In Sachen Marktplatz-Geschäft kann man Claudia Wendt wenig vormachen. Seit 2014 führt sie „Heizungsdrache“, ihren Versandhandel für Heizungs- und Sanitärtechnik, erfolgreich auf ebay, 50.000 Bewertungen stehen unter ihrem Firmennamen. Lange schon stand Amazon als neuer Vertriebskanal auf ihrer To-Do-Liste – und als das Amazon-Förderprogramm in der Facebook-Händlergruppe Wortfilter beworben wurde, ergriff sie die Gelegenheit beim Schopf. Wie geht es der überzeugten ebay-Jüngerin nach einem halben Jahr Amazon? Ihr Fazit: Erst mal die Heizungsperiode abwarten.
Zum E-Commerce kam Wendt aus „Langeweile und Neugier“, wie die Unternehmerin selbst sagt. 2010 stellte sie einige Produkte des elterlichen Betriebs für Heizungs-, Installations-, Sanitär- und Feuerungstechnik auf gut Glück bei ebay ein; daraus entwickelte sich binnen weniger Jahre ein florierendes Online-Geschäft, das Wendt unter dem Namen „Heizungsdrache“ seit 2014 selbst führt. Wie das Marktplatz-Geschäft funktioniert, hat sich die Unternehmerin Schritt für Schritt selbst angeeignet. „Ich habe mir immer alles selbst angelesen, musste alles selbst herausfinden“, erinnert sie sich an die Anfangstage. „Nach und nach wurde unser Geschäft dann professioneller – und dabei wollte ich ursprünglich gar nicht selbstständig sein!“
Mit dem florierenden ebay-Geschäft im Rücken eröffnete Wendt 2015 auch noch einen eigenen Online-Shop für Heizungsdrache; aber ein Vertriebskanal fehlte noch im Portfolio: Amazon. „Vor allem in den Facebook-Händlergruppen, in denen ich Austausch suche, wurde Amazon über die Jahre ein immer größeres Thema“, berichtet Wendt. „Die anderen schrieben über den Umsatzbringer Amazon, darüber, dass 80 Prozent des Umsatzes und mehr über den Marktplatz liefen. Das hat mich natürlich neugierig gemacht. Ich dachte mir, wenn es bei ebay schon so gut läuft, was geht dann erst bei Amazon? Ich hatte aber nie so recht die Zeit, mit da reinzuarbeiten.“
Als in der Wortfilter-Händlergruppe dann das Amazon-Förderprogramm „Unternehmerinnen der Zukunft“ beworben wurde, fackelte die Heizungstechnik-Händlerin nicht lange und bewarb sich erfolgreich um einen der 20 Plätze. „Und ich hatte hohe Erwartungen an das Programm“, so Wendt. „Ich hoffte, endlich mal einen Teil des Geschäfts nicht komplett selbst lernen zu müssen, sondern mit Hilfe der Coachings und meiner Mentorin Julia Tschawdarow von Ratepay schneller zum Ziel zu kommen.“
Jeden einzelnen Coaching-Termin von Amazon nimmt die Unternehmerin mit, vieles schaut sie sich später auf Youtube nochmals an. Bei manchen schwierigen Detailfragen der erfahrenen Online-Händlerin, die mitunter auch ihre Mentorin nicht beantworten kann, hilft das UdZ-Netzwerk. „Wir haben uns da vieles zusammen erarbeitet und auch auf die Erfahrungen der anderen Teilnehmer und Coaches zurückgegriffen“, erinnert sich die Unternehmerin.
Gemeinsam bringen Wendt und Tschawdarow in ihren fünf Monaten mehrere Großprojekte auf den Weg: So wird während der UdZ-Zeit ein ERP-System bei Heizungsdrache eingeführt, um die bis dato händisch geführte Rechnungsstellung zu automatisieren. „Hätte ich gewusst, wie schwierig und kostspielig das werden würde, hätte ich vielleicht noch ein paar Monate damit gewartet“, lacht Wendt in der Rückschau. Gleichzeitig wurde auch noch an der Usability im eigenen Online-Shop geschraubt, das Listing auf Google Shopping vorbereitet – und natürlich das Amazon-Geschäft gestartet. Ein neuer Mitarbeiter hilft dabei, dass sich die Chefin ganz auf den neuen Vertriebskanal konzentrieren kann.
Neuland für die ebay-Jüngerin
Dabei musste die überzeugte ebay-Jüngerin Wendt allerdings an der einen oder anderen Stelle so manche Kröte schlucken. „Aktuell haben wir auf ebay über 2.200 Produkte gelistet. Bei Amazon sind es erst etwas über 200, weil das Listen auf Amazon einfach schwieriger und rechercheintensiver als bei Ebay ist“, beobachtet Wendt. „Man muss erst mal schauen, ob es das Produkt schon in genau dieser Ausführung auf Amazon gibt und ob Beschreibung und Bild stimmen. Ist das Angebot online, muss man ständig gucken, ob das Angebot noch gut rankt, oder ob ein anderer Händler, der das gleiche Produkt um 5 Cent billiger anbietet, das eigene Produkt aus der Buy-Box verdrängt hat. Es ist unterm Strich das deutlich zeitaufwändigere Geschäft“.
Andererseits beklagt die Unternehmerin die standardisierten Produktbeschreibungen auf Amazon, die für ihr oft erklärungsbedürftiges Sortiment ihrer Ansicht nach zu wenig Möglichkeiten für Beratung bieten. „Auch deshalb wählen wir sehr genau aus, welche Produkte wir auf Amazon platzieren“, so Wendt. „Beratungsintensive Produkte sind auf ebay besser untergebracht, weil wir hier ausführlicher erklären oder dem Kunden eine direkte Kontaktaufnahme anbieten können. Für Amazon eignen sich eher Standard-Produkte, die von den Kunden oft gezielt gesucht werden.“ Rund 10 Prozent ihres Sortiments hat Wendt mittlerweile auf Amazon platziert – und die scheinen gut zu laufen, rund 10 Prozent des Gesamtumsatzes werden mittlerweile mit Online-Verkäufen erzielt. „Richtig interessant werden dann aber erst die Zahlen in Q4/18 oder Q1/19 – unser eigentliches Geschäft beginnt ja erst mit der Heizungsperiode.“