Nutzertracking auch außerhalb der eigenen Seiten
Dass Facebook – auch nach den vergangenen Änderungen der Einstellungsmöglichkeiten im Profil nicht gerade ein Datenschutz-Vorbild ist, ist klar. Dass Facebook mittels seiner Social-Plugins auch das (personalisierte) Tracking des Surfverhaltens außerhalb der eigenen Seiten weiterführt, ist ein Problem, das es Seitenbetreibern nach deutschem Recht nachgerade unmöglich macht, „Gefällt-mir“-Buttons und verwandte Plugins rechtssicher in die eigenen Seiten zu integrieren. Leider. Denn die beliebte Plattform ist ein Ort, an dem man sehr einfach mit den Kunden ins Gespräch kommen kann – etwa auch um Probleme zu deeskalieren, wie Beispiele wie Telekom-hilft zeigen.
ULD: „Entsprechende Dienste sofort deaktivieren!“
Angesichts solch – aus Datenschutzsicht geradezu unglaublicher Verstöße – ist es kein Wunder, dass die verbreitete Nutzung von Facebook dem ULD ist schon länger ein Dorn im Auge ist. Es hat darum eine genauere technische Analyse der Funktionen (PDF, 1,5 MB) der Social Plugins gestartet, deren erste Ergebnisse die Haltung des ULD bestätigen. Tatsächlich sträuben sich einem die Haare, wenn man sieht, dass Facebook auch Nicht-Nutzer über alle Web-Seiten mit Facebook-Plugins trackt – diese Daten (mind.) zwei Jahre lang speichert und somit jederzeit auch rückwirkend personifizieren kann, sollte sich der Nutzer irgendwann registrieren.
Schon die Datenschutzverstöße gegenüber registrierten Nutzern rufen Datenschützer auf den Plan; doch es dürften es vor allem auch dieses illegale Tracking von Nicht-Nutzern sein, die die ULD nun zur Ankündgung drastischer Maßnahmen zwingt. Denn wenn man registrierten Facebook-Nutzern unterstellen dürfte, sicherlich wenigstens ein gewisses Gefühl dafür entwicklt zu haben, was Facebook an Daten über sie sammelt, so sind Nicht-Nutzer von Staats wegen natürlich unbedingt zu schützen – nicht zuletzt, weil sie sich evtl. bewusst eben NICHT der Datensammelwut Facebooks aussetzen wollten:
Thilo Weichert: „Facebook-Angebote sind rechtswidrig“
Konsequenterweise fordert das ULD Schleswig-Holstein darum nicht nur zur Entferung der „Gefällt-mir-Buttons“, sondern auch zur Abschaffung der Facebook-Pages an sich auf. Thilo Weichert, Leiter des ULD fährt gegenüber den Facebook-Diensten verbal harte Geschütze auf:
Er weist auch auf mögliche Alternativen hin. Zwar gäbe auch bei europäischen Social Media Networks durchaus datenschutzrechtliche Probleme, diese werden von der ULD aber wohl als geringer eingestuft, als die beim Marktführer:
Zuständigkeit des ULD auf Schleswig-Holstein begrenzt
Dass diese Aufforderungen jetzt auf Webseitenbetreiber in Schleswig-Holstein bezogen sind, liegt an der Verantworlichtkeit des ULD für eben dieses Bundesland – denn Datenschutz ist Ländersache. Doch andere Länder könnten nachziehen, zumal die Probleme mit Facebook schon länger auch im Fokus auch des Düsseldorfer Kreises (eines Zusammenschlusses von Datenschutzbeauftragten) steht. Und angesichts der massiven Verstöße gegen geltendes Recht dürfte Schleswig-Holstein das Thema sicherlich auch in die Länder-Konferenz der Datenschutzbeauftragten tragen.
Auch gibt sich Weichert im Interview mit Heise.de betont kämpferisch, er möchte die Initiative durchaus auch als Kampfansage an Facebook verstanden wissen. Bezüglich des Vorgehens gegen Websitebetreiber werde man dagegen „selektiv vorgehen“.
Facebook sieht (noch?) keinen Handlungsbedarf
Facebook dagegen zeigt sich „verwundert“ und gegenüber den Vorwürfen uneinsichtig. Dabei wäre es für Website-Betreiber wirklich ein Segen, wenn neben dem Datensammel-Ungetüm an Plugin einfach ein weiteres, an die strengeren „Privacy-Ansprüche“ in europäischen Ländern angepasstes Widget angeboten würde.
Unter dem erhöhten Wettbewerb duch Google+ könnte ein geballter europäischer Protest (auch von Websitebetreibern) vielleicht sogar die Bereitstellung einer solchen Alternative bewirken – Facebook täte jedenfalls sicherlich gut daran, sich in dieser Sache zu bewegen.
Herzlich aus Hürth
Nicola Straub
Nachtrag: In Nordrhein-Westfalen soll das Thema nun auch in den zuständigen Ausschuss des Landtages gebracht werden.
Nachtrag2: Der Landkreis Friedland ist der Aufforderung des ULD gefolgt. Mal sehen, wer noch alles seine Facebook-Seiten abschaltet…
Martin meint
Interessanter Beitrag. Wir befinden uns derzeit absolut in der Zwickmühle, was Facebook angeht. In unserem Markt haben wir es vor allem mit zwei relevanten Wettbewerbern zu tun, und beide sind ausgesprochen aktiv bei Facebook. Nicht nur mit einer eigenen Internetseite, sondern auch mit „gefällt mir“-Buttons auf allen Produktseiten. Wir sehen natürlich die Datenschutzproblematik und haben uns daher bisher (obwohl manche Mitarbeiter es beim besten Willen nicht nachvollziehen können) gegen eine Facebook-Integration auf unserer Website ausgesprochen. Aber wie lange kann das noch gut gehen? Die Wettbewerber sammeln immer mehr Fans, und es wäre ja naiv zu glauben, dass es bei potentiellen Kunden keine Wirkung hinterlässt, wenn sie auf eine Website geraten, die auf der Startseite mit tausenden Fans wirbt, während die Website einen Wettbewerbers offenbar keine Fans hat. Sollen wir also einfach bewusst das Recht brechen und ebenfalls auf Facebook setzen? Ich bin bisher strikt dagegen, da aber alle „offiziellen“ Stellen immer nur drohen, gegen Website-Betreiber mit Facebook-Anbindung vorzugehen, es aber niemand wirklich in die Tat umsetzt, ist der Ehrliche hier nun wirklich der Dumme, was sehr, sehr ärgerlich ist. Wie lange kann man noch ehrlich (bzw. datenschutzkonform) bleiben? Was tun?