Die Verpackungsverordnung ist nach wie vor ein Reizthema für viele Händler. Trotz eines starken Wettbewerbes der Lizenzierungsunternehmen ist es oft nicht einfach, einen guten (=sinnvoll zugeschnittenen und preisgünstigen) Vertrag abzuschließen. Händler mit kleinen Mengen werden von manchen Lizenzierern gar nicht angenommen oder zu „Pauschalpaketen“ gedrängt. Doch die enthalten bei einzelnen Materialien oft unzureichend zugeschnittene Mengen. so dass entweder (vergleichsweise teuer) nachbezahlt werden muss – oder schlicht ‚getrickst‘ wird.
Letzteres versuchten manche Lizenzierer sogar mit ausgesprochen seltsamen Erklärungen für legal zu erklären, bewegten sich dabei allerdings oft deutlich neben dem, was die Verordnung – auch nach den Erklärungen der LAGA – beabsichtigt. Eine Vorgehensweise, den natürlich auch die anderen Lizenzierer auf die Palme bringt, die durch Marktverzerrung mittels „Kreativlösungen“ im Nachteil fühlen.
In der Bilanz fehlen 400.000 Tonnen Leichtstoff-Verpackung
Dass es bei der Lizenzierung von Verpackungsmaterialien im letzten Jahr tatsächlich erhebliche Unregelmäßigkeiten gegeben haben dürfte, zeigt sich nun in der Jahresbilanz: Insgesamt wurden 400.000 Tonnen Leichstoff-Verpackungen (gemessen an der Mengen, die in Verkahr gebracht wurden) zuwenig lizenziert. Die zur Unternehmensgruppe REMONDIS gehörende Duale System „EKO-PUNKT“ hat daher nun Anzeige erstattet. Markus Mohren, Geschäftführer bei EKO-PUNKT:
Die Kölner Staatsanwaltschaft nehme die Strafanzeige sehr ernst, berichtet der auf Umweltthemen spezialisierte „Europaticker“. Auch der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH (DSD) unterstütze die Eco-Punkt-Anzeige; Europaticker zitiert Stefan Schreiter, Vorsitzender der DSD-Geschäftsführung:
„Kreativ“: Billige Branchenlösungen hochgerechnet
Stein des Anstoßes sind sogenannte „Kreativlösungen“ bei denen manche Lizenzierer erhebliche Verpackungsmengen virtuell in (güstigere) „Branchenlösungen“ verschieben. Darunter verstehen sich eigentlich Entsorgungsstellen in Betrieben, die von der Haushaltsmüllentsorgung separat behandelt werden. Beispiele sind Verpackungen, die bei Kfz-Betrieben anfallen oder solche, die in Hotels und Gaststätten anfallen – und dort jeweils vom normalen Haushaltsmüll separate Entsorgungswege gehen. Tatsächlich seien die virtuellen Mengen von Verpackungsstoffen, die in Branchenlösungen anfallen gestiegen – entsprechend hätten jedoch die Mengen in der Haushalterfassung allerdings sinken müssen. Dies ist aber nicht der Fall – im Gegenteil. Dies bewiese, dass die in Verkehr gebrachten Verpackungsmengen tatsächlich eben doch bei den haushalten anfielen und nicht – wie behauptet – in den Branchenlösungen.
Strafanzeige spaltet Branchenverband
Im Europaticker-Artikel werden erstmals auch Namen von Unternehmen genannt, die solche Kreativlösungen oder „Optimierungen“ anbieten. Problematisch sei es auch immer, wenn „nicht Hersteller oder Handel direkt mit einem dualen System kontrahieren, sondern Makler und Vorschaltunternehmen Vertragshalter sind“.
Wenige Tage nach der Eco-Punkt-Pressemitteilung zur Strafanzeige löste sich der Bundesverband BDSD der Dualen Systeme Knall auf Fall auf, nachdem sich zunächst die Redual GmbH und danach Landbell und der Kölner Anbieter VfW zurückzogen.
Mittlerweile haben sich sechs der neun registrierten Dualen Systeme dem auf Initiative des BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e. V. entwickelten „Zertifikat zur Sicherstellung der privatwirtschaftlich organisierten haushaltsnahen Verpackungsentsorgung durch Duale Systeme“ angeschlossen: Zu den fünf Erstunterzeichnern des Zertifikats, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, EKO-PUNKT GmbH, INTERSEROH Dienstleistungs GmbH, BellandVision GmbH und ZENTEK GmbH & Co. KG hat sich noch die Veolia Umweltservice Dual GmbH gesellt. Redual, VfW und Landbell haben sich noch nicht zu dem Zertifikat positioniert, das zum Jahreswechsel starten soll und den Teilnehmern hohe Auflagen erteilt, um „gleichbleibend hohe ökologische Standards sowie ökonomische Sicherheit“ zu gewährleisten:
Händlern kann man nur anraten, bei den Lizenzierungsverträgen nicht leichtfertig nur auf (Paket-)preise zu achten: Wer seine Mengen realistisch kalkuliert (beispielsweise mit unserer Excelanwendung – kostenloser Download im Know-how-Bereich!), sollte stets zum Vergleich neben Paket- auch Mengenpreise vergleichen. Und allzu „kreative Lösungen“ können leicht nach hinten losgehen…
Herzlich aus Hürth
Nicola Straub