Der japanische E-Commerce Konzern Rakuten ist mit der Übernahme der Online-Plattform Tradoria – das Bamberger Unternehmen firmiert am 28. Januar 2012 in Rakuten Deutschland um – auch in Deutschland ins Rampenlicht getreten. Doch wer ist der unbekannte Riese aus Fernost?
Rakuten wurde 1997 gegründet und betreibt heute in Japan den Online-Marktplatz Rakuten Ichiba sowie das C2C-Portal Rakuten Auction. Der Konzern beschäftigt weltweit mehr als 10.000 Mitarbeiter, erzielte 2010 einen Umsatz von umgerechnet 4,2 Milliarden Dollar und zählt damit zur Top Ten der weltgrößten Internet-Companies. In den vergangenen Jahren intensivierte Rakuten seinen Expansionskurs und übernahm neben Tradoria in Deutschland auch Buy.com in den USA, Priceminister.com in Frankreich sowie Play.com in Großbritannien. Zuletzt hat das Unternehmen im November die Übernahme des eBook-Anbieters Kobo bekanntgegeben.
Mit einem Überblick über die internationalen E-Commerce Trends 2012 gibt Rakuten nun Einblick in seine Optik und die daraus resultierende Schwerpunktsetzung. Zu den sechs wichtigsten, von dem japanischen Konzern hervorgehobenen Trends zählen:
- M-Commerce und „T-Commerce“
Nach Auffassung von Rakuten wird die umfangreiche Funktionalität von Tablet-PCs die traditionelle Online-Schnäppchenjagd stark beeinflussen. Im Unterschied zum recht beschränkten Einkaufserlebnis im bisherigen E-Commerce würden Tablet-Nutzer zu Kunden in einem „virtuellen Geschäft“, das Ware fast zum Anfassen nahe präsentiere. Der japanische Konzern setzt bereits aktiv auf das kommerzielle Potenzial der Tablet-Rechner und hat dazu die Online-TV Formate SuperTV in Japan sowie BuyTV in den USA gestartet. Unter anderem Video-Tests von Produkten sollen das Tablet-Shopping noch attraktiver gestalten. - Integration von On- und Offline
Auch Rakuten setzt auf Barcode Scan-Dienste wie ShopSavvy oder Barcoo, die Anwendern helfen, das beste Angebot zu finden, indem sie den Barcode eines Produkts im Geschäft einscannen und online nach noch günstigeren Offerten suchen können. Der japanische E-Commerce Konzern sieht hier allerdings eine besondere Herausforderung darin, neue Systeme und Wege zu schaffen, die sowohl Online- als auch Offline-Ökosysteme vergüten und so den Einzelhandel nicht kannibalisieren. - Shopping in Sozialen Netzwerken
„Heute geht der Verbraucher nicht mehr mit einem Freund oder einer Freundin zum Einkaufsbummel, sondern nimmt sein komplettes Soziales Netzwerk mit“, heißt es in Rakutens Trendbeobachtung. Händler sollten daher Soziale Netzwerke nicht mehr nur zur Steigerung der Markenbekanntheit nutzen, sondern auch zur Produktentwicklung und für einen guten Kundenservice. Um die Kunden in den Sozialen Netzwerken abzuholen, hat der japanische E-Commerce Konzern ein eigenes „Mini-Affiliate“ Tool entwickelt: Rakutens ShopTogether-Funktion ermöglicht es Verkäufern, soziale Services in bares Geld umzuwandeln, indem Kunden Freunde einladen können, ein bestimmtes Produkt anzusehen oder darüber zu chatten. - Personalisierte Kundenansprache
Nach Ansicht von Rakuten müssen sich Händler heute immer mehr anstrengen, um auch nur kurz die Aufmerksamkeit ihrer bereits über-informierten Internet-Kunden zu gewinnen. Um diese wirklich zu fesseln und mit ihnen schnell, personalisiert und mit relevanten Themen in Kontakt treten zu können, müssen Händler lernen, sich deren spezifische Kundendaten zu Nutze zu machen. Allein basierend auf dem Surf-Verhalten der Kunden lassen sich riesige Datenmengen erfassen, Aufgabe der Marketing-Teams ist es nun, die Erkenntnisse aus diesen wertvollen Daten in Strategien zur aussagekräftigen und zeitnahen Kommunikation mit den Kunden umzusetzen. - Flexible, lokale Liefermodelle
Zufriedenstellende Lieferbedingungen betrachtet Rakuten als eines der wesentlichen Kriterien bei der Optimierung der Conversion. Dabei gelte es vor allem die Präferenzen der Verbraucher vor Ort zu berücksichtigen. So stünden beispielsweise in Indonesien Käufer Online-Bezahlung eher skeptisch gegenüber. Um diese Hürde zu überwinden hat Rakuten dort ein Liefermodell aufgebaut, bei dem Fahrradkuriere das Geld beim Ausliefern der Ware entgegen nehmen. Für den europäischen Markt betrachtet der japanische E-Commerce Marktführer dagegen das Thema Click- und-Collect (Ware online bestellen, im Laden abholen und bezahlen) als besonders relevant. So seien zum Beispiel 10,4 Prozent aller E-Commerce-Verkäufe in Großbritannien in der vergangenen Weihnachtszeit stationär abgeholt worden. - Internationale Expansion
Angesichts der Akquisitionen von Rakuten in Deutschland, den USA, Großbritannien und Frankreich ist naheliegend, dass die internationale Expansion für den E-Commerce Konzern zu den wichtigsten Themen für 2012 zählt. Gerade internationale Marktplatz-Modelle ermöglichten dabei Händlern aller Größen die weltweite Expansion, ohne die hohen Kosten tragen zu müssen, die normalerweise mit dem Aufbau von Lieferstrukturen, Lagerräumen und ähnlichem einhergehen. Priorität für Rakuten und die angeschlossenen Händler haben dabei Märkte wie China, Indien oder Brasilien. Aber auch auf Seiten der Kunden sieht der Konzern ein großes Interesse am grenzüberschreitenden Einkauf: Hier liege Brasilien in einer internationalen Umfrage mit 81 Prozent der Konsumenten, die am Online-Kauf bei ausländischen Anbietern interessiert sind, an vorderster Stelle. Aber auch in Spanien seien dies immerhin noch 66 Prozent.
Spannend wird sein, wie viel Rakuten von dieser strategischen Sichtweise – die schon aufgrund der geografischen Herkunft eine deutlich eigenständige Schwerpunktsetzung erkennen lässt – im Rahmen seiner Expansion ins Ausland exportieren wird. Eine erste Gelegenheit, um hier mehr zu erfahren, bietet das E-Commerce Event Tradoria Live! 12, zu dem Rakuten-CEO Hiroshi Mikitani am 28. Januar 2012 nach Bamberg kommen wird.