Vergangene Woche beleuchteten wir kostenlose Möglichkeiten der Marktbeobachtung. Diese sind sehr gut geeignet, um sich einen ersten Überblick über Marktpreise und Wettbewerber zu verschaffen. Doch um die Preise von Wettbewerbern permanent zu beobachten und automatisiert auf sie zu reagieren, bedarf es professionellerer Werkzeuge.
Experten erwarten übrigens, dass Repricing – die dynamische Preisanpassung zur Optimierung der Marge – zu einem der großen Zukunftsthemen im E-Commerce wird. Bereits heute beginnen immer mehr Shops, Preisüberwachungs-Werkzeuge zu nutzen, um das Beste aus ihrer Marge herauszuholen.
Um das Thema näher zu beleuchten, befragten wir Stefan Bures, Geschäftsführer der PreisAnalytics GmbH. PreisAnalytics bietet Instrumente zur Marktbeobachtung, Potentialanalyse und Kanalsteuerung im E-Commerce.
Herr Bures, wer nutzt typischerweise Ihre Produkte?
Diverse Händler und Hersteller ab einer mittleren Umsatzgröße nutzen die bereitgestellten Tools, um dynamisch auf Entwicklungen im Markt reagieren zu können. Anwendung finden die SaaS-Lösungen vor allem in den Bereichen Einkauf, Produktmanagement und Marketing.
Was sind die Ziele einer Markt- und Preisbeobachtung?
Die Markt- und Preisbeobachtung ist für verschiedene Unternehmensbereiche relevant:
Einkauf: die Marktbeobachtung ermöglicht einem Shop die Messung der eigenen Sortimentsabdeckung/-breite, d.h. erstens sieht man, wie viele Produkte aus dem eigenen Sortiment aktuell stark im Markt gefragt bzw. im Trend sind, und zweitens lassen sich relevante Produkte, die im eigenen Sortiment fehlen, identifizieren.
Von uns beispielhaft durchgeführte Untersuchungen für das Sortiment eines namhaften Onlineshops ergaben, dass dieser nur ¼ relevante Produkte in seinem Sortiment hat. Wir könnten in diesem Fall das Gesamtsortiment mit gefragten Artikeln aus den relevanten Produktkategorien mehr als verdoppeln.
Dem Einkauf hilft es darüber hinaus, genau zu wissen, ob ein neues Produkt gefragt ist und es sich daher lohnt, dieses ins Sortiment aufzunehmen. Dies ermöglicht vor allem eine Einschätzung, wie hoch die benötigte Stückzahl der eingekauften Artikel sein muss, um weder zu viel zu bestellen und somit die Artikel nicht abverkauft werden oder zu wenig zu bestellen und damit Leerlauf entsteht und Kunden unzufrieden sind. Im schlechtesten Fall ist bei falscher Kalkulation, eine neue Lieferung bereits nach wenigen Minuten schon wieder ausverkauft. Was im ersten Moment erfreulich wirkt, ist ärgerlich, wenn man sich den entgangenen Umsatz vor Augen hält. Hinzu kommen verärgerte Kunden.
Vertrieb und Marketing/Produktmanagement: hier zählt vor allem das Pricing, aber auch die Identifizierung von Marktdaten.
- Pricing: Letztendlich ist das Ziel eines Shops, den eigenen Ertrag zu erhöhen/maximieren. Die gewichtige Rolle des Preises zeigt sich schnell, wenn man die Ertragsformel betrachtet: Preis * Anzahl – Kosten = Ertrag. Bei der Preisoptimierung muss jedoch darauf geachtet werden, dass man sich mit den passenden Wettbewerbern vergleicht. Ein großes Unternehmen wie Saturn hat einen anderen Marktanteil und andere Wettbewerber als ein kleiner Elektromarkt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Saturn weniger an der Preisschraube drehen kann. Verkauft Saturn geschätzte 30% von einem Produkt, geht durch eine Preisreduktion die Marge bei den bestehenden Kunden verloren und es wird nur verhältnismäßig wenig an Menge dazu gewonnen. Bei kleinen Shops ist das andersherum.
