Greenpeace wurde schon vor knapp 50 Jahren gegründet und trotzdem kommen die Politiker in Berlin erst jetzt auf die Idee, das man vielleicht doch mal was für den Umweltschutz tun müsse. Aber nicht nur der allerneueste Vorschlag scheint von Stümpern gemacht.
Was gerade passiert ist ja der absolute Klassiker. Da wird jahrzehntelang die Augen vor etwas verschlossen, was offensichtlich ist. Aber nix passiert. Doch kaum kippen die Umfragenwerte, versuchen sich Politiker mit möglichst dummen Vorschlägen gegenseitig zu übertrumpfen.
Bei der Klimadiskussion scheints jedoch immer noch dümmer zu gehen. Der neueste Vorschlag stammt nun vom CDU-Abgeordneten Christian Haase. Er plädiert für eine Stärkung der deutschen Innenstädte und des stationären Einzelhandels und wirft die Frage auf, ob kostenfreie Retouren im Online-Handel wirklich der Standard sein müssten. Diese würde auch die Emissionen senken, so Haase.
Sein Kalkül also: Wenn Verbraucher für Rücksendungen bezahlen müssen, gehen die Retouren zurück, die Leute strömen in Scharen wieder in die Innenstadt und er wird der neue Greta.
Sicher ist es richtig, dass Retouren das Klima belasten. Aber anstatt die wirklich großen Probleme und Hebel endlich mal anzugehen, trägt man die Kämpfe lieber auf – im Vergleich – nachrangige Nebenkriegsschauplätze aus.
Warum sprechen wir nicht zuerst über die 18 Mio. Tonnen jährlich in Deutschland vernichteten Lebensmittel und deren negative Auswirkungen aufs Klima bei der Produktion, Lieferkette und Vernichtung? Und derer Beispiele gibt es viele.
Arghh, das geht ja gar nicht: Lobby zu stark und schlecht fürs Geschäft.
ralph munz meint
Sie haben in der Eile ganz vergessen, dass ja die Politiker uns Versandhändlern jede Menge „Rücksendegründe“ wie Widerrufsrecht etc. amtlich verordnet haben.
Vielleicht gibt es ja endlich mal einen bahnbrechenden Gesestzesvorschlag, der ein Rückgaberecht des Wählers für sonntagsredende und bekloppte Ideen verbreitende Politker gesetzlich vorschreiben.
Ralph P. Görlach meint
Nun, ganz so abwegig ist diese Überlegung tatsächlich nicht, wie sie vielleicht klingt. Man muss sich dazu zunächst einmal die Zusammenhänge vor Augen führen, um die Auswirkungen besser abschätzen zu können.
Kostenlose Rücksendungen erwarten viele Kunden. Ebenso wie den kostenlosen Versand. Das sind ja alles Selbstverständlichkeiten, die nicht extra bezahlt werden müssen. Nur Händler, die den Endkunden „abzocken“ wollen, erheben noch Gebühren für den Versand und die Retoure – so anscheinend die Meinung vieler Kunden. Also wird bestellt, was der Geldbeutel hergibt und da der Versand ja nichts kostet und die Rücksendung auch kostenlos ist, schaut man sich alles daheim in Ruhe an und schickt dann den Großteil der Waren wieder zurück. Der Dumme ist der Händler, der auf den Kosten sitzenbleibt – aber das ist dem geneigten Kunden natürlich völlig egal. Hauptsache er ist zufrieden und wurde nicht mit Kosten belastet. Denn er hat ja schließlich auch keine Leistung in Anspruch genommen …
Kostenloser Versand und kostenlose Retouren in der Kombination führen nachweislich zu einer deutlich höheren Retourenquote, denn der Verbraucher hat keinerlei Sensibilität dafür, dass der Transport schließlich doch von irgendjemandem bezahlt werden muss. Kostenlos heißt ja schließlich „umsonst“.
Wird dem Verbraucher aber umgekehrt plötzlich bewusst, dass er den günstig und versandkostenfrei bestellten Artikel kostenpflichtig zurücksenden muss, überlegt er sich plötzlich, ob die Selbstverständlichkeit einer Warenrücksendung einerseits die dabei entstehenden Kosten andererseits überhaupt wert ist. Eine im Sonderangebot erworbene Jacke für 6 EUR (inkl. Versand) lohnt sich natürlich nicht zurückzusenden, wenn die Post für ein Paket 6,90 EUR verlangt. Nur am eigenen Geldbeutel merkt der Verbraucher, dass sein Verhalten gar nicht so gut ist.
