Großmannssucht, Selbstüberschätzung und Fehleinschätzung des Geschäftsmodells, dürften VON FLOERKE zu Fall gebracht haben. Wären die richtigen Schlüsse und Ableitungen aus den Kennzahlen getroffen worden, wäre das Scheitern aber sicher zu vermeiden gewesen.
Man kennt die Vorweihnachtszeit ja auch als staade Zeit. Dass dies für Onlinehändler noch nie galt, liegt auf der Hand. Dieses Jahr aber irgendwie umso weniger, da auch die Boulevard- und Wirtschaftsmedien den VON FLOERKE-Fall aufgriffen und ausgiebig darüber berichteten.
Rekapitulieren werden wir den Fall an dieser Stelle nicht mehr, der Einfachheit halber , da es bereits teilweise sehr ausführliche Veröffentlichungen vom Handelsblatt, dem Manager Magazin, deutsche-startups.de und nicht zuletzt auch von Wortfilter.de gibt. Letzterer brachte, wenn nicht gar den Stein ins Rollen, zumindest jedoch Öl ins Feuer, als Wortfilter internen Mailverkehr und betriebswirtschaftliche Auswertungen veröffentlichte.
Seitdem scheiden sich die Geister, ob dies so – aus strafrechtlicher oder ethischer Sicht – in Ordnung sei. Zumindest jedoch haben die Zahlen etwas Licht ins Dunkel einer verworrenen Geschichte mit mehreren Protagonisten gebracht.
Dies erkennt man alleine schon daran, dass es in den Diskussionsgruppen vornehmlich zwei Meinungen gibt. Die eine, welche voller Schadenfreude über die Beteiligten herzieht, und die andere, die von unangebrachter Neidkultur spricht und davon, das Scheitern zum Unternehmertum gehöre. Beide liegen meiner Meinung nach falsch. Schadenfreude mag zwar für viele die schönste Freude sein, ist aber in letzter Konsequenz immer unangebracht, egal wie groß der Hintern ist, den es trifft. Es aber als normales Scheitern abzutun, ist zu einfach, denn es ist zu offensichtlich, dass Gründer und Geschäftsführer David Schirrmacher scheinbar vor allem Großmannssucht, gepaart mit einem großen Schuss Selbstüberschätzung und vermutlich auch kaufmännische Defizite letztlich zu Fall brachten. Dies zeigen nicht nur die oben verlinkten Artikel, sondern letztlich auch die veröffentlichten Zahlen.
Wie viel kriminelle Energie bei der Posse um die Kapilendo-Anleger wirklich dahintersteckt, lässt sich in der Außensicht m. E. aktuell nur mutmaßen. Auch Kapilendos Versagen, bzw. fahrlässige Unterlassung einer eingehenden Prüfung der von Schirrmacher genannten Zahlen, wäre eine eigene Untersuchung wert.
Alles paletti bis Ende 2016?
Interessant macht die ganze Story für mich aber auch, dass nun in der Branche endlich wieder mal über Kennzahlen und betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) und so weiter gesprochen wird. Denn auch wenn es einige vielleicht nicht mehr hören können, – da ich nun schon seit einigen Jahren missionierend durch den E-Commerce-Wanderzirkus tingle – bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit verweise ich darauf, dass die meisten Händler nicht scheitern, da sie schlechte Händler sind, sondern schlechte Kaufleute, die ihre Zahlen nicht im Griff haben. Meine alltägliche Praxis bestätigt mir jeden Tag aufs Neue, dass auch gut verdienende Online-Händler noch genügend Luft nach oben haben.
Darum habe ich einen Blick auf die uns bekannten, VON FLOERKE-Zahlen geworfen. Diese deuten darauf hin, dass bis Ende 2016 noch alles i. O. war, zumindest auf einem erfolgversprechenden Weg. Für 2016 ergab sich zwar bereits ein negatives EBIT in Höhe von knapp 68 TSD (-7,8% vom Umsatz), aber wie es aussieht, gleichzeitig genügend Stellschrauben, um das Geschäftsmodell rentabel zu bringen und für künftiges und deutliches Wachstum auf solide Beine zu stellen.
Letztlich ist die Erfolgsformel erstmal recht einfach (der Teufel liegt dann natürlich im Detail bzw. der Aufwand bei der Umsetzung):
- Stärken und Schwächen beim Ertrag, den Ausgaben und im Sortiment identifizieren
- Anschließend die Stärken ausbauen und die Schwächen möglichst eliminieren.
