Vorgestern "beerdigten" wir mit Karsten Büttner Twitter, heute kommen wir mit facebook daher? Ja, denn auf dem Flug zurück aus dem Urlaub hab ich in der "Welt" gelesen: "Ist Facebook das bessere Google?" Die These darin: Weil Suchmaschinen-Ergebnisse vergleichsweise unspezifisch/unbewertet daherkommen, gewinnen die Frage-Antwortbereiche in Sozialen Netzwerken wie Facebook zunehmend an Relevanz für die Web-Nutzerschaft.
Wachsende Nutzerzahlen, zentralere Bedeutung im Web-Leben und die durchgängige Kostenfreiheit von facebook (von Anzeigenschaltungen einmal abgesehen) – das sind Gründe genug, sich die Möglichkeiten einmal anzusehen.
Als Beispiel für die Grundthese, dass die Bedeutung Facebooks bei der Informationssuche zunimmt, bemüht die "Welt"-Autorin das Beispiel einer Rezeptsuche: Während Google 53.000 Rezepte ausgibt, erhält ein Nutzer von "Freunden und Fans"über die Facebook-Pinnwand vielleicht nur 2 Rezepte. Diese sind dann aber insofern vorgefiltert, als sie dem Geschmack des Freundeskreises entsprechen dürften.
Ich lasse mal offen, ob das Beispiel trifft – schließlich ist es genau so wahrscheinlich, dass man seinen Freundeskreis beim Kochen lieber mit etwas "ganz neuem" überraschen möchte. Bei anderen Fragen aber zeigt sich, dass die These nicht ganz abwegig ist: Wer verließe sich beispielsweise bei Restaurantempfehlungen, Geschenketipps oder der Kfz-Werkstattsuche nicht gern auf die Erfahrungen von Bekannten?! Und auch Xing hat vor einiger Zeit mit der "Mitglieder fragen"-Applikation eine Anwendung in dieser Richtung integriert.
So oder so: Die Nutzerschaft von facebook wächst unaufhörlich, wie
mancher auch an den zunehmend eintrudelnden Einladungen merkt. Gegenüber Twitter hat facebook einen Vorteil: Genau wie dort macht den Kern ein ständig laufender Feed von Mitteilungen aus dem eigenen "Fan-Netzwerk" aus. Dieser Feed aber ist leistungsfähiger als bei Twitter. Denn neben Kurznachrichten findet sich hier jede Aktivität des verfolgten Nutzers wieder und es können auch Bilder, Videos etc. verbreitet werden.
Zudem kann man sich (resp. seinen Shop) über die Facebook-Seiten präsentieren. Und wer pfiffig ist, dem fallen auch Anwendungen ein, die man den Nutzern (auch zur Weiterverbreitung) anbieten kann. Diese Anwendungen können dank der facebook-API recht frei programmiert werden – und haben Zugriff auf die Nutzerdaten! So hat beispielsweise ATT eine Anwendung kreiert, die beim Aufruf dem Nutzer eine Empfehlung für das für ihn bestgeeignete Handy abgibt. Basis für die Empfehlung stellen dabei die facebook-Nutzerdaten des jeweilig aufrufenden Nutzers dar.
Was für deutsche Datenschutzempfindungen schmerzhaft klingt, ist für die Nutzer ein großer Spaß: Sie klicken auf der Seite von ATT Share den Reiter "YourStyle" an und erhalten ein Modell gezeigt mit den Worten "OK Nicola, based on our calculations the best phone for you is the…". Selbst wenn das Ergebnis am Ende nicht passt, wer würde es nicht gern ausprobieren? Dazu dürften viele Nutzer bereit sein, den Zugriff auf ihre Nutzerdaten freizugeben! Andere Marken entwickeln Spiele, die via facebook leicht viralen Charakter bekommen können.
Fazit: Wie für Twitter, so gilt auch für facebook, dass man ein inhaltliches Konzept benötigt, das auch Fans findet. Das ist zwar auch beim Newsletter-Marketing so, die Erfahrung zeigt aber, dass genau hier die größte Hürde liegt. Zudem sind die meisten Nutzer bei facebook (noch!) unter 36 Jahren – aber dies ändert sich langsam. Zudem ist facebook-Marketing kaum weniger ressourcenhungrig als Twitter-Marketing. Findet man aber seine Zielgruppe auf facebokk und zudem einen guten Mehrwert für diese, so bietet facebook mehr Möglichkeiten als Twitter.
Wer (wie ich) anfangs ratlos vor der gewöhnungsbedürften Oberfläche steht, findet einen sehr guten Leitfaden von xihit zum Marketing via facebook beim facebookbiz-Blog (Gratis-PDF, 7,1 MB, Registrierung erforderlich). Neben einer umfangreichen Führung durch die Funktionen und Möglichkeiten der Plattform finden sich hier auch interessante Beispiele, darunter auch die beiden oben erwähnten.
