Hagen Fisbeck hat in seinem Blog regital einen interessanten Denkanstoss geliefert. So greife die derzeitige Polarisierung, dass der stationäre Handel durch den Online-Handel ausstürbe, zu kurz. Zu beobachten seien ja beide Effekte – ROPO in beide Richtungen, d.h. sowohl „research online, purchase offline“ als auch „research offline, purchase online“ – d.h. bei manchen Kunden bzw. Sortimenten fungieren Online-Shops als Show-Rooms für den stationären Handel, bei anderen Kunden bzw. Sortimenten ist es umgekehrt.
Hagen ist vielmehr der Meinung wir würden eine Veränderung der Handelsstrukturen auf beiden Seiten erleben. Wenige Anbieter konzentrieren den Hauptumsatz auf sich – sowohl im Online- als auch im Offline-Handel.
Dies geschieht jedoch auch online – nur dort ist es nicht so offensichtlich, wie bei den leerstehenden Ladenflächen in den Innenstädten. Auch online machen täglich zahlreiche Online-Shops dicht.
Hagens Learnings daraus sind:
- Ein Sterben von „Händlern“ findet offline wie online statt.
- Kleine Händler können nur durch ausgezeichnete Fachkompetenz mit spezifischen nicht einfach erlern- bzw. kopierbaren Wissen und entsprechenden Sortimenten überleben (nichttriviale Produkte).
- triviale Produkte werden bei großen Playern online oder offline (Ketten) gekauft.
- Der Händler muß das Internet und neue technische Möglichkeiten für sich nutzen (auch stationär und im Laden)
- Online auf sich aufmerksam machen ist Pflicht – für lokale Händler zudem insbesondere auch lokal mobil und mit Services für mobile Endgeräte, wie Smartphones, Wearables, etc..
Diese Zusammenfassung, kann ich vollumfänglich unterschreiben. So stellte nicht nur der Händerbund in seiner aktuellen Umfrage diese Woche unter seinen Händlern (meist kleinere Marktteilnehmer) fest, dass jeder dritte Händler vom Weihnachtsgeschäft 2013 enttäuscht war.
Auch unsere Verkaufsbörse, bei der Shop-Betreiber ihre Onlineshops verkaufen können verzeichnet einen stetigen Zulauf an Verkaufsofferten. Gleichzeitig steigen die durchschnittlichen Jahresumsätze der zu veräußernden Onlineshops von Jahr zu Jahr, was wir durchaus als erste Vorboten einer möglichen Marktbereinigung sehen. Lagen die Jahresumsätze bis 2010 noch mehrheitlich bei unter 250.000 €, lag deren Anteil seit 2011 nur noch bei der Hälfte bzw. darunter. Gleichzeitig ist der Anteil der Onlineshops mit mehr als 500.000 € bzw. über 1 Mio. € in den letzten Jahren deutlich gestiegen, wie sich aus nebenstehendem Chart sehr gut erkennen lässt. So erzielte bereits annähernd jeder dritte Onlineshop bereits mehr als 500.000 € und jeder zehnte sogar mehr als 1 Mio. € Umsatz.
So ist auch das Sterben von Onlineshops alltäglich und normal. Und auch bei diesen handelt es sich oft um „beliebig austauschbare“ Onlineshops ohne besondere Sortimentskompetenzen oder Alleinstellungsmerkmalen. Tragischer ist, dass auch Onlineshops schließen müssen die eigentlich tragfähig sind, diese es jedoch nicht geschafft haben ihr Geschäftsmodell zu professionalisieren.
Richtig ist auch sicherlich Hagens Beobachtung der Marktkonzentration auf die großen Player. Dazu passt nicht nur die Meldung, dass Amazon Deutschlands Umsatz im vergangenen Jahr überproportional um 21% gestiegen sei.
Schaut man sich die Umsatzentwicklung der Top-1000-Shops an, stellt man schnell fest: Vom rasanten Anstieg der E-Commerce-Umsätze in Deutschland profitieren letztlich nur zwei Parteien. Erstens die Top-10-Shops und zweitens die sog. Neueinsteiger. Darunter sind auch VC- oder Media Equity-finanzierte junge Player, welche üblicherweise nur ein Ziel kennen: Category-Killer zu werden, koste es was es wolle.
Beiden Parteien kann man getrost unterstellen, dass sich diese vor allem auch durch ein Kennzahlen-getriebenes Handeln auszeichnen. Womit wir wieder bei meinem Lieblingsthema Controlling wären. Dieses ist keine Raketenwissenschaft, man muss sich nur damit auseinandersetzen, einmal richtig aufsetzen und anschließend konsequent nachverfolgen. Lesen Sie dazu auch unseren kostenlosen Ratgeber „Controlling für den Erfolg – mit einfachen Werkzeugen zu mehr Gewinn im E-Commerce“.
michael wiechert meint
„Richtig ist auch sicherlich Hagens Beobachtung der Marktkonzentration auf die großen Player. Dazu passt nicht nur die Meldung, dass Amazon Deutschlands Umsatz im vergangenen Jahr überproportional um 21% gestiegen sei.“
Naja, wenn ich die Explizierung von in der Kommentarspalte von Jochen dort richtig lese, beinhalten die Amazon-Umsätze ja auch die umsätze der Marketplace-Verkäufer.
Insofern mag es dort eine Verschiebung von Umsätzen die Händler bislang „über Google“, „über Preissuchmaschinen“ oder „auf Ebay“ gemacht haben zum Marktplatz Amazon geben, aber erstmal nicht zwangsläufig und primär zum Händler Amazon.
Ich denk dies sollte man schon differenzierter sehen.
Peter Höschl meint
Die Marketplace-Umsätze sind hier sicherlich nicht enthalten. Damit können nur die Transaktionsgebühren gemeint sein. Ist letztlich m.E. aber auch nicht so wo wichtig. Fakt ist demnach ja, dass Amazon um 21% gewachsen ist. Fakt ist auch, dass die Top10-Shops in den letzten Jahren stets überproportional zum Markt gewachsen sind. Und dies wird sich auch nicht ändern.