwann nachzuhaken, warum er die Ware zurück geschickt hat. Für diese Vorgänge kann man dann gleich neue 2-3 neue Mitarbeiter einstellen. Das sollte man dann doch eher handhaben wie heute etabliert, Gesetz hin oder her.
Katrin Trautzold meint
Hallo Herr Ring,
zukünftig ist es erforderlich, dass der Verbraucher seinen Widerruf „eindeutig“ erklärt. Dazu genügt es nicht, dass er lediglich die Ware ohne weiteren Kommentar an den Verkäufer zurückschickt. Tut er dies trotzdem, hat er sein Widerrufsrecht nicht wirksam ausgeübt. Der Händler müsste dann auch den Kaufpreis nicht erstatten. Unter Service-Gesichtspunkten – oder auch, um die zurückerhaltene Ware im Zweifel wieder in den eigenen Bestand aufnehmen zu können – könnten Sie selbstverständlich nachhaken. Verpflichtet sind Sie dazu aber nicht. Im Zweifel kann wohl davon ausgegangen werden, dass sich der betroffene Kunde bei Ihnen meldet, wenn er keine Reaktion auf die Warenrücksendung erhält. Das ändert natürlich leider nichts daran, dass Sie die Waren zunächst zwischenlagern müssten.
Da Händlern künftig ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, müssen Sie den Kaufpreis solange nicht zurückzahlen, bis entweder die Ware selbst, oder ein entsprechender Absendenachweis eingetroffen ist. Das heißt, selbst wenn eine eindeutige Widerrufserklärung – z.B. über das Online-Formular – eingegangen ist, können Sie die Rückzahlung verweigern bis Sie Ihre Ware zurückhaben (oder zumindest wissen, dass sie sich auf dem Rückweg befindet). Sie müssten folglich lediglich überprüfen, ob zu der zurückgesendeten Ware bereits eine Widerrufserklärung im entsprechenden Kundenkonto hinterlegt ist.
Auch wenn es aufwendig ist, die ganzen Rechtsänderungen ab dem 13.6.2014 in den Geschäftsbetrieb aufzunehmen, kann ich Ihnen nur empfehlen, genau das zu tun. Denn andernfalls kann es zu Abmahnungen kommen, die Sie viel Geld kosten könnten.
Peter meint
Für digitale Inhalte erlischt die Widerrufsfrist mit dem Lieferdatum / Download. Muss trotzdem ein „„Muster-Widerrufsformular“ “ bereitgestellt werden?
Katrin Trautzold meint
Hallo Peter,
bei Verträgen über „digitale Inhalte“, die nicht auf einem Datenträger geliefert werden, steht dem Verbraucher zunächst ein Widerrufsrecht zu. Die Frist beginnt hier bereits mit Vertragsschluss. Zwischen Vertragsschluss und „Lieferung“, also dem Download durch den Käufer, können durchaus einige Tage liegen. In dieser Zeit hat Ihr Kunde die Möglichkeit, seinen Kauf zu überdenken und sich gegebenenfalls vom Vertrag durch Widerruf wieder zu lösen. Deshalb müssen Sie auch in diesen Fällen die gesetzlichen Vorgaben einhalten und ihn entsprechend über seine Rechte belehren. Ab dem 13.6.2014 gehört dazu ebenfalls die Übersendung des Muster-Widerrufsformulars.
Also ja, auch beim Verkauf digitaler Inhalte müssen Sie das Muster-Widerrufsformular bereitstellen.
Vitalijs Hrapunovics meint
Mein Shop ist ein Vermittler zwischen der chinesische Firma und dem Käufer auf Basis von Dropshipping. Mein chinesischen Partner das 14-Tage-Rückgaberecht nicht akzeptiert. Wie ich in diesem Fall handeln soll? Sollte ich dennoch meinen Kunden dieses Recht geben und in meiner Widerrufsbelehrung anstelle der Adresse von meinem chinesischen Partner, von denen die Waren versendet wurden, meine Adresse angeben?
Warum soll ich die Lieferkosten zurückzahlen? Dies erhalte nicht ich, sondern ein Paket-Dienst.
Berücksichtigt das Gesetz eine solche Methode des Handels, wie „Dropshipping“?
Katrin Trautzold meint
Sehr geehrter Herr Hrapunovics,
beim Dropshipping (Streckengeschäft) werden Sie als Verkäufer Vertragspartner des Käufers, unabhängig davon, ob die Ware direkt von Ihrem Händler an Ihre Kunden geliefert wird. Es handelt sich rechtlich daher um einen normalen Kauf, bei dem der Verkäufer lediglich kein eigenes Lager vorhält, sondern die Ware direkt über den Großhändler oder Hersteller verschicken lässt. Auch solche Geschäfte werden vom Gesetz erfasst.
Das hat zur Folge, dass nicht Ihr chinesischer Partner das 14tägige Widerrufsrecht einräumen muss, sondern Sie.
Für die Rücksendung empfehle ich Ihnen, in der Widerrufsbelehrung die eigene, deutsche Geschäftsadresse anzugeben. Eine abschließende und rechtssichere Antwort auf diese Frage kann Ihnen aber nur ein Rechtsanwalt geben.
Zur Rückzahlung der sog. „Hinsendekosten“, also der Kosten, die bei der Warenzustellung an Ihren Kunden angefallen sind, sind Sie gesetzlich auch dann verpflichtet, wenn Sie die Gebühren an den Paket-Dienst weitergeben. Durch die Regelung soll dem Verbraucher die Kostenlast genommen werden, damit er nicht von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird.