Gastartikel: Streitschlichtung, Urteile und Abmahnungen: der tägliche Wahnsinn des Online-Handels und die Schlagwörter des ersten halben Jahres. Kein Wunder, dass die ersten sechs Monate des Jahres 2017 wieder so schnell verflogen sind. Auch im Juni ging es munter weiter. Wer keine Zeit hatte, sich auf dem Laufenden zu halten, kann das hier nachholen.
EuGH mit Zurechtweisung des Lebensmittelhandels
Werbeversprechen sind im Bereich der Lebensmittel besonders sensibel. Nur, was wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht und als Werbeaussage besonders zugelassen ist, darf auch auf die Verpackung. Im vergangenen Monat hatte der Europäische Gerichtshof gleich zwei Lebensmittelunternehmen im Visier.
Den Anfang machte der EuGH mit Traubenzucker-Süßigkeiten. Das Gericht verbot die Werbung mit „Dextro Energy“. Kurze Zeit später folgte eine für Veganer und Vegetarier interessante Entscheidung: Rein pflanzliche Produkte (z. B. aus der Sojabohne) dürfen nicht mehr in Zusammenhang mit den Bezeichnungen Milch, Molke, Rahm, Butter, Buttermilch, Käse, Sahne und Joghurt vermarktet werden.
Was ist nun mit der Vorratsdatenspeicherung?
Durch die Vorratsdatenspeicherung müssen Provider umfangreiche Daten (z. B. Rufnummer) ihrer Nutzer speichern. Begründet wird die Zulässigkeit damit, dass eine Auswertung nur im Bedarfsfall, etwa zur Strafverfolgung, stattfindet. Wegen der sensiblen Datenspeicherung gibt es – verständlicherweise – seit Jahren ein ständiges Auf und Ab. Zuletzt hat das Oberverwaltungsgericht NRW die Speicherung von Nutzerdaten durch Beschluss für europarechtswidrig erklärt. Nun wird das Bundesverfassungsgericht um Klarstellung gebeten.
Mithaftung für Bewertungen und Kommentare
Sogar die Kundenbewertungen (z. B. Produktbewertungen, Gästebucheinträge) können als eigene Werbeaussagen gewertet und dem Händler angerechnet werden. Der BGH rief noch einmal in Erinnerung, dass sich Webseitenbetreiber schnell in die Mitverantwortung bringen können, wenn sie sich fremde Kommentare oder Beiträge zu eigen machen. Von einem Zu-Eigen-Machen ist dabei dann auszugehen, wenn der Portalbetreiber nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernommen hat.
Brenzlig können solche Kommentare auch werden, wenn sie unzulässige Aussagen enthalten und der Konkurrent bereits mit der Vertragsstrafe droht. Das hat das Oberlandesgericht Köln in einem Urteil vom 24.05.2017 entschieden.
Keine Extra-Gebühren für Online-Tickets zum Ausdrucken
Kaum einer ärgert sich nicht, wenn neben den meist schon hohen Kosten für Konzert- oder Musical-Tickets dicke Gebühren für den Versand hinzukommen. Bei Eventim war es jedoch lange so, dass auch ohne einen Versand Gebühren anfallen – obwohl sich der Kunde die Karten selbst ausdruckt. Damit ist jetzt aber Schluss. Für Tickets zum Selbstausdrucken darf der Tickethändler Eventim keine extra Gebühren in Höhe von 2,50 Euro mehr erheben. Eventim akzeptiert die Entscheidung jedoch nicht. Nun wird der Bundesgerichtshof den Fall final entscheiden müssen.
Importverbot für E-Zigaretten
Seit 2016 wurden die Gesetze beim Verkauf von E-Zigaretten und Zubehör noch einmal verschärft. Das betrifft sowohl die Werbung, die Abgabe an Kinder und Jugendliche als auch die behördliche Zulassung der Produkte selbst. Ein Urteil des Landgerichts Hamburg hatte im Juni klargestellt, dass der Import und Verkauf von E-Zigaretten nur nach einer vorherigen Meldung bei den nationalen Behörden stattfinden darf. Wer das nicht getan hat, darf seine E-Zigaretten und das Zubehör nicht verkaufen.
Verbraucherverbände können Webseiten schließen
Abmahnungen und Bußgelder sind die herkömmlichen Mittel, um einen Verstoß zu unterbinden. Offensichtlich sieht die EU darin noch nicht genug Rechtsschutz und will das Problem schon im Keim ersticken. Zumindest nationalen Behörden soll es künftig möglich werden, gleich die ganze Website des Händlers zu sperren. Der Verordnungsentwurf könnte schon 2019 in Kraft treten und ruft im Online-Handel Empörung hervor.
Neues aus der Abmahnwelt
Auch kurz vor den anstehenden Sommerferien war in der Abmahnbranche keine Langeweile angesagt. Weil ein Apotheker aus München um die sensiblen Gesundheitsdaten der Kunden fürchtet, geht er gegen alle Apotheker vor, die über Amazon verkaufen. Dem Apotheker geht es in erster Linie darum, dass Amazon die sensiblen Daten unberechtigt für andere Zwecke verwenden könnte.