Praxisbeispiel: Wie ein Umsatzturbo beinahe in die Insolvenz führte
Wie im vorhergehenden Artikel „Die Buchhaltung ist das Rückgrat eines jeden Unternehmens“ aufgezeigt wurde, verlieren Online-Händler im operativen Tagesgeschäft oftmals die Übersicht – mit manchmal katastrophalen Folgen.
So erging es auch einem Online-Händler, dem es in den letzten Jahren gelang, sein Geschäft mit Accessoires auf ein professionelles und vor allem rentables Niveau zu hieven.
Um seine Umsätze weiter voranzutreiben, setzte er ein Marketing-Tool ein, welches ihm erlaubte, seine Produkte auf einer Vielzahl von Marktplätzen und Preisportalen anzubieten bzw. zu vertreiben.
Einfacher Buchungsfehler mit fatalen Folgen
Da seine Steuerberatung vermutlich nicht über die notwendige Kompetenz im Onlinehandel verfügt, verbuchten sie die entstehenden Marktplatz-Gebühren von bis zu 15 Prozent auf den Bruttoverkaufspreis (17,85 % auf den Nettopreis) und auch die Klickkosten bei den verschiedenen Preissuchmaschinen der Einfachheit halber als Aufwendungen für den Wareneinsatz.
Bei der Betrachtung seiner Zahlen in der nächsten Periode freute sich der Online-Händler zunächst, da die Umsätze, wie erhofft, mittels dieser Maßnahme deutlich stiegen, seine Marketingkosten jedoch konstant blieben. Grund genug für ihn, über das besagte Marketing-Tool weitere Werbekanäle freizuschalten.
Irritierenderweise ist zwischenzeitlich jedoch auch sein prozentualer Wareneinsatz je verkauftem Artikel, in seinem Glauben, exorbitant gestiegen. Höchste Zeit also, seinen Lieferanten einmal auf die Füße zu treten.
Alarmstufe Rot für die Banken
Die Tatsache, dass der Faktor Wareneinsatz stark anstieg und demnach der Rohertrag entsprechend gesunken ist, rief wiederum die Hausbank, bei der auch die Warenkredite liefen, auf den Plan. Wenn man weiß, dass Banken in den regelmäßig einzureichenden BWA (Betriebswirtschaftliche Auswertung) insbesondere auch auf signifikante Änderungen der Werte Rohertrag und Betriebsergebnis schauen, ist das kaum verwunderlich.
Die Hausbank drohte nun sogar mit Kündigung der Kredite bzw. Kappung der Dispositionskreditlinie. Die Folge war, dass der Online-Händler sich nun nicht nur mit seinen Einkaufskonditionen, sondern auch mit der Bank auseinander zu setzen hatte. Auch, da er gedanklich im Tagesgeschäft feststeckte, war er mit dieser Situation heillos überfordert.
Simple Lösung führt wieder in die Spur
Nachdem ein externer Controlling-Berater zu diesem „Feuerwehreinsatz“ gerufen wurde, konnten die Unternehmenszahlen, nach Lokalisierung der Gründe für den exorbitanten Anstieg des Wareneinsatzes, durch eine einfache Umbuchung der Marktplatzgebühren und Marketing-Kosten, schnell wieder ins richtige Fahrwasser geführt werden.
Kostenstellenrechnung senkt die Marketingaufwendungen deutlich
Die anschließende Einführung einer einfachen Kostenstellenrechnung, siehe vorhergehender Artikel, offenbarte zugleich, dass sich die meisten der Werbekanäle, über das Marketing-Tool so einfach zuschaltbar, schlichtweg nicht lohnten bzw. optimiert werden mussten. Zusätzlich konnten die rentablen Marketingmaßnahmen zielgerichtet ausgebaut werden. Mit dem Ergebnis, dass das Unternehmen unseres Kunden nun wieder rund läuft und mittels der nun geplanten Umsatzsteigerungen sogar deutlich erfolgreicher als je zuvor.
Die häufigsten Fehler von Online-Händlern im Controlling
In diesem Fall haben nicht richtig zugeordnete Kosten das Ergebnis stark verzerrt. Die darauf basierende fundamentale Fehlentscheidung wiederum führte, auch wegen der lange Zeit mitgeschleiften unrentablen Werbekanälen, zu einem erheblichen Gewinnverlust.
Gleichzeitig zeigt dieses Praxisbeispiel auch viele der typischen Fehler im Controlling auf.
- KEIN Controlling – Händler schauen sich zwar regelmäßig Besucherzahlen, Umsatz und Konversionsrate an, aber wenn zwei von drei Zahlen zumindest einigermaßen laufen, ist vermeintlich alles gut.
- KEIN Plan – es werden keine Rentabilitätsvorschau, keine Planzahlen erhoben. Daher fallen Abweichungen auch nicht so schnell auf bzw. oftmals erst dann, wenn es schon zu spät ist.
- KEINE GANZHEITLICHE BETRACHTUNG – die vorliegenden Zahlen werden nicht hinterfragt bzw. nur einzeln betrachtet. Wie im vorliegenden Praxisbeispiel freut man sich auf die Umsatzsteigerung, prüft aber nicht im Detail, wie sich die Kosten dazu entwickelt haben.
- FOKUSSIERUNG – auf bestimmte Themen. Das Frontend des Online-Shops als Verkaufsfläche wird gerne bis ins letzte Detail schön gemacht, auch um den Einkauf kümmert sich der Geschäftsführer. Aber was dazwischen liegt, wird oft nicht wirklich beachtet.
Letztlich ist dies so, als würden Online-Händler heute mit Landkarten anno 1450 versuchen, die Welt zu bereisen. Zentraleuropa war bereits zur damaligen Zeit ausreichend vermessen und skizziert, so dass sie sich auf den Karten gut zurecht finden werden. Aber, wie ist es mit dem Rest der Welt? Und … Amerika gab es für das damalige Verständnis übrigens noch gar nicht.
Die vollständige Ausgabe mit allen Artikeln, kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
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