Trotzdem bieten viele Händler kostenlose Retouren an, um sich der übermächtigen Konkurrenz großer Internet-Anbieter zumindest stellen zu können und damit die Chance auf Bestellungen zu haben. Während bei großen Händlern die kostenlosen Retouren für bestimmte Warengruppen durch günstigere Preise im Einkauf oder quersubventionierte Produkte nicht allzu stark ins Gewicht fallen, wird ein kleiner Händler bald feststellen, dass sich kostenlose Retouren vor allem auch durch das völlig unreflektierte Verhalten der eigenen Kundschaft rasch zu einem immensen Kostenfaktor entwickeln.
Kostenlose Retouren erscheinen selbstverständlich. Ebenso wie es selbstverständlich ist, dass der Händler bei einem Widerruf von Gesetzes wegen auch die Kosten des Hinversands erstatten muss. Dabei gerät völlig aus dem Blick, dass bereits beim Hinversand ein erheblicher Nachteil zu Lasten des Händlers entsteht, denn dieser erhält den Hinversand von DHL auch nicht erstattet, nur weil der Kunde den Kaufvertrag widerrufen hat.
Gleichwohl jedoch hatte der Kunde beim Kauf bereits erhebliche Vorteile, die bei speziellen, im Lebensumfeld schwer zu erwerbenden Produkten besonders deutlich zu Tage treten: Der Verbraucher muss keinen langen Anfahrtsweg in Kauf nehmen, er muss keine Zeit aufwenden, er muss keine Fahrtkosten tragen und auch keine Parkgebühren zahlen nur um zu erfahren, dass das gewünschte Produkt vielleicht bei Händler XY in der Nachbarstadt erhältlich ist, in dieser Filiale aber schon lange nicht mehr … Die Verbraucher nehmen diese erheblichen Vorteile einer Bestellung im Versandhandel schon gar nicht mehr wahr.
Dazu kommt, dass die Verbraucher auch noch ein 14-tägiges uneingeschränktes Widerrufsrecht haben, welches es im stationären Handel natürlich nicht gibt.
Nun sollen die Verbraucher auch noch mit einer kostenlosen Rücksendung – dem Rundum-Sorglos-Paket „verwöhnt“ werden. Schließlich muss der Händler ja froh sein, dass der geneigte Kunde überhaupt eine Bestellung aufgibt. Da kann der Händler auch ruhig ein paar zusätzliche Kosten übernehmen, die primär dem wechselhaften und unentschlossenem Gemüt der Kunden geschuldet sind: Da es ja nichts kostet, wird aus einer Laune heraus bestellt. Schon kurze Zeit später weiß der Kunde zwar, dass er das Produkt nicht mehr haben will – doch warum den Händler schon jetzt kontaktieren? Man hat doch ein Widerrufsrecht und die Rücksendung ist ja auch kostenlos … Also lässt man die Ware anliefern, um sie entweder direkt zurückgehen zu lassen oder den Retourenaufkleber des Händlers für die Rücksendung zu nutzen ….
Zugegeben, dieses Szenario mag etwas überzeichnet sein, jedoch mag man bei einigen Kunden durchaus diesen Eindruck gewinnen.
Wenn nun ein generelles Verbot kostenfreier Rücksendungen käme, verbunden mit einer gesetzlich festgelegten Mindestgebühr – beispielsweise in Höhe des Paketentgelts der DHL – so würden sich viele Kunden überlegen, ob eine Rücksendung tatsächlich wirtschaftlich und überhaupt notwendig ist. Bereits im Vorfeld ergäben sich Überlegungen dahingehend, ob das Produkt überhaupt bestellt werden muss, nur weil man es im Versandhandel bequem daheim anschauen kann und nicht aus dem Haus muss.
