Die Handelsgruppe Douglas (neben der Parfümeriekette gehören dazu die Thalia-Buchläden, die Juweliere Christ, Süßigkeitenkette Hussel und die Appelrath Cüpperhat-Boutiquen) auf ihrer Bilanzpressekonferenz angekündigt, in diesem Jahr die Onlineaktivitäten massiv zu verstärken. Die derzeit online erzielten 5% des Gesamtumsatzes sollen binnen maximal drei Jahren auf 10% verdoppelt werden.
Dabei wird großes Augenmerk auf die perfekte Verzahnung von Offline und Online gelegt: Kein Kunden solle einen Douglas-Markt verlassen, ohne auf die Onlineangebote hingewiesen zu werden. in der Preispolitik werden Onlineprodukte und Ladenartikel gleichgestellt, allerdings denke man durchaus über spezielle Angebot nur für den Onlinekanal nach.
Im Dezember bereits hatte Kaufhof verkündet, seine Onlineaktivitäten zu verstärken und die Plattform Galeria-kaufhof.de deutlich auszubauen. Wie in den stationären Geschäften soll das Angebot hier weitgehend flächendeckend werden, auch Mode wird es geben. Auch beim Kaufhof ist ein nahtloses Ineinanderarbeiten von Onlineshop und Filialgeschäft geplant, beispielsweise sollen Online-Kunden ihre Artikel nach der Bestellung in der Filiale abholen können:
„Wir können Kunden Anreize bieten, ihre Ware in der Filiale abzuholen, statt sie zuschicken zu lassen“, erläuterte Kaufhof-Chef Lovro Mandac der Financial Times Deutschland. Er hoffe, im Netz neue Kunden zu erreichen. Gleichzeitig will er so die für die Wirtschaftlichkeit im Versandhandel wichtige Umtauschquote gering halten. Einen Kannibalisierungseffekt erwartet Mandac nicht, zwar werde es beim Start (geplant ist September) „auch die üblichen Geburtswehen geben“. Das sei aber normal.
Der Hintergrund für die Ausweitung der Onlineaktivitäten vieler „alter“ Handelskonzerne liegt in der Wandlung der Märkte – auch der Marketingmärkte. Da Kunden ihre Kaufentscheidungen heute mehr und mehr im Internet treffen, ist es entscheidend, sie dort ansprechen zu können. Kaufhof-Chef Mandac spricht dies im FTD-Interview offen aus:
Er sehe eine „entscheidende neue Einflussgröße für den Erfolg von Händlern“ im elektronischen Marketing. Daher brauche Kaufhof die E-Mail-Adressen seiner Kunden, sagte er der Zeitung.
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Herzlich aus Hürth
Nicola Straub
Michael Wiechert meint
Ohne Zweifel – klassische Handels- und Filialunternehmen die ins Netz drängen, ist ein absolutes Trendthema.
Dabei ist es für diese meist garnicht so einfach wie man glauben möchte – denn auf Dinge wie Kundenverwaltung und CRM ist man meist garnicht ausgerichtet. Das fängt allein schon bei der Schwierigkeit an, aus dem System eine Endkundenrechnung zu fakturieren.
Gleiches gilt für Kommissionierprozesse, die sich im Endkundengeschäft deutlich von der Bestückung einer Filiale unterscheiden.
All dies verursacht ersteinmal hohe Kosten und Aufwände.
Und dies alles für „NUR“ (sic!) 5 oder 10% des Umsatzes. Dass es hier dann auch firmenintern einiges an Widerständen zu überwinden gilt, ist denke ich mehr als nachvollziehbar.
Andreas Wellensiek meint
Das Multi-Channel-Marketing der einzige sinnvolle Weg für die Zukunft des Handels ist, halte ich für glasklar. Wenn ich dann immer mal wieder Aussagen höre wie „…wir brauchen also die E-Mail-Adressen unserer Kunden…“, dann wird klar, das die Großen immer noch nicht verstanden haben, wie Web 2.0, Online-Recherche, Preisvergleich und Meinungsbildung durch Erfahrungen und Produktbewertungen anderer Online-Shopper wirklich funktionert. Noch einen Newsletter mehr im E-Mail-Postfach ist eher Spam als Mehrwert.
@ Michael Wiechert: bei den Umsätzen lohnt sich der Aufwand, da sind 5% ein gutes Polster. Durch den Mehrumsatz sinken i.d.R. auch die Einkaufspreise und es ergeben sich zusätzliche Gewinne. Je später vernünftig in den Online-Handel eingestiegen, um so teuer wird die Umstellung.
Ulrich Glemnitz meint
Dass dieser Wandel der Märkte von einigen Handelskonzernen erst jetzt wahrgenommen wird, ist erschreckend.
5% mehr Umsatz heute, 10% mehr Umsatz in 3 Jahren. Und in diesem Tempo wird es weiter gehen. Klar wird man erst mal einige Investitionen tätigen müssen, um seinen Online-Auftritt ordentlich im Frontend und Backend aufzubauen, aber diese Anfangsinvestitionen amortisieren sich binnen kurzer Zeit.
Mittel- bis langfristig gesehen ist das der richtige Weg, denn das Leben der Menschen findet immer mehr online statt.
