Wenn auch die Konkurrenz zwischen Oxid und Magento nicht marktentscheidend sein wird, sind die beiden Unternehmen seit April 2009 doch sehr ähnlich aufgestellt. Oxid eSales-Vorstandsmitglied Roland Fesenmayr geht davon aus, dass beide Enterprise-Versionen auf exakt die gleiche Zielgruppe abzielen. Allerdings sieht er sich nicht primär mit Magento in Konkurrenz, sondern mit allen großen Shop-Systemen. „Im Community-Bereich wird es ohnehin immer eine große Vielfalt geben, weil hier der Geschmack eine größere Rolle spielt als wirtschaftliche Aspekte“, erklärt Andreas Ziethen, Geschäftsführer des Oxid-Partners Anzido.
Auch wenn der Markt also groß genug für beide Unternehmen ist, lohnt sich ein genauerer Blick auf die angebotenen Systeme. Die beiden Open-Source-Shop-Lösungen machen aufgrund ihrer Komplexität die Umsetzung über kompetente Solutions-Partner erforderlich. Die Anpassung der beiden Enterprise-Shops wird ebenfalls größtenteils über Partner abgewickelt, wobei der Support des Herstellers hier bei Varien in gewissem Umfang im Preis inbegriffen ist (allerdings nur aus den USA) und bei Oxid eSales hinzugekauft werden kann bzw. muss. Varien bietet seit Veröffentlichung der Enterprise-Version keinen Support mehr für die Open-Source-Software an. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass deutsche Händler vor diesem Zeitpunkt den Hersteller-Support aus Amerika in Anspruch genommen haben.
Es gibt natürlich für beide Systeme kompetente Partner in Deutschland, welche aufgrund ihrer Komplexität für die Anpassung der Shops an individuelle Bedürfnisse auch gebraucht werden. Varien ist gerade dabei, seine Partnerangebote zu verändern, was bedeuten könnte, dass die Zahl an Magento-Partnern zukünftig abnimmt, welche momentan insgesamt die Anzahl der auf den Oxid-Seiten angegebenen Partner übersteigt. Der Bereich der deutschen Magento-Partner ist allerdings deutlich weniger umfangreich – Oxid eSales’ Partner sind fast alle aus Deutschland. Marion Engel von Magento-Partner Techdivision hat festgestellt, dass die Zahl der deutschen Magento-Partner im Vergleich zum Jahresanfang 2009 bereits leicht zurückgegangen ist: Sie sank demnach von 25 auf 22. Allerdings ist noch unklar, wie die Änderungen von Varien genau umgesetzt werden. Fesenmayr sieht Oxid hierzulande klar in der besseren Position: „Wir arbeiten mit 60 zertifizierten Partnern zusammen, welche die E-Commerce-Lösungen bei den Kunden implementieren, integrieren und teilweise sogar betreiben. Damit verfügen wir in Deutschland unter allen Open-Source-basierten E-Commerce-Lösungen über die längste und intensivste Erfahrung im Markt.“
„Die Features der beiden Systeme sind weitgehend vergleichbar“, urteilt Ziethen im Überblick. Engel hat die beiden Open-Source-Lösungen Anfang des Jahres über Referenzshops etwas genauer unter die Lupe genommen und befindet, dass Magento bei den HTML-Fehlern eindeutig die Nase vorn habe. Es gebe hier etliche fehlerfreie Seiten, was bei Oxid nicht der Fall sei. Zudem bemängelt sie bei Oxid das Fehlen der praktischen Layered Navigation, die Magento aufweist. Der WYSIWYG-Editor für die Pflege der Produktdaten im Back-End kann sowohl bei der Community-Lösung von Oxid eSales als auch von Magento nachträglich eingerichtet werden. Bei den Oxid-Kaufvarianten ist er bereits integriert.
