Die Internationalisierung ist ein heißes Thema unter Betreibern von Online-Shops. Warum sollte man sich nur auf den heimischen Markt beschränken, wenn die Möglichkeit der Umsatzsteigerung durch die Erschließung weiterer Märkte so greifbar ist?
Bevor man allerdings Geld in den Ausbau seiner Geschäftstätigkeiten steckt, ist es unabdingbar, essenzielle Faktoren schon im Vorfeld zu berücksichtigen, um das Risiko einer erfolglosen Internationalisierung zu minimieren.
Im Folgenden sollen sieben Tipps dabei helfen, den Aufwand einer Internationalisierung einschätzen und die richtigen Schritte einleiten zu können.
Tipp 1: Marktforschung
Am Anfang sollte eine ausführliche Marktanalyse stehen. Die dabei zu berücksichtigenden Faktoren sind das eigene Produktsortiment, existierende Konkurrenten und deren Preise. Weiterhin ist es auch wichtig, das Suchvolumen für die Produkte zu analysieren. Ist eine ausreichend große Nachfrage vorhanden? Kann ich mit den Preisen der Konkurrenz mithalten? Und weiterhin: Was kostet das Marketing und wie hoch ist die Marge?
Tipp 2: Lokalisierung des Webshops
Konsumenten kaufen bevorzugt im eigenen Land. Vielen gibt dies ein Gefühl von Sicherheit. Idealerweise verfügt der ausgelagerte Shop über eine lokale Adresse und Telefonnummer
und bietet alle bevorzugten Zahlungsmethoden des jeweiligen Landes an. Um das Gefühl des Vertrauens zu steigern, lohnt sich die Zertifizierung des Shops durch lokale Gütesiegel. Essenziell sind natürlich auch angepasste ABG für die rechtliche Sicherheit.
Tipp 3: Professionelle Übersetzung
Dieser Punkt ist so offensichtlich wie wichtig. Es ist von großer Bedeutung, einen sprachlich korrekten Webshop anbieten zu können. Die Fragen, die man sich stellen sollte, lauten: Würde ich hier einkaufen? Oder erscheint mir der Shop aufgrund zahlreicher sprachlicher Mängel doch eher unseriös? Anstatt sich auf Übersetzer-Tools zu verlassen, empfiehlt sich eine professionelle Übersetzung durch Muttersprachler.
Tipp 4: Lokaler Kundenservice
Sorgen Sie dafür, dass jegliche Kommunikation in der jeweiligen Landessprache abläuft. Das fängt an bei der standardisierten E-Mail und reicht bis zum persönlichen Kundenservice. Im Falle einer Frage oder Beschwerde möchte der Kunde den Sachverhalt schnell und einfach in seiner Muttersprache klären. Sorgen Sie also für Muttersprachler vor Ort, die sich direkt um Ihre Kunden kümmern und die mit einer inländischen Telefonnummer erreichbar sind. Das schafft Vertrauen und sorgt sicher auch für wiederkehrende Kunden.
Tipp 5: Effiziente Logistik
Big-Player wie amazon haben die Messlatte im Logistikbereich sehr hoch gelegt. Die Kunden erwarten heutzutage eine möglichst schnelle Lieferung. Um dies zu erreichen, lohnt es sich, stets über einen Lagerbestand im Zielland zu verfügen, sodass die Bestellung bereits im Zielland bearbeitet werden kann. Auch die Bearbeitung von Retouren ist auf diesem Weg einfacher, schneller und billiger.
Tipp 6: Multi-Channel-Vertrieb
Viele Händler nutzen nicht nur den eigenen Shop als Vertriebskanal. Neben weltweit bekannten Vertriebsmöglichkeiten wie amazon oder ebay existieren auch länderspezifische Plattformen, die sich hervorragend eignen, um eine breitere Käuferschicht zu ereichen.
Tipp 7: Lokale Marketingstrategie
Die Marketingstrategie sollte idealerweise von Menschen geplant und durchgeführt werden, die den ausländischen Markt und somit mögliche landeseigene Marketingkanäle kennen.
