Der deutsche Optikermarkt ist einer der umkämpftesten in Europa. Rund 12.000 stationäre Optiker und eine stetig wachsende Zahl an Onlineoptikern kämpfen um die Aufmerksamkeit – und den Geldbeutel – der Kunden. Um in so einem Markt aus dem Stand einen neuen E-Commerce-Player hochzuziehen, braucht es schon einiges an unternehmerischem Mut. Den bringt Moritz Rappold offenbar mit: Vor zwei Jahren hat er seinen Job in einer Personalberatung an den Nagel gehängt und Topglas gegründet. Das Start-up konzentriert sich auf eine Nische in der Nische: die Neuverglasung von vorhandenen Brillengestellen.
Auf die Idee für sein Unternehmen kam Rappold nach einem selbst initiierten Feldtest, erzählt der Gründer im lesenswerten Interview mit Basicthinking. Rappold und sein Co-Gründer Karl-Tim Ibald schickten Verwandte und Bekannte los, um in stationären Brillengeschäften Preise für das gleiche Brillenglas zu erfahren. Das Ergebnis: Jeder Optiker verlangte einen anderen Preis für das Glas, die Preisunterschiede waren zudem für die Kunden nicht erklärbar. Hier sahen Rappold und Ibald ihre Chance; ihr Onlineversand sollte günstige Preise bei absoluter Transparenz bieten und noch dazu schneller arbeiten, als die stationären Optiker – und wer schon einmal in einem Brillenladen eine Brille zur Neuverglasung abgegeben hat, weiß, dass schnellere Bearbeitungszeiten tatsächlich ein großer USP sind.
Onlinemarketing: Fokus auf das, was funktioniert
Um sich am Markt bekannt zu machen, setzte das Team von Topglas bisher ausschließlich auf Onlinemarketing. Auch hier ging Rappold, der sein Start-up in den ersten zwei Jahren ausschließlich aus den eigenen Ressourcen heraus betrieb, sehr überlegt an die Sache heran: Statt auf das völlig überteuerte Keyword ›Brille‹ zu optimieren, konzentriert sich Topglas eher auf Schlagwörter, die zur Nische des Shops passen, ›Brillengläser online kaufen‹ oder ›Sonnenbrillen online kaufen‹ zum Beispiel. Genau diese Art von überlegter Adwords-Strategie empfehlen wir übrigens in unserem kostenlosen Adwords-Guide.
Social Media dagegen spielt für das Unternehmen bisher eine untergeordnete Rolle, die eigene Facebook-Seite hat bisher 300 Fans, viel Aktivität ist nicht zu verzeichnen. Oder wie Rappold es im Interview formuliert:
Auch wir empfehlen, grundsätzlich immer erst funktionierende Marketingkanäle fertig zu optimieren, bevor man neue Baustellen aufmacht. Und seien diese auch noch so verlockend. Außer natürlich, man hat genügend Ressourcen frei.
Wichtiger ist Topglas dagegen der stationäre Vertriebskanal: Wie viele andere hippe Start-ups hat der Brillenglasverkäufer kürzlich mit dem frischen Kapital eines noch geheimen Business Angels einen eigenen Laden eröffnet. Mit der Schildergasse in Köln hat sich Rappold zudem noch eine 1a-Adresse für das Geschäft gesichert. Interessant ist auf jeden Fall die Begründung des jungen Unternehmers für den Ausflug ins Stationäre: »Fest steht für uns: Ein Multichannel-Modell ist deutlich erfolgreicher als nur einer von beiden Kanälen.« Deshalb soll es, sobald der Laden in Köln läuft, bald auch Geschäfte in anderen deutschen Städten geben.