In der Folge ergäben sich für viele Seiten handfeste Vorteile:
1) Pakte-Transporte werden vermieden, damit schon einmal etwas für das Klima getan
2) Große Konzerne können nicht gegenüber kleinen Anbietern mit kostenlosen Rücksendungen punkten. Dies wiederum dürfte auch für kleinere Händler ein Umsatzplus bringen, da dieser Wettbewerbsnachteil entfällt.
3) Einige Kunden würden künftig evtl. häufiger in Erwägung ziehen, wieder vor Ort zu kaufen, da gerade bei Kleidung und Schuhen, die ohnehin anprobiert werden müssen, sich die Passgenauigkeit im Geschäft ebenso gut überprüfen lässt wie daheim, nur dass dann die kostenpflichtige Rücksendung gespart wird.
Ich bin der Meinung, dass die Vorteile kostenpflichtiger Rücksendungen deutlich überwiegen und deshalb keinesfalls als „bekloppte Idee“ abgetan werden sollten – wenngleich dies oberflächlich vielleicht zunächst so scheinen mag.
Peter Höschl meint
Mir ging es im Artikel ausschließlich darum, dass erstmal die großen Themen angegangen werden sollten, bevor man kleinteilig wird. Zum Beispiel zu vermeiden, dass alleine in Deutschland schätzungsweise 18 Mio. Tonnen Lebensmittel vernichtet werden,
OtisC meint
Lieber Herr Höschl,
so sehr ich Ihre Beiträge sonst schätze, hier ist die Argumentation verfehlt. Nur weil es andere, vielleicht sogar noch größere Probleme gibt, die man auch erst noch lösen muss, gilt noch lange nicht, dass man das aktuell vorliegende Problem deswegen ignorieren soll. Insbesondere, wenn man eine „Lösung“ für das „Problem“ schon zur Hand hat und das sachlich erörtern könnte. Ich bin recht sicher, dass dieser logische Fehlschluss sogar einen Namen hat, aber ich habe gerade nicht die Möglichkeit, ihn nachzuschlagen.
mit besten Grüßen
Peter Höschl meint
Liebe/r Otis,
da haben Sie grundsätzlich vollkommen recht. Das eine schließt das andere nicht aus. Mir ging es auch nicht um den Vorschlag an sich.
Kurz Vorweg: Der Artikel ist eher als persönliche Meinungsäußerung, denn als shopanbieter.de-Artikel, zu verstehen. Aber mir persönlich fehlt halt einfach das Verständnis, dass „die“ Politik 30 Jahre gefühlt nichts macht und erst wenn es die Umfragewerte notwendig machen, überschlägt man sich gegenseitig mit unausgegorenen Vorschlägen und Forderungen. Unausgegoren auch deshalb, da jede Medaille immer drei Seiten hat. Und man dementsprechend auch alles von mehreren Seiten betrachten sollte. So wirkt das meiste mehr als Flickschusterei oder schnelle Beruhigungspillen „Jetzt haben wir es aber wirklich verstanden“.
Aber gleichzeitig, das viel größere Problem, das der Lebensmittelverschwendung bspw. bisher wieder nur von den üblich Verdächtigen (ehemals einsamen Rufern) thematisiert wird. Und da frage ich mich durchaus, warum dies so ist. Immer vorbehaltlich, dass ich in der täglichen Berichterstattung möglicherweise etwas nicht mitbekommen habe.
Disclaimer: Auch dieser Kommentar ist als persönliche Meinungsäußerung zu verstehen. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass es bei derlei komplexen Themen fast unmöglich ist, als Privatperson alle Sichtweisen, Fakten usw. zu erfassen. Ich also immer der Gefahr laufe, dass ich einen wichtigen Aspekt übersehe oder nicht kenne, welcher meine Meinung komplett ad absurdum führen könnte. Aber so geht es uns letztlich Allen und bei den meisten Themen. Auch ein Grund warum wir bei shopanbieter.de versuchen möglichst neutral zu bleiben. Irgendwas übersieht man (fast) immer.
Bürger meint
Diesen Vorschlag von Anfang an erst mal als völlig lächlich und deppenhaft darzustellen, einen Vorschlag der durchaus zielführend ist und auch den Wettbewerb des stationären Handels gegenüber dem Versandhandel stärkt, und tonnenweise CO2 einspart ist mal völlig daneben!
