Also, dass es mit Tchibo bergab geht, pfeiffen die Spatzen schon länger von den Dächern. Erstmalig hörte ich einige Tratschereien darüber auf der Mail Order World im Oktober 2006 (!) und zuletzt hatte ich eine kurze Diskussion über die Fehler, die Tchibo gemacht hat und die Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, vorletzte Woche in Düsseldorf in Düsseldorf. Aber längst sieht man es der Plattform ja auch an oder merkt es im Briefkasten, wenn darin die "brandaktuellen" Kataloge liegen, die allerdings zur Hälfte schon abgelaufene Kampagnen enthalten.
Abseits von verpassten Versandzeitpunkten, Logistik-Überkapazitäten, verzögertem Abverkauf durch verspätete Shop-Retouren und Qualitätsproblemen bei Produkten steht Tchibo vor allem vor dem Dilemma, dass mittlerweile die meisten Haushalte schon schrankweise mit TCM-Produkten ausgestattet sind: Handstaubsauger, Waffeleisen, Gießkanne – das alles braucht der Mensch i.d.R. nur einmal. Und wer es noch nicht von Tchibo hat, findet es mittlerweile auch in den "Themenwelten" der Discounter. Was also kann Tchibo noch verkaufen?
Das fragt sich das Disponententeam des Kaffeerösters offenbar auch und weil man selbst keine Lösung hat, erinnert man sich, dass aktuell doch sowieso "Web 2.0" angesagt ist. Also ruft Tchibo nun zum "Mitmachen" auf:
Die aktuellen Produkte stellt man lieber nicht zur Diskussion, was bei der neuen "Modestrategie" mit den erschreckend beliebigen Klamotten vermutlich auch wirklich besser ist. Aber neue Produktlinien für lau entwickeln lassen – das wär’s doch! Tchibo Ideas heisst die dafür geschaffene Plattform und man staunt, was für interessante Produktideen dort tatsächlich gepostet werden. Liegt das an der "Mission", die sich Tchibo auf die Fahnen tackert?
"Tchibo ideas ist eine offene Plattform für Menschen, die neue Ideen entwickeln und diese gemeinsam mit anderen Menschen vorantreiben wollen. Auch versteht sich Tchibo ideas als geeignete Dialog-Plattform für den regen Austausch zwischen Designern, Erfindern und Entwicklern mit Kunden und Konsumenten. Alle zusammen bilden die Tchibo ideas Community. Innerhalb dieser Gemeinschaft soll jeder Einzelne vom Wissen und von der Erfahrung des Anderen profitieren und dadurch die Möglichkeit erhalten, seine Idee zu optimieren. Schließlich lassen sich auch die besten Ideen nur gemeinsam perfekt in die Tat umsetzen."
Monatlich wird die besten Idee ausgezeichnet und Tchibo prüft, ob sich das Produkt produzieren und vermarkten lässt – das zieht offenbar tatsächlich auch professionelle Designteams an. Noch ist der Bereich der Produktvorschläge, bei Tchibo Ideas "Lösungen" genannt – relativ leer, und auch die "Aufgaben"-Abteilung zählt nur etwa 10 Eintragungen mehr (davon die gefühlte Hälfte von Manuel Andrack). Aber das wird sich dank des superkreativen Marketings* und den daraus resultierenden vielen Blogbeiträgen ja vermutlich schnell ändern. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Kaffeeshop um die Ecke das ausfaltbare Vogelhaus, die Fahrradhelmverkleidung oder die glasbeschriftenden Silikonbänder findet.
Herzlich aus Hürth
Nicola Straub
(Nein, ich habe kein Paket bekommen! Gemein eigentlich, nimmt mich denn keiner ernst? ;-)) Musste daher via Exciting Commerce auf die Plattform aufmerksam werden – danke Jochen!
Robert Z. meint
Respekt! Sehr gute Idee! Geht natürlich nur ab einer gewissen Größenordnung, aber durchaus in kleinem Rahmen auch bei nicht so großen Shops möglich.
Ich habe schon mal Umfragen gestartet innerhalb eines Shops. Also ein kleines Umfragetool eingebaut, wo man den Kunden gefragt hat, wie wichtig ihm bestimmte Produktgruppen sind, die noch nicht im Shop vorhanden waren. Daraufhin konnte man sehr gut ermitteln, wofür sich die Kunden sonst noch interessieren und die Aufnahme in das Sortiment lohnt oder nicht.