Alle paar Wochen werden Websites Preise verliehen. Doch beurteilen die Jurys fast ausschließlich ihr Design. Selten spielt die Usability eine Rolle und noch seltener würdigen sie den Inhalt der Sites. Anders ist das beim Wikipedia-Schreibwettbewerb, bei dem es ausschließlich um den Inhalt einzelner Seiten geht.
Der aktuelle benutzerfreun.de-Newsletter verdeutlicht anhand eines sehr lebhaften Beispiels wie wichtig gute Texte für die Benutzerfreundlichkeit sind.
Am 24. April gab die Jury den Sieger des vierten Schreibwettbewerbs bekannt: der Eintrag für den Braunbär. Für Gestaltung und Navigation kann man sich für die eigene Site wenig abgucken, aber für das Schreiben von Texten eine ganze Menge. Aus der Begründung:
„Dem Autor ist es gelungen, eine unstrukturierte Ansammlung von Schlagworten in einen mitreißenden Text zu verwandeln, der von der Biologie über die Bedrohung bis zur Heraldik jeden Aspekt lückenlos behandelt. […]
Die ausgewogene allgemeinverständliche Darstellung und die charmante Illustration haben die Jurymitglieder davon überzeugt, diesen Artikel als primus inter pares anzusehen. Jedem weiteren Wikipedia-Artikel zu einer Tierart kann diese exzellente Darstellung nur als Vorbild dienen.“
Nicht nur für Texte über Tiere, nicht nur für Lexikoneinträge, sondern für alle Seiten, die komplexere Themen beschreiben, kann diese Seite als Vorbild dienen, meint Jens Jacobsen. Das können Beschreibungen der Firmengeschichte, Hintergründe zu Dienstleistungen sein, die Sie anbieten oder auch Bedienungsanleitungen.
Anhand einiger Beispiele beschreibt Jens Jacobsen auch warum der Bärenartikel gut ist. Außerdem, zitiert er aus einer Wikipedia-Seite, auf der Autoren nachlesen können, wie man gute Texte schreibt. Das ist nicht nur für angehende Lexikonmitarbeiter interessant, sondern für jeden, der Texte schreiben möchte, die auch gelesen werden.
Beispiele gefällig?
Anders als es sich viele aus der Schule fälschlicherweise gemerkt haben, bringen nicht Adjektive, sondern Verben Leben in die Sätze. Eine Beschreibung wie
„Der Hund war ein lebhafter, sprunghafter Charakter.“
ist statisch und wird auch dadurch, dass sie zwei Adjektive verwendet, nicht anschaulicher. Besser lässt sich dieser Inhalt verdeutlichen durch:
„Kaum von der Leine, raste der Hund über die Wiese.“
Dabei entsteht ein Bild im Kopf des Lesers. Und das liest sich angenehmer und ist leichter zu verstehen – nicht nur bei Tiergeschichten. Statt
„Bei Inbetriebnahme ist die grüne, blinkende Lampe sichtbar.“
schreiben Sie lieber:
„Wenn Sie das Gerät einschalten, blinkt die Lampe grün.“
Ich fürchte ich muss mich demnächst mal an die eigene Nase fassen, vor allem auch bei dem Passus "Die meisten von uns verwenden überflüssige Füllwörter. Diese können Sie fast immer ersatzlos streichen: aber, auch, nun, dann, doch, wohl, allerdings, eigentlich" fühle ich mich ertappt.
http://www.benutzerfreun.de/newsletter/archiv/2006_05_Texte.html
aktueller benutzerfreun.de-Newsletter
http://de.wikipedia.org/wiki/Braunbär
Der Sieger des vierten Schreibwettbewerbs
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Wie_schreibe_ich_einen_guten_Artikel
Die Formulierungstipps für Lexikonautoren und andere Schreiber