Wie bereits in Teil 1 ausführlich geschildert, sind im Rahmen des Vertriebs und der Vermarktung von Bio-Produkten zahlreiche Regelungen zu beachten. Während der erste Teil insbesondere die rechtlichen Grundlagen behandelte, erläutert dieser zweite Teil die rechtliche Lage für Online-Händler und gibt ausführliche Praxistipps.
B. Anbieten und Bewerben von Bio-Produkten im Online-Shop
Für das Anbieten und Bewerben von Bio-Produkten im Online-Shop gelten Vorschriften, die der Händler als Werbender auch dann beachten muss, wenn er selbst nicht Erzeuger der Produkte ist:
Die Öko-Verordnung behandelt Kennzeichnung und Werbung ausdrücklich gleich. Wer also in seiner Werbung die genannten Begriffe oder das Siegel verwendet, muss auch für diese Werbung die gleichen Vorschriften beachten wie der Erzeuger, der sein Produkt als „Bio“ kennzeichnet (vgl. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Öko-Verordnung):
1. Pflicht zur Nennung des Codes der zuständigen Bio-Kontrollstelle
Der Werbende hat den Code der zuständigen Bio-Kontrollstelle zu nennen (vgl. Art. 24 Abs. 1 lit. A der Öko-Verordnung). Zu verwenden ist der Code derjenigen Stelle, die die jeweils letzte Erzeugungs- bzw. Aufbereitungshandlung überwacht hat. Wer selbst Bio-Lebensmittel erzeugt bzw. aufbereitet und diese dann auch selbst vermarktet, hat den Code der eigenen Kontrollstelle anzugeben.
Der Code ist nach dem Schema AA-BBB-333 aufgebaut, wobei „AA“ für den ISO-Code des jeweiligen Landes (z.B. „DE“ für Deutschland), „BBB“ für die Art der Erzeugung (z.B. „BIO“ für biologische Erzeugung) und „333“ für eine Referenznummer steht (also z.B. DE-BIO-789)
Dieser Code muss auch im Onlineshop innerhalb der Artikelbeschreibung angezeigt werden, wenn die Artikel online vertrieben werden. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Verordnung selbst, da dort ausdrücklich „Werbung“ mit „Etikettierung“ gleichgestellt wird (vgl. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung). Auch das Transparenzgebot des Werberechts gebietet diese Vorgehensweise, da ja der Verbraucher durch diesen Code in Lage versetzt sein soll, die zuständige Kontrollstelle nachzusehen.
Die Rechtsprechung hat diese Ansicht bestätigt. In diesem Zusammenhang wurde ein Onlinehändler per einstweiliger Verfügung verpflichtet, bei der Werbung für seine Bio-Produkte den Code der Überwachungsstelle zu nennen (LG Köln, 28.12.2010, Az. 31 O 639/10).
2. Keine Verwendung nachgeahmter Siegel!
Es ist grundsätzlich verboten, ein Erzeugnis oder einen sonstigen Gegenstand mit einer dem Ökokennzeichen nachgemachten Kennzeichnung, in den Verkehr zu bringen, jedenfalls sofern diese zur Irreführung über die Art der Erzeugung, die Zusammensetzung oder andere verkehrswesentliche Eigenschaften des gekennzeichneten Erzeugnisses oder Gegenstandes geeignet ist:
Das OLG Nürnberg hatte sich in einem Urteil vom 15.11.2011 (Az.: 3 U 354/11) u.a. mit der Verwendung eines dem Bio-Siegel nachgeahmten Kennzeichens „Bio-Mineralwasser“ auseinanderzusetzen.
Nach Aussage des Gerichts ist es verboten, ein Erzeugnis oder einen sonstigen Gegenstand mit einer dem Ökokennzeichen nachgemachten Kennzeichnung, die zur Irreführung über die Art der Erzeugung, die Zusammensetzung oder andere verkehrswesentliche Eigenschaften des gekennzeichneten Erzeugnisses oder Gegenstandes geeignet ist, in den Verkehr zu bringen.
Zwar bestanden zwischen Ökokennzeichen nach § 1 ÖkoKennzG und dem streitgegenständlichen Kennzeichen, dass der Beklagte benutzt hatte, gewisse Unterschiede. Diese sah das Gericht jedoch nicht als ausreichend an.
Die Kennzeichnung sei zur Irreführung über verkehrswesentliche Eigenschaften des gekennzeichneten Mineralwassers geeignet, da der Eindruck erweckt werde, dass es sich bei dem Siegel „Bio-Mineralwasser“ um ein Derivat des offiziellen Ökokennzeichens handele und die Bezeichnung damit ebenfalls staatlich geschützt sei. Der Beklagte wurde verurteilt, die Verwendung des „Bio-Siegels“ zu unterlassen.
Eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 13. September 2012, Az.: I ZR 230/11) bestätigt dies. Ein Nachmachen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 ÖkoKennzG setze zunächst voraus, dass das beanstandete Zeichen dem Öko-Kennzeichen ähnlich sei. Bei der Beurteilung der Frage, ob Kennzeichen einander ähnlich sind, sei hier – nicht anders als bei anderen Kennzeichen- grundsätzlich auf die Gesamtwirkung der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen.
Liege eine Ähnlichkeit der Zeichen in ihrem jeweils prägenden Bestandteil vor, könne dies eine Zeichenähnlichkeit begründen.
Wegen des damit bezweckten Schutzes der Verbraucher vor Irreführung handele es sich bei der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 ÖkoKennzG um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des Wettbewerbsrechts. Zum Inverkehrbringen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 ÖkoKennzG gehöre auch die produktbezogene Werbung.
3.Keine irreführenden Angaben bei Verwendung der Bezeichnung Bio!
Ein häufiger Grund für Abmahnungen im Bereich der Bio-Siegel und/oder der Werbung mit den Zusätzen „Bio“ oder „Öko“ sind irreführende Werbeaussagen:
Wird der Zusatz „Bio“ z.B. für pflanzliche Lebensmittel verwendet, muss das entsprechende Produkt nach den in der ÖkoV niedergelegten Grundsätzen des ökologischen Landbaus gewonnen worden sein.
Bei anderen Lebensmitteln kann die Bezeichnung „Bio“ oder „biologisch“ darauf hindeuten, dass das so beworbene Produkt frei von Rückständen und Schadstoffen ist:
So wurde es als irreführend angesehen, wenn ein Hersteller von Babynahrung mit dem Slogan „Für Ihr Baby bieten wir Bio-Nahrung rundum“ wirbt, obwohl sein Gesamtsortiment auch aus Rohstoffen besteht, die den an Bio-Rohstoffen zu stellenden Anforderungen nicht entsprechen (OLG München, Urteil vom 22.07.1993, Az.: 29 U 3591/93).
Wird das „Bio-Engagement“ eines Herstellers in der Werbung herausgestellt und ganz allgemein von „BIO-Früchten“ gesprochen, ist dies ebenfalls irreführend, wenn tatsächlich nur drei von elf Fruchtarten und vier von 38 Produkten in Bio-Qualität angeboten werden (OLG München WRP 1994, 134, 136).
Die Bezeichnung „Bio“ für ein Bier, das den üblichen Alkoholgehalt aufweist, wurde ebenfalls als irreführend untersagt (LG München Entscheidung vom 25.10.1990, Az.: 4 HKO 10006/90).
C. Praxistipps für Onlinehändler
Tipp 1: Um dem wettbewerbsrechtlichen Transparenzgebot sowie Art. 23 Abs. 1 Öko-Verordnung gerecht zu werden, müssen Onlinehändler
- die Online vertriebene Bio-Produkte im Vorfeld zertifizieren lassen;
- die Nutzung des Bio-Siegels vor der erstmaligen Verwendung bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung anzeigen;
- die Codenummer der Kontrollstelle, die für die Kontrolle des letzten Erzeugers oder Aufbereiters zuständig ist bzw. die Codenummer der eigenen Kontrollstelle bei Selbsterzeugern/Aufbereitern, in unmittelbar räumlicher Nähe zu den Begriffen „Bio“ und/oder „Öko“ bzw. im selben Sichtfeld wie das Logo abbilden. Diskutiert wird auch, den Code auf der Website einmal zentral darzustellen, sofern auf dieser Website bzw. in einem eigenen, gekennzeichneten Bereich ausschließlich Bio-Produkte eines bestimmten Erzeugers oder Aufbereiters vermarktet werden- aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlen wir aber die erstgenannte Variante;
Tipp 2: Als Symbol zur Produktbeschreibung sollten ausschließlich die offiziell anerkannten Bio-Siegel verwandt werden. Auf eine Werbung mit dem Bio-Siegel ähnlichen Zeichen sollte verzichtet werden.
Tipp 3: Bei der Bewerbung von Produkten mit dem Zusatz „Bio“ oder „Öko“ sollte darauf geachtet werden, dass die in der ÖkoV niedergelegten Grundsätze eingehalten werden und dass mit dem Begriff „Bio“ nicht in einem Zusammenhang geworben wird, der eine Irreführung von Verbrauchern hervorrufen kann.
Mercury meint
Danke für den Artikel. Es wäre eventuell noch hilfreich zu erklären, inwieweit sich die Verordnungen, Maßgaben und Tips auf „Lebensmittel“ beziehen und nicht etwa auf „Kosmetika“ die ja auch durchaus mit einem Bio-Label werben.