Ziethen fasst die wichtigsten Vorteile der Oxid-Lösungen wie folgt zusammen: Die Systeme könnten dank der integrierten Modulschnittstelle sehr leicht erweitert werden, ohne den Programmcode zu verändern. „Das ist wichtig für die Updatefähigkeit“, erläutert der Geschäftsführer des Oxid-Partners. Die Software sei des Weiteren eingebettet in ein starkes Partner-Netzwerk. Sie werde testgetrieben entwickelt und der gesamte Entwicklungsprozess sei mittlerweile dahingehend optimiert, dass Bug-Fixes und neue Releases in Abständen von ca. 14 Tagen erschienen. Außerdem weist Ziethen darauf hin, dass die Anbindung an externe Services heute ein Muss für jeden ernsthaft betriebenen Onlineshop sei. „Die Bündelung solcher Schnittstellen im Rahmen einer einzigen Serviceplattform, wie Oxid eFire dies anstrebt und in vielen Bereichen bereits umsetzt, ist ein großer Vorteil für Shopbetreiber. Der Trend wird aber dahin gehen, dass solche Serviceplattformen nicht auf eine einzige Shopsoftwarelösung beschränkt bleiben“, so der Anzido-Geschäftsführer.
Techdivision-Geschäftsführer Josef Willkommer erklärt: „Der Hauptvorteil der Magento-Systeme ist sicherlich die riesige internationale Entwicklergemeinde.“ Auch wenn Oxid im deutschsprachigen Raum stark sei, könne das Unternehmen nicht an die Entwickler-Power hinter der Magento-Community heranreichen. Zudem seien auch die Shops von Varien sehr leicht durch die vielfältig angebotenen kostenfreien oder preisgünstigen Module erweiterbar. Die Magento-Enterprise-Lösung bietet im Gegensatz zur Community-Version zusätzliche, bereits integrierte Features wie etwa Geschenkkarten und das Einstellen zeitlich begrenzter Angebote. Außerdem ist es möglich, geschlossene Sales-Bereiche (zum Beispiel Shoppingclubs) einzurichten, auch für B2B-Kunden. Auf diese Möglichkeit hat Alexander Ringsdorff, Geschäftsführer der E-Commerce-Agentur Visions, in seinem Blog einen genaueren Blick geworfen und kommt zu dem Schluss, dass dies eine sehr spannende Option sei. Die wichtigsten Fakten zu Magento-Enterprise hat Willkommer auf seinem Blog sehr übersichtlich zusammengefasst.
Die Community-Editionen richten sich an kleinere Unternehmen und anspruchsvollere E-Commerce-Einsteiger, die Enterprise-Versionen an mittelständische und größere Unternehmen mit einem klaren Schwerpunkt im Bereich E-Commerce bzw. Versandhandel. Der Preise für die lizenzkostenpflichtige Software von Varien werden auf der Website ab 8.900,- US-Dollar (ca. 6.750,- €) angegeben. Die Basislizenz der Oxid-Enterprise-Edition kostet 12.990,- €. Details zu Funktionen und Preisen der Magento-Lösungen findet man unter http://www.magentocommerce.com/product/compare. Oxid bietet eine ausführliche Auflistung zur Enterprise-Lösung unter http://www.oxid-esales.com/de/produkte/enterprise-edition/preise und eine Vergleichsmatrix unter http://www.oxid-esales.com/files/produktvergleichsmatrix.pdf.
Noch eine kleine Anmerkung: Die im Artikel genannten Preise sind tatsächlich nicht optimal vergleichbar. Bei 8.900,- US$ von Magento handelt es sich um eine Jahreslizenz. Der vergleichbare Preis bei Oxid Enterprise in der Basisversion beträgt 3.990,- € zzgl. 1,75 Prozent monatlich für den Support- und Wartungsvertrag. Bei den oben genannten 12.990,- € handelt es sich um eine Summe, die nur einmalig fällig ist.
Björn Schotte meint
Hallo,
in diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Präsentation hinweisen, die ich auf der E-Commerce Conference gehalten habe – ein Vergleich der Systeme OXID eShop, Magento sowie xt:commerce: http://www.slideshare.net/mayflowergmbh/commercial-os-shops-magento-oxid-xtcommerce-evaluationskriterien-fr-enterprises
Ich halte es für etwas unglücklich, den Rückgang von 25 auf 22 Magento-Partner als ein Kriterium herzunehmen. Mal davon abgesehen, dass der absolute Rückgang weit weniger kritisch erscheinen mag als der relative (10%), ist es doch so, dass Partner kommen und gehen. Zumal viele Partner ja auch auf mehreren Hochzeiten tanzen – der OXID-Partner T-Systems MMS ist bei der Demandware investiert und nutzt demnach in Projekten auch unter anderem Demandware.