- Daraus ergibt sich im ersten Schritt ein höherer Ertrag, Liquidität und Umsatz. Ausnahme: Das Geschäftsmodell ist im Eimer oder das Unternehmen schon so nah an der Insolvenz, dass es ganz einfach zu spät ist.
- Anschließend kennzahlenbasiert expandieren
Und genau darum, und natürlich noch mehr, wird es auch in meinem Vortrag am 22. Januar 2019 bei der der eBay Seller Konferenz in Köln gehen.
Ich werde nicht nur darüber sprechen, wie man die BWA zur aussagekräftigen Kennzahlenmaschine macht, sondern auch darüber, was die beiden größten und vergleichsweise einfach umzusetzende Quick Wins, quasi die Erfolgsgarantie, für mehr Liquidität, Gewinn und letztlich auch mehr Umsatz sind.
Doch zurück zu den VON FLOERKE-Zahlen. Auch wenn für eine detaillierte und stichhaltige Bewertung der Situation Einblick in die Belege notwendig wäre, kann man alleine schon aus der BWA 2016 recht gute Ableitungen treffen. Schauen wir uns doch einfach mal ein paar Kennzahlen an.
Interessehalber auch im Vergleich zu 2017, woraus sich ergibt, dass die Expansionsstrategie für 2017 komplett in die Hose ging, wie sich an der, bei vergleichbar magerem Umsatzwachstum, Kostenexplosion der relevanten Posten zeigt. Die Zahlen legen zumindest die Vermutung nahe, als hätte Schirrmacher alles auf eine Karte gesetzt, ist quasi ohne Not „All in“ gegangen.
31.12.16 | 31.12.17 | Veränderung | |||
Umsatz | 876.478 | 1.156.092 | 31,9% | ||
Wareneinsatz | 204.079 | 23,3% | 351.869 | 30,4% | 72,4% |
Rohertrag | 672.398 | 76,7% | 804.223 | 69,6% | |
Personalkosten | 241.390 | 27,5% | 439.235 | 38,0% | 82,0% |
Raumkosten | 56.252 | 6,4% | 124.623 | 10,8% | 121,5% |
Betriebl. Steuern | 343 | 0,0% | 761 | 0,1% | 121,9% |
Versich./Beiträge | 3.990 | 0,5% | 12.348 | 1,1% | 209,5% |
Besondere Kosten | 49.591 | 5,7% | 43.912 | 3,8% | -11,5% |
KfZ-Kosten | 16.865 | 1,9% | 26.360 | 2,3% | 56,3% |
Werbe-/Reisekosten | 113.496 | 12,9% | 387.923 | 33,6% | 241,8% |
Kosten Warenabgabe | 79.575 | 9,1% | 153.624 | 13,3% | 93,1% |
Abschreibungen | 13.292 | 1,5% | 34.891 | 3,0% | 162,5% |
Reparatur/Instandh. | 22.371 | 2,6% | 20.090 | 1,7% | -10,2% |
Sonstige Kosten | 144.913 | 16,5% | 368.977 | 31,9% | 154,6% |
Betriebsergebnis | -67.884 | -7,7% | -804.629 | -69,6% | 1.085,3% |
Zinsaufwand | 15.611 | 1,8% | 74.327 | 6,4% | 376,1% |
Sonst. Neutr. Aufw. | 0,0% | 144.272 | 12,5% | ||
Sonst. Neutr. Ertrag | 16.259 | 1,9% | 111.231 | 9,6% | 584,1% |
EBIT | -67.236 | -7,7% | -911.998 | -78,9% | 1.256,4% |
Doch was wäre nach den 2016er-Zahlen die richtige Vorgehensweise gewesen?
Wie bereits angesprochen, kann ich mangels vollumfänglichen Einblick in die Zahlen und Belege nur bedingt konkrete Empfehlungen auf Basis der VON FLOERKE-Zahlen geben. Auch würde eine ausführliche Anleitung schnell den Umfang eines Buchs erreichen. Aber für einen allgemeingültigen Fahrplan, der m. E. von jedem Händler umgesetzt werden kann, reicht das allemal.
-
- Überblick über die Erlösströme verschaffen
Hier würde ich mir die Umsatzanteile je Kanal anschauen und in der BWA bspw. künftig (wie bei VON FLOERKE geschehen) auch in einzelne Konten buchen. So erhält man auf einen Blick die Umsatzentwicklung je Kanal im Vergleich zum Vormonat und Vorjahreszeitraum. Erkennt also sofort Trends und Entwicklungen.