- Marktdaten für besseres Marketing-Controlling: Controlling funktioniert nur, wenn man eine gute Datenbasis hat. Die eigenen Shopdaten sind natürlich ein Teil davon, inklusive der aussagekräftigen Click-Through-Raten und Conversion Raten, generiert aus den Umsatzdaten und Clicks. Darüber hinaus zählt aber auch eine genaue Kenntnis der Datenlage des Marktes. Steigt der eigene Umsatz (bei einem Produkt) unerwartet an, kann das sowohl an eigenen Aktionen/Marketingmaßnahmen liegen, aber auch an einer Veränderung der Wettbewerbssituation. Faktoren sind bspw. eine veränderte Preisposition oder eine verringerte Wettbewerberdichte, da einige Shops keine Lagerbestände mehr haben.
Für den Bereich Vertrieb gilt noch anzumerken, dass die Tendenz zur Preisautomatisierung zunimmt und Shops einige Preise mittlerweile (teil-)automatisch anpassen lassen.
Welche Möglichkeiten der Preisermittlung gibt es und welche Nachteile sehen Sie im Vergleich?
- Manuelle Erhebung der Daten
Vorteil: Ein Mitarbeiter vergleicht einmal pro Tag/Woche/Monat ausgewählte Produkte im Markt, über Preissuchmaschinen oder direkt auf den Shops möglich.
Nachteil:Mühsam, langsam, ungenau und aufwendig. Aktionen in Preissuchmaschinen können bei Betrachtung der Shops direkt übersehen werden. - Entwicklung eigener Crawler
Vorteil: Ermöglicht es einem Shop, größere Datenmengen selbst zu erheben.
Nachteil: Extrem aufwendig zu entwickeln und zu warten, d.h. viele IT Ressourcen nötig und somit teuer; oft führt der große Wartungsaufwand dazu, dass das Programm eingestellt wird oder nur wenige Produkte abfragt werden. An dieser Aufgabenstellung sind auch schon sog. Top100-Shops gescheitert. - Externe Lösungen
Vorteil: Daten werden per CSV-/Datenfeed angeliefert und aktualisiert; Auswahlmöglichkeit, welche Aktualisierungshäufigkeit verwendet werden soll und wie umfangreich die Auswertung sein soll, für mittlere und große Onlineshops passend. Händler können i.d.R. entscheiden, ob sie nur die Rohdaten benötigen oder auch Analysen und Empfehlungen geliefert bekommen möchten.
Nachteil: Für kleinere Shops aus finanziellen Gründen nur teilweise relevant.
Welche Daten können analysiert werden?
Zur Analyse können alle Daten herangezogen werden, die öffentlich zur Verfügung stehen und für den jeweiligen Vergleich relevante Ergebnisse bieten: Preise, Verfügbarkeiten, Versandkosten, Produktverfügbarkeit, Produktmerkmale, Produktkategorien, zugehörige Produkte (z.B. bei Amazon Produktempfehlungen von anderen Kunden), Verkaufsrankings (z.B. Amazon) und weitere Daten.
Besonders wichtig dabei ist aber vor allem, dass die Datenbasis korrekt erhoben wurde und möglichst fehlerfrei ist.
Über den Interviewpartner bzw. PreisAnalytics:
Die PreisAnalytics GmbH bietet Instrumente zur Marktbeobachtung, Potentialanalyse und Kanalsteuerung im E-Commerce. Diverse Händler und Hersteller ab einer mittleren Umsatzgröße nutzen die bereitgestellten Tools, um dynamisch auf Entwicklungen im Markt reagieren zu können. Anwendung finden die SaaS-Lösungen vor allem in den Bereichen Einkauf, Produktmanagement und Marketing.