Zudem bedarf es muttersprachlicher Fähigkeiten, um effektives Marketing zu betreiben. Zu den Marketinginstrumenten gehören: Affiliate-Marketing, SEO, SEA (AdWords), Social Media u.v.m.
Fazit: Machen Sie Ihrem Kunden den Besuch und die Kaufabwicklung so einfach wie möglich. Denn nur wenn Ihr Shop verständlich und gut navigierbar ist, wird der Kunde wiederkommen. Läuft die Kaufabwicklung auch noch schnell und professionell ab, umso besser.
Michael Wiechert meint
Moin Henning,
natürlich, aus eurer Sicht versteh ich dass Ihr den Händlern ratet sich von Anfang an professionell aufzustellen und alles zu durchdenken.
Aber geht es – zumindest im ersten Schritt und als erster Test – nicht auch hemdsärmeliger und rustikaler?
Ich hab seinerzeit zu Offline-Zeiten ab 2001 ja das England-Geschäft meines seinerzeitigen Arbeitsgebers aufgebaut – da haben wir in UK einfach mal mit 100.000 Auflage ein Mailing mit verschiedenen Testcases gemacht, die Responses buchständlich in nem Baucontainer unter ner Eisenbahnbrücke von nem 2-Mann-Unternehmen erfassen und uns per txt rüberschicken lassen und ein halbes Jahr später haben wir ausgerollt, sukzessive mit lokalen Partnern die Infrastruktur ausgebaut. Ein Jahr später hatten wir 150.000 Kunden, 300.000 Pakete und über ne Mio Mailings im Jahr. Währenddessen haben wir die Kollegen von Heinen Jahr für Jahr auf irgendwelchen Veranstaltungen getroffen die sich marktforschenderweise auf den Gang nach UK vorbereitet haben und die Jungs von Tchibo die zeitlich mit uns gestartet waren haben doch erheblich mehr professionellen Aufwand betrieben und waren demzufolge lange nicht so profitabel wie wir.
Sprich: Gehts für den Anfang nicht auch rustikaler? Reicht es bspw nicht heutzutage wenn man eh auf Marktplätzen verkauft die Auslandsmärkte über den jeweiligen Marktplatz (zb FBA) zu testen bevor man sich nen eigenen Shop und eigenen Auslandskundenservice hinstellt?
Henning Heesen meint
Hallo Michael,
das ist verständlich. Es ist ja auch möglich das Ausland über die Marktplätze anzugehen, bzw. zu testen. Mit Amazon benötigt man ja noch nicht mal eigene Artikeltexte.
Das wäre der Alternative Weg.
Wer das volle Potenzial (wie in Deutschland) jedoch nutzen möchte, kommt an einer professionellen Lokalisierung nicht vorbei.
Bis Bald!
Katja Flinzner meint
@Michael: Ich gebe Dir recht, dass z.B. ein eigener mehrsprachiger Kundenservice und Lagerbestand im Zielland gerade für kleiner aufgestellte Händler häufig eher unrealistisch sind. Für ersteres gibt es zum Glück ja Dienstleister…
Ein Warenlager im Zielland ist sicherlich (es sei denn, man nutzt Versand über amazon), der letzte Schritt in einer langen Entwicklung, den ein Händler in der Regel erst dann gehen wird, wenn das Auslandsgeschäft richtig gut läuft. Ich kenne einige auch größere Händler, die schon seit längerer Zeit ins Ausland verkaufen und nach wie vor grenzüberschreitend versenden. Dass dann die Logistik vor Ort funktionieren muss und die Ware nicht erst nach drei Tagen versendet werden darf, versteht sich von selbst…
Wenn man es richtig angeht, schließt sich „hemdsärmelig“ und professionell auch nicht zwangsläufig gegenseitig aus – und einen professionellen Charakter sollte das Projekt schon haben, es gibt kaum etwas, das Kunden effektiver vergrault als ein schlecht lokalisierter Shop…