Ich vermute der Autor bestellt die identische Hose in drei Größen und vier Farben oder betreibt selber einen e-Commerce Shop, anderes ist ein so plumper Versuch einen wirklich guten Vorschlag (ja, endlich mal ein Vorschlag der auch nachweislich was bringt) völlig ins absurde zu ziehen!
Edit: siehe da, e-commerce Experte…
Jetzt gerad auch erst gemerkt dass ich in meiner Google suche zu dem Thema auf shopanbieter.de gelandet bin…
Schreibt doch KOMMENTAR drüber!
Peter Höschl meint
Es ging nicht um den Vorschlag per se, sondern darum dass es m.E. viel grössere und wichtiger Hebel gibt.
Wer möchte, kann dies auch recht einfach im Artikel rauslesen, zB. ganz am Anfang: „Greenpeace wurde schon vor knapp 50 Jahren gegründet und trotzdem kommen die Politiker in Berlin erst jetzt auf die Idee, das man vielleicht doch mal was für den Umweltschutz tun müsse.“
Oder hier „Sicher ist es richtig, dass Retouren das Klima belasten. Aber anstatt die wirklich großen Probleme und Hebel endlich mal anzugehen“
Oder hier „Warum sprechen wir nicht zuerst über die 18 Mio. Tonnen jährlich in Deutschland vernichteten Lebensmittel und deren negative Auswirkungen aufs Klima bei der Produktion, Lieferkette und Vernichtung?“
Oder der geneigte Leser schaut sich einfach meinen ergänzenden Kommentar eine Zeile drüber an.
Wer das nicht möchte, unterstellt mir halt, ohne mich zu kennen, ich sei wohl ein Auswahlbesteller ohne Umweltbewusstsein. Und liegt damit doch von der Wahrheit soweit weg, wie die Erde vom Mond. Ich habe noch nie eine Auswahlbestellung gemacht.
Ist irgendwie so als würde ich Ihnen unterstellen, Sie seien wohl ein Lobbyist der Lebensmittelindustrie. Irgendwie daneben, oder?
Rene Hofmann meint
Ich glaube, dieser Kommentar spricht einigen Betreibern aus der Seele – mir jedenfalls!
Erwin Schwöller meint
Der Gesetzgeber wollte mit dem Fernabgabegesetz mit Rücknahmeverpflichtung von Waren dem Versandhandel Knüppel vor die Füße legen zum Vorteil der Laden-Geschäfte um diese zu stärken.
Genau das Gegenteil ist passiert.
Die Kunden schätzen es, dass sie Unmengen von Artikel nachhause senden lassen und diese wieder kostenfrei zurücksenden wie bei Amazon-Prime z.B.
Wer sollte sich bei einem Elektrofachhandel noch etwas kaufen, wenn er beim Kauf im Laden kein Rückgaberecht hat, aber wenn er es von einem Internetshop kauft dieses Rückgaberecht schon hat.
Möchte ich in einem Elektromarkt einen In-Ohr-Kopfhörer erwerben, kann ich diesen aus hygienischen Gründen nicht probieren. Habe ich diesen gekauft, kann ich diesen auch nicht mehr zurückgeben, wenn er mit nicht gefällt von Lautstärke – Bass usw.
Kaufe ich 10 Kopfhörer im Internet, probiere diese Zuhause aus und sende 9-10 wieder zurück – stellt das kein Problem dar.
Kaufe ich bei Media-Saturn usw. einen Fernseher und merke, dass dieser nicht richtig funktioniert, od. zu kompliziert in der Bedienung ist, kann ich diesen zur Media-Servicestelle selber bringen die ev. 20Km entfernt ist, dann 3-5 Wochen warten bis er repariert ist und diesen wieder 20 Km entfernt abholen.
Kaufe ich diesen Fernseher im Internet, geht er am nächsten Tag an den Versender zurück über einen naheliegenden Paketshop und 2 Tage später steht ein neuer vor der Haustüre.
Wer soll da noch im Laden einkaufen !!! OK – die Dummen oder Idealisten.
Das Fernabsatzgesetz schädigt die Einzelhandels-Betriebe enorm – hat aber in der Politik noch Keiner kapiert. Es müßte genau umgekehrt sein.