Die Kostenseite würde ich genauso auf verschiedene Konten buchen, damit kenne ich nicht nur die Ertragsseite je Kanal, sondern kann auch deren direkte Kosten zuordnen.
In der Übersicht erkennt man auch, dass VON FLOERKE bis dahin noch keine Marktplätze bespielte. Wäre nach der Kostenoptimierung für mich einer der nächsten Schritte, geeignete Marktplätze, wie Amazon, Otto oder Zalando, zu evaluieren und anzubinden.
(Anm. d. Red.: VON FLOERKE hat in 2017 inklusive Amazon und Otto erschlossen bzw. separat ausgewiesen. Da bei VON FLOERKE jedoch für 2016 unter Konto 4470 bereits Amazon-Gebühren aufgeführt sind, muss er auch in 2016 bereits Amazon angebunden haben.)
Großhandel | Aufsteller | Shop | Magento | |||||
Umsatz | 627.917 | 16.800 | 2.177 | 333.653 | ||||
-Retouren | 15.477 | 2,5% | 0 | 0,0% | 0 | 0,0% | 42.654 | 12,8% |
-Erlösschmäl. | 0 | 0,0% | 0 | 0,0% | 0 | 0,0% | 26.005 | 7,8% |
Nettoumsatz | 612.440 | 16.800 | 2.177 | 264.994 | ||||
68,3% | 1,9% | 0,2% | 29,6% |
- Überblick über die Ausgaben verschaffen
Hier werfen wir erstmal noch einen kurzen Blick auf die kumulierten Zahlen für 2016:
31.12.16 | ||
Umsatz | 876.478 | |
Wareneinsatz | 204.079 | 23,3% |
Rohertrag | 672.398 | 76,7% |
Personalkosten | 241.390 | 27,5% |
Raumkosten | 56.252 | 6,4% |
Betriebl. Steuern | 343 | 0,0% |
Versich./Beiträge | 3.990 | 0,5% |
Besondere Kosten | 49.591 | 5,7% |
KfZ-Kosten | 16.865 | 1,9% |
Werbe-/Reisekosten | 113.496 | 12,9% |
Kosten Warenabgabe | 79.575 | 9,1% |
Abschreibungen | 13.292 | 1,5% |
Reparatur/Instandh. | 22.371 | 2,6% |
Sonstige Kosten | 144.913 | 16,5% |
Betriebsergebnis | -67.884 | -7,7% |
Auffallend ist, dass der Wareneinsatz lediglich bei 23,3% vom Umsatz liegt. Dies ist schon ein sehr guter Wert, der genügend Spieltraum für ein einträgliches Geschäft bieten sollte. Zu erwähnen ist jedoch, dass man für eine zielgenauere Interpretation eigentlich die Veränderung des Warenbestands kennen müsste. Beispiel: Ein Händler der keine neue Ware mehr einkauft und seine Verkäufe ausschließlich aus dem bestehenden Warenbestand bestreitet, wird für den Betrachtungszeitraum selbstverständlich entsprechend einen Wareneinsatz von 0% (er hat ja keine neue Ware mehr gekauft) haben. Die BWA ist hier also mit gewisser Vorsicht zu geniessen.
Die Personalkostenquote von 27,5% ist für Onlinehändler ohne eigene Produktionsstätte im Normalfall tödlich und weit überdurchschnittlich. Im Fall VON FLOERKE ist mir nicht bekannt, ob sie selbst produzieren, daher kann ich die Personalkosten nicht wirklich beurteilen.
Im Normalfall wäre meine dringende Empfehlung, die Personalkosten genauestens zu durchleuchten und bspw. in verschiedene Kostenstellen, wie Marketing, Versand, Verwaltung etc., aufzuschlüsseln.
Anschließend prüfen, welche Arbeitsschritte welchen Aufwand verursachen und wo man sparen oder auslagern kann. Unbekannt bleibt jedoch, ob sich Schirrmacher einen Unternehmerlohn ausbezahlte bzw. wie hoch dieser war.