Viel kritischer halte ich es, dass Varien noch nicht in Europa bzw. in Deutschland (einem der größten OpenSource Märkte, wenn nicht sogar der größte, weltweit!) mit eigenem Standort vertreten ist und hierbei zunächst auf ein Partnernetzwerk angewiesen ist.
Andere Commercial OpenSource Systeme wie zB SugarCRM machen es meiner Meinung nach da geschickter. Sie sind als amerikanisches Unternehmen zuerst in den USA gewachsen, haben dann in Europa (Dublin) einen Standort aufgebaut und kommen nun bald nach Deutschland – und suchen erst dann bzw. parallel Partner. Ich hoffe, dass Varien hier nachziehen wird und einen Standort in Europa/Deutschland aufbauen wird.
Erwähnenswert ist noch, dass der Preis von Magento für 8.900 US Dollar sich pro Server pro Jahr (!) bezieht, während OXID für einmalig EUR 12.990,00 (Basislizenz) zu erhalten ist. Pro Jahr kostet die OXID Basislizenz EUR 3.990,00 (http://www.oxid-esales.com/de/produkte/enterprise-edition/preise), insofern ist der Preisvergleich im Artikel nicht ganz korrekt.
Grüße, Björn.
Disclosure: MAYFLOWER ist OXID Premium Solution Partner, hat in früheren Jahren auch mal mit xt:commerce gepitcht und sich im Zuge einer technischen Re-Evaluation Magento näher angeschaut.
e-fech meint
Interessante Wahrnehmung, die beide CEO´s an den Tag legen. e-commerce ist ein alter Hut, wenn sich – nach fast 15 Jahren digitalem Handel! – Produkte mit ähnlicher konzeptioneller und archtitektonischer Struktur immer noch maßgeblich unterscheiden sollten, obwohl sie für den gleichen Anwendungszweck geschaffen wurden, hat wohl irgendjemand seinen Job nicht gemacht.
Beide Systeme sind gültige Lösungenvarianten mit marginalen Vorzügen und Nachteilen, aber Effizienz und Nutzengrad stehen und fallen einfach nur mit der Integratorenqualität, deren Lösungskometenz und Visionsfähigkeit.
Ich frage mich bei aller „Kriegs- und Wettbewerbslust “ der Beiden eigentlich nur, welche Zukunft sie für ihre Unternehmen und letztlich für ihre Kunden sehen, wenn bereits die Mutter des Opensource e-commerce bei diesem Geschäfstmodell auf dem Rückzug ist?
Roman Zenner meint
Ich finde es spannend zu beobachten, wie sich die beiden Unternehmensphilosophien entwickeln werden: Varien kommt ja aus dem OpenSource-Lager und macht nun mit der Enterprise-Version die ersten Gehversuche im kommerziellen Bereich, bei Oxid verhält es sich genau umgekehrt.
e-fech meint
Tja, das Gras auf der anderen Seite ist halt immer grüner. Aber es zeigt erstens deutlich, dass es nicht an der Software an sich liegt. Ferner zweitens, dass auch das Vertriebs- und Penetrationsmodell nicht wirklich entscheidend ist. Und drittens, dass uns diesbezgl. offenbar ein erheblicher Wandel ins Haus steht. Die Konzepte sind nach einer Dekade halt überholt, die e-commerce / e-business Anbieter wird sich den neuen Wünschen und Fähigkeiten der Konsumenten anpassen müssen. Ob es allerdings erfolgversprechend ist, neuen Fragen mit alten Anworten zu begegnen, wage ich zu bezweifeln.
H.P. meint
Könnte es sein das man das Problem bei den neuen Fragen ausmachen könnte?
Um eine vernünftige Antwort geben zu können sollte man nämlich erstmal die Frage kennen. 🙂
e-fech meint
Die Shinxartigkeit des Kommentars bietet viel Raum zum dechiffrieren ;-). Erleuchtung?
