Wandel gehört seit jeher zum Handel. Das zeigt sich im stationären Bereich deutlich am Aussterben der Tante-Emma-Läden, dem Siegeszug der Discounter, dem Erfolg von Franchise-Modellen oder der rasanten Ausbreitung von Shopping-Centern. Das Internet hat die Dynamik erhöht und bereits jetzt ist eine scharfe Trennung von Online- und konventionellem Handel nur noch schwer vorzunehmen. Viele Onlinehändler benötigen ein stationäres Standbein und Betreiber von Ladengeschäften oder Hersteller verzichten auf Umsätze, wenn sie die Möglichkeiten des Internets missachten.In den letzten Jahren wurde insbesondere dem stationären Fachhandel triste Jahre vorhergesagt, während dem Internethandel goldene Zeiten prognostiziert wurden. Neuerdings scheinen sich jedoch – gerade wegen der aktuellen Entwicklung neuer Internettechnologien – die Zeichen der Zeit schnell zu ändern.
Nicht mehr die reinen E-Commerce-Modelle sind die bevorzugten Objekte der Investoren, sondern diejenigen Geschäftsmodelle im Internet die auf den lokalen Handel abzielen. So kommt es nicht von ungefähr, dass neben eBay und Amazon auch Google in Unternehmen investiert, die lokale Produkt- und Dienstleistungsangebote ins Internet bringen. Gerade letzterer hat hier beste Karten.
In den USA beispielsweise bietet Google bereits Produktdaten und -Verfügbarkeit der Handelsketten Best Buy, Sears, Williams-Sonoma, Pottery Barn, und West Elm online und in Echtzeit an. Zudem gibt es Berichte, nach denen der Internetkonzern für seinen Service Google Street View nicht mehr nur Straßenzüge fotografiert, sondern auch Innenansichten von Ladengeschäften für einen kommenden Dienst namens „Store View“ digitalisiert.
Wohin entwickelt sich der Onlinehandel?
Die technische Entwicklung und Veränderungen im Konsumverhalten setzen auch die bestehenden Online-Anbieter unter Druck. Händler mit einem beliebig – und deshalb austauschbar – wirkenden Sortiment stehen vor der Gefahr, von Branchenriesen oder Spezialanbietern verdrängt zu werden. Das gilt online wie offline.
Bedrohung „Location Based Services“
Das Thema „Convenience“ ist eines der wichtigsten Verkaufsargumente für E-Commerce-Anbieter. Im besten Fall finden Kunden bei einem Onlineshop schnell was sie suchen –Auswahl per Klick, Bezahlung per E-Payment und Lieferung ins Haus – bequemer geht es nicht.
Allerdings ist dieser Ablauf störanfällig. Es kann mehrere Tage dauern, bis die Ware zum Kunden kommt. Vielleicht trifft der Kurier den Kunden nicht an. Dann ist ein neuer Liefertermin zu vereinbaren oder das Paket muss umständlich bei der nächsten Niederlassung des Lieferdiensts abgeholt werden.
Genau an dieser Stelle werden Location Based Services zu einer gefährlichen Bedrohung für Online-Anbieter. Denn in der Summe bieten die Geschäfte in einem Stadt- bzw. Einkaufszentrum ein ähnlich breites Warensortiment wie Amazon oder Otto. Gelingt es, dieses Produktangebot – inklusive Warenverfügbarkeit – online zu erschließen, liegen die Trümpfe in der Hand des stationären Handels. Noch attraktiver wird das Kaufmodell „research online, purchase offline“, wenn Handys und Smartphones per mobilem Web einen einfachen Zugriff auf lokale Einkaufsmöglichkeiten bieten.
Um sich gegen diese Bedrohung zu wappnen, muss der Onlinehandel mit einem Angebot auf den Kunden zuzugehen, das es in dieser Form nur im Internet gibt. Das kann etwa die Spezialisierung auf eine Produktnische sein, die der stationäre Handel so nicht bietet. Online-Anbieter können auch durch „Live Shopping“-Formate, „Mass Customization“ oder den Aufbau von „Shopping-Communities“ einen Vorsprung gegenüber dem konventionellen Einzelhandel aufbauen.
Beim vorliegenden Text handelt es sich um einen Auszug aus dem Whitepaper „Handel im Wandel“ von shopanbieter.de. Dieses steht zum kostenlosen Download auf www.shopanbieter.de/handel-im-wandel bereit. Darin sind die Strategien und Chancen für Hersteller und Händler im Internet detailliert dargestellt.
In den nächsten Wochen werden wir mögliche Strategien den Herausforderungen zu begegnen, ausführlicher vorstellen und mit Praxisbeispielen unterlegen..
Michael Wiechert meint
Soso,
der stationäre Handel ist also der grösste Konkurrent des Distanzhändlers, nicht unbeindgt der andere Distanzhändler und beide werben teilweise in denselben Medien um denselben Kunden.
DAS finde ich ja eine wirklich „bahnbrechende“ Erkenntnis – auch wenn der obige Beitrag das natürlich viel schöner und moderner formuliert 😉
Peter meint
Ich finde ja lesen sollte vor meckern kommen, aber das hält jeder anders.