Herzlich aus Hürth
Nicola Straub
Hagen meint
Lesenswert: Ist Facebook DAS kommende Ding? http://bit.ly/1OTpFx
Martin Gross-Albenhausen meint
Und gestern oder vorgestern hat Google angekündigt, auch Social Media zu durchsuchen – in Verbindung mit iGoogle bzw. einem Account. Heißt also: Ich kann auch facebook via Google durchsuchen, vorzugsweise meinen Social Graph. Ich frag mich, ob das dann auch noch mit Wave verknüpft wird, so dass man umfassende oder selektive Suche mit Echtzeit-Workflows verknüpft…
IMHO: Wer Google auf die Suche reduziert, hat nicht kapiert, was Google heute und morgen für unsere Art der Informationsverarbeitung bedeutet.
digitalhandeln meint
Ist Facebook das bessere Google? http://bit.ly/1Up2BB Kommentar vom @shopanbieter http://bit.ly/4robSt + Facebook-PDF: http://bit.ly/XKL2R
H.P. meint
Muss es denn immer „DAS“ kommende Ding sein?
Irgendwie scheitert doch annähernd jedes große Ding das in letzter Zeit gehyped wurde vergleichsweise kläglich, angefangen mit second live über twitter, xing und facebook.
Anders gefragt, wer kann schon „DAS“ kommende Ding auf einer 3d Welt für Kids, einem Microbloggingdienst mit einem extrem hohen Anteil an Material das die Welt nicht braucht, einer Businessplattform auf der fast nur Businessspam betrieben wird bzw. auf einer Selbstdarstellungsplattform die einen Teil der vorgenannten Dinge kombiniert sehen?
Sorry, ich nicht. eCommerce ist harte und umfangreiche Arbeit, letztendlich gibt es „DAS“ Ding nicht, immer nur mal einen kurzen Hype bei dem primär der jeweilige Anbieter bzw. die dazwischengeschalteten Agenturen verdienen. In der Realität erreicht man nur mit Qualität und Service zu adäquaten Preisen und permanenter unaufdringlicher, an die Gegebenheiten des Webs angepasster, Marketingarbeit einen ernsthaften und mittelfristig wirdsamen Effekt. Mit relevanten Marketingmaßnahmen haben diese Hypes vergleichsweise wenig zu tun, bestenfalls als zusätzlicher Kanal aber der wird gewöhnlich für kleinere Unternehmen aufgrund des vergleichsweise hohen redaktionellen Aufwands schlicht unrentabel bleiben.
Mal sehen was wohl „DAS“ nächste Ding wird. 🙂
Nicola Straub meint
Hallo H.P.,
Es musste „DAS“ kommende Ding sein, weil ich ja gerade auf den „Twitter-Hyporismus“ anspielen wollte…
Ich persönlich würde nicht ständig den Aktionen aller möglichen interessanten Leute folgen wollen, das würde mich schlicht überfordern. Auch wenn wir früher so lebten – bei allem nebenbei immer ein IRC-Chatfenster offen…
Ich kann mir daher auch vorstellen, das die jungen Leute so ihre Clique gern organisieren, indem sie halt ständig sehen, was die anderen webtechnisch gerade tun (wir haben uns dafür damals ‚gefingert‘). Andererseits weiß ich von meinen Schwestern (18 & 19 Jahre alt), dass sie eigentlich eher „weg vom Web“ hin zu echten Treffen gehen: Da SMSt man sich zusammen und macht dann was in RL. Web ist da nicht so das Ding.
Herzlich, Nicola
Feldex meint
Vielen Dank für den Beitrag.
VG aus HH
H.P. meint
Ich beziehe das mal fröhlich weg vom privaten hin zum beruflichen Umfeld (immerhin beschäftigt Ihr Euch ja auch mit dem eCommerce als solches) und dort muss man den ganz großen Hypes schon hin und wieder mal folgen.
Allerdings habe ich schon seit geraumer Zeit nichts bahnbrechend Neues mehr gesehen, irgendwie stagniert die Entwicklung immer mehr Anbieter rundherum aber eben, nichts wirklich Interessantes.
Wäre ganz interessant mal die weltweite Entwicklung genauer unter die Lupe zu nehmen, vielleicht gibt es ja anderswo innovative Ideen die den Weg ins „Land der Ideen“ einfach noch nicht gefunden haben?
Peter meint
BTW: Habe erst diese Woche irgendwo gelesen, dass die Zahl der aktiven Twitterer deutschland- und weltweit im Oktober das erstemal überhaupt stagnierte.
Deutschlandweit könnte man es noch auf die Herbstferien schieben, weltweit kaum.