Michael Wiechert meint
@Andreas Wellensiek und Ulrich Glemnitz
Um nicht missverstanden zu werden:
Natürlich macht es für Filialunternehmen grossen Sinn online zu gehen – wobei es völlig unterschiedliche Ansätze gibt, vom quasi Komplettoutsourcing wo vielleicht 1, 2 Leute in der Zentrale die Dienstleister koordinieren über den Aufbau einer eigenständigen und paralellen E-Commerce-Division bis hin zum Wandel zu einem richtigen Multichannel-Händler der alles miteinander vernetzt.
Aber: 5-10% mehr Umsatz sind eben nicht sonderlich viel für ein expansives Filialunternehmen, das könnte in sehr vielen Fällen auch durch Neueröffnung weiterer Filialen erreicht werden – dafür macht aber die „Filiale Webshop“ ungleich mehr Arbeit, ist vielleicht auf Jahre ein firmeninterner Subventionsfall und passt im Regelfall schlecht in die normalen Abläufe und schlimmer noch in die normale Denke.
Insofern ist durchaus nachvollziehbar wenn es dort firmeninterne Widerstände gibt – die es aber spätestens mit Blick in die mittelfristige Zukunft lohnt zu überwinden.
Andreas Wellensiek meint
@ Michael Wiechert: Fakt ist, das die Kunden von heute schon kaum noch zwischen Online und Offline, also Online-Shop und Ladengeschäft, unterscheiden. Dadurch sind Kosten und interne Widerstände eigentlich zweitranrig, gebe Ihnen aber Recht, das es nicht immer einfach ist. Sie zeigen ja schon verschiedene Vorgehen auf. Sinnvoll ist m.E. für große Anbieter aber nur eine volle Verknüpfung und kein Nebeneinander, denn das werden die Kunden ggf. nicht verstehen. Zuerst muss vielleicht eine neue Denke in den Führungsebenen her bevor man startet, dann sind auch die großen Ketten für die Zukunft gut aufgestellt.
Michael Wiechert meint
Ja und nein – ich persönlich bin immer ein Anhänger von KISS – keep it simple and stupid.
Insofern ist es natürlich schön und sicherlich auch das erstrebenswerte Ziel, alles schö miteinander verutlichannelt zu haben.
ABER, einfach mal als ein Beispiel: Ein Weltbild fängt grad erst an, Abholung von Sendungen in der Filiale zu ermöglichen und Retourenaufgabe in der Filiale folgt noch. Conrad bietet eine solche Möglichkeit mW garnicht. Tchibo ebenfalls nicht – sind aber alles sehr erfolgreiche Distanzhändler und erfolgreiche Filialisten.
Insofern: Braucht es solche (unzweifelhaft komfortablen) Features, die Prozesse teilweise weiter verkomplizieren, unbedingt und zwingend zum Start? Nur als ein typisches Beispiel, woran sich dann gern aufgehangen wird, und was Entscheidungen und Livegänge ewig verzögert und verkompliziert.
Andreas Wellensiek meint
@ Michael Wiechert: Sicherlich kann man Schritt für Schritt starten, das Ziel muss es m.E. nur sein schon nach wenigen Monaten ein sinnvolles Gesamtsystem aufzubauen. Auch wenn ich mich wiederhole: es ist einfach so, das z.B. bei Deichmann jemand sich einen Schuh online bestellt, zu sich nach Hause oder in eine Filiale, und wo auch immer zurückgibt. Der Kundenwunsch ist auch nachvollziehbar. Habe bei vielen Vorträgen, z.B. von dem Marketingleiter von s.Oliver, gehört, das die selbst intern sagen „Offline und Online ist eine Welt“, die meisten Firmen schwören sich doch schon seit Jahren darauf ein. So plötzlich kommt das Alles nicht, diese Diskussionen im Handel hatten wir eigentlich schon 2007! Wenn das als Vorlauf nicht reicht…
Michael Wiechert meint
Natürlich, da besteht soweit ja auch keinerlei Dissenz – und mittlerweile ist die Internetnutzung auch soweit fortgeschritten, dass sich solche Konzepte auch wirklich tragen. Hypes und Geschäftsmodelle die ihre Nachhaltigkeit noch unter Beweis stellen müssen, gibt es schließlich im Netz geng 🙂
Da ich aber grad letztes Jahr für zwei ziemlich grosse Handelsunternehmen tätig war, die sich aus vielerlei Gründen weiterhin sehr schwer tun, online zu gehn, war es mir durchaus wichtig auch auf die Problemlagen hinzuweisen.
Dass ich diese Bedenken als Versandhändler durch und durch nicht wirklich teile, sollte jedem klar sein – aber ernstnehmen muss man diese, denn sie sind ja nachvollziehbar.
Umgekehrt wird es sicherlich so sein und kommen, und damit kommen wir zum eigentlichen Artikel zurück, dass sich Filialisten ein Stück vom Onlinekuchen zurückholen, allein schon durch ihre Offline-Werbemacht.
Für das was ein typischer offline-Händler an Werbe- und Sichtkontakten erreicht, wo er nur noch hinzu schreiben muss „jetzt auch online unte rxxx“ , muss er reine Onliner aber jede Menge Adwords schalten…