Seidenland meint
Wir haben damals auf magento gesetzt. Wenn wir uns heute nochmal entscheiden müssten wären Oxid und Magento auch wieder die beiden Top – Favoriten in der Auswahl. Die diskutierten Unterschiede sind ja nicht wirklich gravierend – beides sehr schöne Systeme mit denen man eine prima Shop hinstellen kann…
Sebastian meint
Hallo, wir sind vor etwa 2 Jahren von XT Commerce auf Oxid Enterprise umgestiegen, und ich kann da jedem nur von abraten. Kurz nach der Insatllation gab es die ersten Probleme. Der Shop stürzte oft ab, war sehr langsam, SEO Urls gingen verloren, doublicate content die Folge… Der Support von Oxid absolut unterirdisch. Nach etwa 3 Wochen erschienen plötzlich im kodierten Bereich Dateien mit neuem Speicherdatum, aber kein Kommentar von Oxid. Als nächstes Stand ein Update an, und zwar von 2.7 auf 4.0. Leider war es kein Update im herkömmlichen Sinn, sondern ein kompletter Systemsprung, bei dem so dass sowohl Template, als auch alle Module kompklett neu angepasst werden mussten. Wieder 10.000 € futsch … Den guten Herrn Jankowsky (Oxid CEO) hab ich seitdem nicht mehr erreichen können, obwohl sein Verkaufstalent mich mit den Agumenten „schnelle, günstige Updatemöglichkeit“ etc. überhaupt dazu überredet hat, die Enterprise version zu kaufen, und nicht die Proffessional für 1800 € oder gar die kostenlose Community Edition. Das nächste Thema ist der Wartungsvertrag. Das bedeutet bei Oxid, dass man auf alle Supportanfragen erst mal lange „Warten“ muss, bis man, wenn man viel Glück hat, überhaupt eine Antwort bekommt. Meistens muss man 3 Mails schreiben und zigmal anrufen… Das Thema E-Fire wurde oben auch kurz angesprochen. Ich finde Oxid sollte sich erst einmal darauf konzentrieren ihre Bestandskunden zu pflegen, und bestehende Module fertigzustellen, anstatt eine Plattform ständig halbherzig zu erweiteren. So ist es in E-Fire nicht möglich freie CSV Exports zu definieren. Auf meine Anfrage wie ich den Hersteller für einen Preisvergleich-Export vor die Artikelbezeichnung (Da steht bei uns kein Hersteller) setze, kam von Oxid der ernstgemeinte Tip ich müsse die Datenbank umschreiben … Hallo? Ich benutze jetzt den CSV Maker von Beta-Company, und kann alles mit Hilfe eines Templates so ausgeben, wie ich es möchte. Und zwar mit 3 Klicks … und es kostet keine 2ct pro Klick;) Ich könnte mich hier noch stundenlang weiter auslassen, doch um es kurz auf den Punkt zu bringen: Wir werden wohl bald auf Magento umsteigen, und hoffen damit mehr Glück zu haben.
H.P. meint
Wie kommst Du darauf das es mit Magento besser geht?
Magento Löwe meint
Also, ich kann eigentlich über Magento nicht klagen. Bisher haben wir viele Kundenprojekte mit der Shop-Software umgesetzt und hatten kaum Probleme. Klar, kleinere Problemchen gibt es immer, aber die sind ja auch beim Software Riesen Microsoft keine Seltenheit. Wir bevorzugen Magento einfach aus dem Grund, dass man Ungelernte Mitarbeiter, recht schnell in die Materie einbeziehen können. Die Intuitive Bedienung und die Bekanntheit geben weitere Pluspunkte.
Micha meint
Guten Abend,
ich muss mal ganz kurz differenzieren.
Oxid vs. Magento zu vergleichen ist wie Äpfel mit Birnen.
Beide Systeme haben Vor.- und Nachteile, ganz klar.
Jedoch muss ich doch mal ein Appell an die Vorredner und Leser stellen.
Beide Systeme kosten Garnichts!!! Open Source meine Freunde.
Oxid als Beispiel:
Oxid CE = Oxid PE (nur verschlüsselt Zend bla bla)
Beide Versionen sind Code gleich.
oxid PE = Oxid CE = Oxid EE (EE bietet Subshops welche man sehr einfach auch in der CE und PE ermöglichen kann weil alle Funktionen im Framework enthalten sind.)
Magento bietet mehr in seiner CE Version als Oxid, aber das heisst nicht das Oxid das nicht kann.
Jeder von euch sollte dankbar sein und bei seinem System bleiben. Denn sowas kostenlos zu bekommen und damit Geld zu verdienen sollte euch doch reichen oder?