Auch die Raumkosten sind für einen reinen Onlinehändler dieser Umsatzgröße im Normalfall zu hoch. Hier bleibt jedoch unbekannt, welche Räumlichkeiten angemietet und wofür benötigt wurden. Bei den KfZ-Kosten kann es dagegen keine zwei Meinungen geben. Kein Händler dieser Umsatzgröße muss knapp 17.000 Euro im Jahr für seinen Fuhrpark aufwenden. Man braucht keinen Porsche, um seine Pakete zur Post zu bringen.
Interessanter jedoch die noch größeren Kostenblöcke wie:
- Besondere Kosten
- Werbe-/Reisekosten
- Kosten Warenabgabe
- Sonstige Kosten
Folgendes gilt für jeden Händler: Man nehme die größten Kostenblöcke und „zerfleddere“ diese in kleinere Happen, sprich Kostenstellen. Nur so erhält man einen Überblick, wo man künftig Geld sparen kann.
Bei den ‚Besonderen Kosten‘ fällt gleich mal auf, dass bereits Amazon-Gebühren enthalten sind. VON FLOERKE muss also bereits 2016 über Amazon verkauft haben. Die Einnahmen daraus wurden schätzungsweise dem Erlösstrom ‚Großhandel‘ zugeordnet (?).
Kommen wir zu den ‚Werbe-/Reisekosten‘. Wir wissen leider nicht, was im großen Kostenblock Werbekosten in Höhe von 93,5 TSD Euro enthalten ist. Würde es sich dabei nur um die typischen Marketingausgaben für den Onlineshop handeln, wäre dies natürlich deutlich zu hoch bzw. es müsste deutliches Optimierungspotential bei AdWords & Co. geben. Da VON FLOERKE zu diesem Zeitpunkt m. W. auch über Kaufhof, Breuninger und andere Kaufhäuser vertrieben wurde, könnte es jedoch sein, dass auch hier Kosten entstanden, die dem Konto ‚4600 Werbekosten‘ zugeschlagen wurden.
Gleiches gilt für die Reisekosten, die sich für Arbeitnehmer und dem Unternehmer in 2016 auf über 15 TSD aufsummierten. Für einen Onlinehändler dieser Umsatzgröße definitiv unnötig.
Auch die Kosten für die Warenabgabe in Höhe von über 79 TSD (9,1% vom Umsatz) sind gefühlt zu hoch, können mangels detaillierten Einblick in die Zahlen jedoch nicht abschließend bewertet werden.
Wäre es mein eigener Shop oder ein Beratungskunde von mir, würde ich noch deutlich mehr Werte kritisch hinterfragen, bspw., was die 12 TSD Lizenzkosten beinhalten oder 10,5 TSD für Wartungskosten für Hard- und Software. Aber auch, ob man 7 TSD Telefonkosten produzieren muss etc. pp.
Womit wir schon beim letzten großen Kostenblock, den ‚Sonstigen Kosten‘ sind. Hier gibt es viele Fragezeichen, die möglicherweise sämtlichst gerechtfertigt sind, jedoch erstmal „überraschend“ wirken. Bspw., was die Rechts- und Beratungskosten in Höhe von über 60 TSD beinhaltet. Auch die Buchführungskosten in Höhe von 20 TSD wirken erstmal etwas überdimensioniert und so weiter und so fort.
Bevor man jedoch voreilige Schlüsse zieht, müsste man erstmal im Detail wissen, was sich hinter diesen Zahlen verbirgt.
Next steps
Nachdem die Kosten auseinandergenommen wurden und Optimierungspotenziale definiert wurden, wäre mein nächster Schritt, über eine Sortimentsauswertung (ABC-, XYZ-Analyse und DB-Kalkulation auf Artikelebene) das Sortiment zu optimieren.
Einerseits kenne ich dann die so genannten Lagerpenner, welche häufig 30%, manchmal sogar 50% des Sortiments ausmachen. Soll bedeuten, dass im Schnitt jeder zweite oder dritte Artikel in den letzten 12 Monaten nicht verkauft wurde. So weiß ich, welche Produkte sich nach Abzug der direkten Kosten (Marketing, Versand, Payment, Wareneinsatz) nicht lohnen und nichts dazu beitragen die Gemeinkosten zu stemmen. Also raus damit und Liquidität für die Top-Seller oder neue Sortimente schaffen. Wobei hier natürlich gilt, dass Ausnahmen die Regel bestätigen und es mitunter gute Gründe geben kann, nicht laufende oder wenig kostendeckende Produkte dennoch im Sortiment zu belassen.