Es steht nirgends geschrieben, dass der stationäre Handel der größte Konkurrent des Online-Händlers.
Der Artikel zeigt die künftige technische Entwicklung und damit verbundene Gefahr für den Online-Händler auf. Dem werden ja sogar Sie zustimmen, oder?
Die größte Gefahr kommt tatsächlich von den anderen Distanzhändlern, aber vor allem von denen die heute noch gar nicht online sind oder zumindest nicht richtig.
Marc Porwik meint
Der m. E. wichtigste Faktor für den Käufer wurde nicht erwähnt., nämlich der Preis der Ware. Oder glauben Sie, daß der stationäre Handel mit seinen höheren Kosten, die gleiche VKP bieten kann wie das Web? Wir haben einige sehr, sehr große umsatzstarke Mitbewerber, die auch im Web verkaufen. Die haben, für uns glücklicherweise, im Internet die gleichen Hochpreise wie im Ladengeschäft….
Der Wettbewerb stellt sich nur dann als ein solcher dar, wenn beide, oder mehrere Anbieter die gleichen Artikel nur im Web verkaufen und Einer den Anderen bis zur absoluten Schmerzgrenze und tiefer unterbietet und wir es uns bei manchen Artikeln nicht erlauben können, oder wollen, diese Spiele mit zu machen.
Peter meint
Im Zusammenhang mit dem Artikel, finde ich die Preisdiskussion bzw. typischen Preisvorteile eines Onlinehändlers nicht so relevant, zumal hinlänglich bekannt.
Der Artikel soll aufzeigen, dass die künftige Entwicklung im Internet und mobilen Bereich eine Herausforderung für Online-Händler darstellt, der sie entgegnen sollten.
Ich bin aber tatsächlich der Meinung, dass der Faktor Preis deutlich vom Produkt und der Zielgruppe abhängt.
Im niedrigpreisigen Sortiment ist es den meisten doch egal, ob sie sich im Internet den einen oder anderen Euro sparen. Vor allem wenn sie das Produkt jetzt gleich möchten bzw. benötigen und/oder auch weitere Vorteile nutzen möchten die der stationäre Handel einfach bietet, zum Beispiel Beratung.
Davon abgesehen, kann es ja auch sein dass Produkte bei einem stationären Händler mal günstiger als im Netz zu finden sind. Und LBS erleichtern die Suche nach eben diesem gleich oder zumindest annähernd günstigen stationären Händler.
nicola meint
Ich glaube dass das „Preisvorteil“sargument zunehmend weniger zieht. Denn wer heute Onlinehandel macht muss – gerade auch wegen des oft starken Wettbewerbes – mitunter deutlich höhere Marketinganstrengungen unternehmen. Auch ein professionelles Shophosting, der Versand etc. bis hin zu Rechts- und Verpackungskosten summieren sich auf. Mancher Onlineshop dürfte mittlerweile fast vergleichbare Kosten wie (manch) ein Ladengeschäft haben…
Martin Gross-Albenhausen meint
Wenn ich mir die enttäuschenden ersten Versuche z.B. von Möbelhändlern im Internet ansehe, ist der stationäre Händler für versierte und innovative Onlinehändler keine wirkliche Gefahr. Auch gibt es derzeit noch ziemlich wenige stationäre Händler, die mit lokalen Coupons via Groupon arbeite. Das sind vor allem Dienstleister. (Dem Händler, der es versucht, wünsche ich viel Glück und noch mehr Kapital. Beides wird er brauchen.)
Ich sehe derzeit nicht viele Anbieter, die von ihrem Laden aus logistisch in Wettbewerb mit Onlinehändlern treten könnten. Dieser Aspekt wird häufig unterschätzt. Natürlich kann ich meine Verfügbarkeit anzeigen, aber wie gut kann ich typische Nachfragesituationen skalieren? Wie schnell erhalte ich Nachschub, wenn Google die Ware als verfügbar anzeigt, aber dann fünf Kunden das gleiche Paar Schuhe wollen? Oder 15?
Dennoch: Der stationäre Handel wacht gerade erst auf. Wir wissen ja noch gar nicht, wie Google/Android künftig bei der Produktsuche sein Ranking organisieren wird. Oder bei der Universal Search. Noch immer gehen neun von zehn Einzelhandels-Euro in die Geschäfte – nach 15 Jahren Onlinehandel. Das allein zeigt, dass der Kauf vor Ort für viele erste Wahl ist. Wenn die Händler diesen Vorteil nur halbwegs geschickt mit dem derzeit von Onlinehändlern dominierten Suchmaschinen-Marketing verknüpfen, können sie Kundenbudgets bei sich halten.
Wird das Oninehändler bedrohen? Glaube ich nicht – sofern sie einfach besser sind und der noch immer wachsenden Bereitschaft zum Kauf via Internet mit schneller Lieferung, erstklassigem Service, hoher Warenverfügbarkeit und vor allem auch auf den jeweiligen Informationsweg zugeschnittenen Vertriebskonzepten begegnen.