Gastartikel: Online-Händler müssen sich derzeit mit der Einführung von neuen Informationspflichten befassen, die Ihnen der europäische Gesetzgeber auferlegt hat. Die Europäische Kommission hat die Verordnung über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (Verordnung (EU) Nr. 524/2013; sog. ODR-Verordnung) und die Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (Richtlinie 2013/11/EU; sog. ADR-Richtlinie) erlassen. Diese wurde mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in nationales Recht umgesetzt.
Der europäische Gesetzgeber folgt damit seinem Ziel, einfache, effiziente, schnelle und kostengünstige Möglichkeiten für Verbraucher zu schaffen, um Streitigkeiten, die sich aus Kauf- oder Dienstleistungsverträgen ergeben, außergerichtlich beizulegen.
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), das vom deutschen Gesetzgeber erlassen wurde, aber auf der europäischen ADR-Richtline beruht, sieht zum 01.02.2017 die Einführung von neuen Informationspflichten für Onlinehändler, die Waren oder Dienstleistungen über ihre Webseite an Verbraucher („B2C“) vertreiben, vor.
Neue Informationspflichten nach dem VSBG
Die neuen Informationspflichten sind in § 36 und § 37 VSBG geregelt. Die wichtigste Pflicht, die in § 36 VSBG geregelt ist, besagt, dass jeder Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, den Verbraucher davon in Kenntnis zu setzen hat, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an einem Schlichtungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.
Bei einer Verpflichtung (freiwillig oder aufgrund gesetzlicher Vorschriften) zur Teilnahme muss zudem die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle mit Anschrift und Webseite genannt werden. Eine grundsätzliche Verpflichtung an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, besteht übrigens weder für Unternehmer noch für Verbraucher.
Ausnahme von der Regel
Eine Ausnahme von der allgemeinen Informationspflicht nach § 36 VSBG gilt für Händler, die zum 31.12. des Vorjahres zehn oder weniger Beschäftigte hatten. Dabei zählen auch Teilzeitkräfte mit. Onlinehändler sollten diesen Zustand also jährlich neu prüfen.
Für diese Händler gilt die Informationspflicht nach § 36 Abs. 1 VSBG nicht (d.h. Hinweis auf Teilnahme am Verfahren). Diese Ausnahme gilt jedoch nicht für die Informationspflichten aus § 37 VSBG (Hinweis per E-Mail im Streitfall). Denn diese gelten für alle Unternehmer, also auch für kleine Betriebe.
Pflichtangaben auf der Shop-Seite und in den AGB
Das VSBG ordnet an, dass der Hinweis leicht zugänglich sein muss. Das heißt, dass die Informationen nach § 36 VSBG leicht auffindbar und auch als solche erkennbar sein müssen.
Die Informationen nach dem VSBG sollten daher am besten ins Impressum gesetzt und zusätzlich in die AGB aufgenommen werden.
Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit (§ 37 VSBG)
Ist es bereits zu einem Streit über einen Verbrauchervertrag gekommen, der nicht einvernehmlich gelöst werden konnte, muss der Unternehmer den Verbraucher zusätzlich in Textform (z.B per E-Mail oder Fax) auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle (mit Anschrift und Internetseite) hinweisen und angeben, ob er bereit oder verpflichtet ist, an einer Streitschlichtung teilzunehmen. Falls er nicht dazu bereit oder verpflichtet ist, muss er dies ebenfalls angeben.
Konkret wird Informationspflicht nach § 37 VSBG aber erst dann ausgelöst, wenn eine Streitigkeit mit einem Verbraucher nicht einvernehmlich beigelegt werden konnte.
Der Text, mit dem Händler über eine Teilnahme am Schlichtungsverfahren informieren, kann wie folgt lauten:
„Wir sind zur Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder gemäß XXX (Angabe der Rechtsnorm oder der vertraglichen Vereinbarung) verpflichtet. Die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist: Bezeichnung/Anschrift/Webseite. Zur Beilegung der genannten Streitigkeiten werden wir in einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle teilnehmen.“
Entscheidet sich der Händler nicht an dem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, kann der Hinweis wie folgt lauten:
„Die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist: Bezeichnung/Anschrift/Webseite. Wir erklären allerdings, zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren weder bereit noch verpflichtet zu sein.“
Verfahren vor der zuständigen Schlichtungsstelle
Welche Schlichtungsstelle zuständig ist, ergibt sich aus der jeweiligen Streitigkeit. Eine Liste aller in Deutschland anerkannten Streitbeilegungsstellen ist auf der OS-Plattform zu finden. Streitigkeiten im Online-Handel sind vor der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e. V., Straßburgerstr. 8, 77694 Kehl, www.verbraucher-schlichter.de zu lösen. Onlinehändler müssen also auf diese Schlichtungsstelle hinweisen.
Nach dem VSBG richtet sich das Verfahren nach der Verfahrensordnung der jeweiligen Schlichtungsstelle, die online verfügbar sein muss. Das Verfahren findet online statt- d.h. das persönliche Erscheinen vor der Schlichtungsstelle ist nicht erforderlich. Voraussetzung für die Anrufung der Schlichtungsstelle ist, dass der Antragssteller seinen Anspruch gegenüber dem Antragsgegner bereits erfolglos geltend gemacht hat. Die Kosten des Verfahrens trägt grundsätzlich der Händler, es sei denn es stellt sich heraus, dass der Antrag des Verbrauchers rechtsmissbräuchlich war. Die Schlichtungsstelle unterbreitet dann innerhalb von 90 Tagen einen Schlichtungsvorschlag, der nicht bindend ist. Beiden Parteien steht der Weg vor die ordentlichen Gerichte offen, wenn der Vorschlag der Schlichtungsstelle nicht zufriedenstellend sein sollte.
Lohnt sich die Teilnahme am Schlichtungsverfahren?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Jeder Unternehmer muss für sich selbst entscheiden, ob er das Kostenrisiko trägt. Der größte Nachteil ist, dass der Unternehmer die Gebühren für das Verfahren immer tragen muss, egal wie das Verfahren ausgeht. Zudem kann trotz der Durchführung des Verfahrens der Gang vor Gericht nicht ausgeschlossen werden, der ebenfalls mit Kosten verbunden ist.
Rechtsfolgen bei Verstößen
Wenn die Informationspflichten nicht oder nicht vollständig erfüllt werden, haben Verbraucher auch die Möglichkeit Ansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten geltend zu machen. Händlern drohen daher in erster Linie Schadensersatzansprüche von Verbrauchern.
Verstöße können aber auch von Verbänden oder von Mitbewerbern kostenpflichtig abgemahnt werden.
Fazit
Online-Händler sollten sich zum Jahresbeginn mit der Frage beschäftigen, ob sie zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet sind, damit die Umsetzung der neuen Pflichten rechtzeitig bis zum Stichtag am 01.02.2017 vorbereitet werden kann, um kein Abmahnrisiko einzugehen.