Ich kenne aber auch meine Hauptumsatzträger und weiß, welche Produktgruppen und Marken ich künftig ausbauen sollte.
Wie das geht, hatten wir in unserem Webinar diesen September ausführlich vorgestellt.
Sobald das Sortiment bereinigt ist, mache ich mich an den nächsten großen Brocken, der da heißt: „Umsatzsteigerung“. Bereits die Maßnahmen der Sortimentsbereinigung werden mir im Normalfall weiteren Umsatz bescheren. Aber nun geht es bspw. an die Erschließung weiterer Vertriebskanäle, Kooperationen oder der Internationalisierung etc. pp.
Lange Rede, kurzer Sinn: Aus meiner Erfahrung heraus, wäre es vermutlich vergleichsweise einfach gewesen, das Unternehmen in die schwarzen Zahlen zu bringen und den Umsatz deutlich zu steigern. Ob es dann aber ein 100-Mio.-Unternehmen geworden wäre, weiß zumindest ich nicht.
Wer jetzt noch mehr erfahren will, welche Maßnahmen ich Onlinehändlern zur Ertragsverbesserung empfehle, besucht – wie erwähnt – am besten meinen Vortrag am 22. Januar 2019 bei der der eBay Seller Konferenz in Köln.
Ich werde nicht nur darüber sprechen, wie man die BWA zur aussagekräftigen Kennzahlenmaschine macht, aber auch, was die beiden größten und vergleichsweise einfach umzusetzende Quick Wins, quasi die Erfolgsgarantie, für mehr Liquidität, Gewinn und letztlich auch mehr Umsatz sind.
Disclaimer: Nein, diese Analyse ist im Detail sicherlich nicht komplett durchleuchtet und ja, es hätte noch intensiver recherchiert werden können. Auch die Beschreibung meiner üblichen Vorgehensweise und Maßnahmen, sind bei nicht vollständig bzw. ausführlich genug beschrieben. Aber ich hatte nicht vor, ein ganzes Buch zu schreiben bzw. fehlt mir dafür auch die Zeit. Hinweise zu Ungenauigkeiten oder Fehlinterpretationen in den Kommentaren sehr gerne!
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Mario K meint
Hallo
ich versteh da was nicht: sie schreiben bezüglich des Wareneinsatzes: den Absatz: „Auffallend ist, dass der Wareneinsatz lediglich bei 23,3% vom Umsatz liegt. Dies ist schon ein sehr guter Wert, der genügend Spieltraum für ein einträgliches Geschäft bieten sollte. Zu erwähnen ist jedoch, dass man für eine zielgenauere Interpretation eigentlich die….“
sie meinen also das der WE von 23,3% dem eingekauften Volumen entspricht.
Wir machen es so dass wir den Wareneinsatz dem Umsatz auf Monatsbasis zuordnen, ich wusste garnicht dass man das so machen kann wie sie meinen.
Wenn dem aber so ist (in diesem Fall) dann ist doch Ihre komplette Berechnung hinfällig. Wenn er für 1Mio Ware im Vorjahr einkaufte und im Folgejahr damit 0,8Mio Umsatz macht, dann hat er 0,2Mio mehr verlust als ausgewiesen und das gesamte Geschäft ist hinfällig. da mag man rechnen und einsparen soviel man will. Da kommt man selbst mit den besten optimierungen auf keinen grünen zweig. schließlich kann jeder depp einen 100€ Geldschein für 80€ verkaufen
Peter Höschl meint
In der BWA sind die Wareneingänge des jeweiligen Zeitraums enthalten. Diese haben, wie ich auch im Artikel anmerkte, tatsächlich nicht unbedingt etwas mit dem Umsatz dieses Zeitraums zu tun.
Wie Sie in der BWA den tatsächlichen Wareneinsatz auf den Umsatz zuordnen, wüsste ich gerne. Vermute Sie meinen nicht die BWA damit. Aber ja, das wäre die bessere Datenbasis. Nachdem mir diese jedoch nicht zur Verfügung steht, muss ich mich (inkl. entspr. Anmerkung) mit den BWA-Zahlen begnügen.
Das ergibt zwar mögliche Unschärfen, aber hinfällig wird die ganze Berechnung erfahrungsgemäß dennoch nicht. Einerseits haben wir ein ganzes Jahr betrachtet, weshalb sich einiges ausgleicht und andererseits gilt, lieber eine schlechte Zahl, als gar keine Zahl. Aber ein Restrisiko bleibt natürlich trotzdem, was ich in diesem Fall jedoch eindeutig für vernachlässigbar halte.
Mario K meint
Wir wissen jedem Monat was wir zu welchem Preis einkauften, wir kaufen zb 5000 Stück von A ein und der Bestand hält 4 Monate. Wenn wir dann im Monat 300 davon verkaufen rechnen wir 300 x EKvonA. Somit können wir ganz genau feststellen welche Waren EK wir nennen dies cogs zu welchem Umsatz beitrug. Anders würden wir von der Bank auch kein Geld mehr bekommen
Peter Höschl meint
Ja schon klar, nur hat Ihre Auswertung halt nichts mit der BWA zu tun. Und dies ist – wie erwähnt – die einzige Datenquelle die mir zur Verfügung steht.
Thorsten S. meint
„Die Personalkostenquote von 27,5% ist für Onlinehändler ohne eigene Produktionsstätte im Normalfall tödlich und weit überdurchschnittlich.“
[…]
„Auch die Raumkosten sind für einen reinen Onlinehändler dieser Umsatzgröße im Normalfall zu hoch.“
Das von Floerke drei Ladengeschäfte (Köln, Bonn und Münster) betreibt (bzw. bald wohl eher betrieben hat) ist aber bekannt? Davon ist im ganzen Artikel keine Rede, was mich ein wenig an gründlicher Recherche zweifeln lässt.
Peter Höschl meint
Ja, das ist bekannt. Aber da wir gerade bei gründlicher Recherche sind – haben Sie auch recherchiert, seit wann es diese gibt/gab?
Damit Sie jetzt nicht soviel wie ich dazu recherchieren müssen: Lt. Unternehmenswebseite https://www.vonfloerke.com/de/story fand am 29.06.2017 die Eröffnungsfeier des ersten eigenen Ladens von VON FLOERKE statt. Mein Artikel bezieht sich wie hinreichend im Artikel erwähnt auf das Jahr 2016.
Thorsten S. meint
(Zunächst muss ich korrigieren, es sind ja vier Ladengeschäfte.)
Auf die Schnelle konnte ich nur herausfinden, dass vor 2017 bereits zwei Geschäfte bestanden. Dann wurden im Jahr 2017 zwei weitere eröffnet. Erklärt das die gestiegenen Kosten für Personal (241.390€ -> 439.235€) und Räume (56.252€ -> 124.623€) Ihrer Ansicht nach nicht ausreichend?
Peter Höschl meint
Ich kann ja nur mit dem Arbeiten, was mir zur Verfügung steht, Und wenn der Unternehmer auf seiner Seite selbst schreibt, dass am 29.06.2017 das erste Geschäft eröffnet wurde, dann muss ich das in diesem Fall nicht weiter verifizieren, oder?
Thorsten S. meint
Nun, als Betroffener im Floerke-Fiasko würde ich dem Unternehmer mittlerweile ohne Überprüfung nicht mal mehr glauben, dass der Himmel blau ist. 😉
In diesem Fall haben Sie aber recht, die Angabe wird wohl stimmen! Zumindest wüsste ich nicht, warum der Unternehmer die Unwahrheit sagen sollte. Umso verwunderlicher, wie sich die Kosten zusammensetzen. Es könnte auch folgendes sein:
„Ins Bild passt dabei die Übernahme von Edsor Kronen, einer 1909 gegründete Manufaktur für handgemachte Accessoires, im Sommer 2017.“
https://www.deutsche-startups.de/2018/12/18/von-floerke-nur-verlierer/
Aber z. B. die Fahrtkosten lassen sich ja vielleicht hiermit erklären:
„Bereits im Frühling 2016 liefen die Geschäfte für David so gut, dass er sich einen lang ersehnten Traum erfüllen konnte: einen Porsche Cayman GTS.“
https://www.promiflash.de/news/2018/11/10/mit-26-millionaer-so-erfolgreich-ist-hoehle-der-loewen-david.html
Thorsten S. meint
Kleiner Nachtrag: Die Abbuchung wurde rückgängig gemacht. Ich hatte also Glück. Es wird sich dann wohl zeigen, wie es bei den Kapilendo-Investoren aussieht.
Peter Höschl meint
Das Problem ist halt, dass die BWA für verbindliche Einschätzungen und Aussagen alleine halt nicht genügt. Wie ich schon schrieb, gibt es etliche Fragezeichen, die sich nur auflösen liessen, wenn man in die Belege reinschauen kann. Fängt bei den Personalkosten (gab es zB. ein GF-Gehalt, wie hoch war dieses?) an, hört bei den Sonstigen Kosten aber noch lange nicht auf.
Dann hoffe ich mal das Beste als Betroffener für Sie! Gibt es da Hoffnung?
Mario K meint
ich habe kein Unternehmen (davon habe ich 3) bei dem ich der BWA glauben kann. Zumal es Zb bei Datev mehrere Arten von BWAs gibt. Wenn wir eine Auswertung an die Bank senden dann nehmen wir immer Daten aus unserem System und ziehen daraus Rückschlüsse, Eine reine BWA ist aus meiner Sicht vollkommen sinnlos. Anhand der SUSA kann man schon mehr erkennen.
Peter Höschl meint
Das eine SuSa besser als eine BWA ist, ist schon klar. Und das eigene, gute, Auswertungen noch besser sind, ist auch klar. Aber sinnlos ist eine BWA deswegen noch lange nicht. Und wenn sie „aufgepimpt“ ist und zumindest die größten Kostenblöcke in eigene Konten gesplittet werden, kann es sogar einen recht interessanten schnellen Überblick über die Entwicklung des Unternehmens geben.
Thorsten S. meint
Danke der Nachfrage, ich warte noch auf Rückmeldung meiner Bank, ob die Kreditkartenabbuchung rückgängig gemacht werden kann, widersprochen habe ich dieser bereits.
Markus P. meint
bei VON FLOERKE wurden nie Analysen nach Ertrag oder Gewinn gemacht, es ging rein um Umsatz. Bereichert hat sich der GF nicht, aber natürlich großspurig gelebt auf Kosten der Firma. Man hätte Ende 2017 bereits die Reissleine ziehen müssen, keine weiteren Geschäfte, kleinere Büros etc.. Keiner erwähnt die Jobs, die nun auf dem Spiel stehen. Sehr traurig!
Peter Höschl meint
@ Markus P. Danke für die Info. Ja, da haben Sie recht, die wegfallenden Jobs hat bisher noch niemand erwähnt. Auch wir haben dies versäumt!
Ralf B. meint
Hallo Herr Höschl,
„Die Personalkostenquote von 27,5% ist für Onlinehändler ohne eigene Produktionsstätte im Normalfall tödlich und weit überdurchschnittlich.“ und weiter „Auch die Raumkosten sind für einen reinen Onlinehändler dieser Umsatzgröße im Normalfall zu hoch.“
Ich habe Ihre interne Suche und auch google etwas bemüht und nun bin noch so schlau wie vorher. Auf welche Benchmark-Quoten beziehen Sie sich im einzelnen? Haben Sie konkrete Werte an denen sich ein Online Handel orientieren sollte?
Peter Höschl meint
Benchmark ist vor allem mein eigener Erfahrungsschatz nach 20 Jahren E-Commerce und mehr als 5 Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Thema und der Einsicht von mehreren Dutzend BWAs, Analytics-Konten etc. pp. verschiedenster Online-Händler. Zusätzlich kenne ich auszugsweise Zahlenwerke von ein paar Hundert Online-Händlern. Sind quasi immer so kleine Mosaiksteinchen, die man zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Daraus ergibt sich für mich ein klarer Benchmark. Außerdem, unterhalte ich mich ja mit den verschiedensten Menschen aus der Branche.
ich kann ja nur für mich sprechen, gehe jedoch davon aus, dass es anderen genauso geht: Das ist nichts, was man mal eben so rausgibt. Wäre in etwa so, wenn Händler ihre Produkte verschenken sollten.
Allerdings werden wir in wenigen Wochen ein weiteres kostenloses Tool anbieten, mit dem Online-Händler ihren Status quo im Vergleich zu anderen schon sehr gut ableiten können und dann wissen wo sie ansetzen sollten.
Ralf B. meint
vielen Dank für die freundliche Beantwortung meiner Frage.
Ich hatte schon fast vermutet, daß die Werte aus Ihrer Erfahrung heraus vergleichen. Das Sie diese Daten für sich behalten wollen kann ich natürlich nachvollziehen.
kanzel meint
Insider vermuten das der Schoenberger, bei von Floerke eingestiegen ist. Deutsche Startups hat bereits über eine Rettung berichtet?