Experten im Gespräch: Arne Vogt von TUDOCK
Damit Shopbesucher zu Käufern werden, ist es wichtig, dass sie über die shopinterne Suche schnell und bequem zum Wunschprodukt finden. Im E-Commerce ersetzen Suchfunktion und Kategorie-Navigation nicht nur die Wegweiser im Ladengeschäft, sondern auch die Beratung durch den stationären Verkäufer.
Arne Vogt, Produktmanager bei der TUDOCK G
mbH, erläutert im Interview für unser Magazin die wichtigsten Aspekte zum Thema interne Produktsuche und wie diese erfolgreich eingesetzt werden kann.
Wie finde ich die richtige Suchlösung für meinen Online-Shop?
Das Wichtigste ist, sich über die eigenen Anforderungen an eine Suche im Klaren zu sein. Das mag banal klingen, ist aber ein entscheidender Schritt. Grob gesagt teilen sich die Anforderungen in fachliche, technische und wirtschaftliche Anforderungen auf.
Die fachlichen Anforderungen beschreiben die Funktionen, die die Suche haben sollte. Dazu empfehle ich, selbst etwas in seinem Shop zu suchen und zu beobachten, an welcher Stelle und aus welchen Gründen man hängen bleibt. Das muss keine tiefgreifende Analyse sein, aber meistens findet man recht schnell Beispiele für schlechte Suchergebnisse. Wenn man danach grob weiß, dass z.B. die Sortierung der Suchergebnisse besser funktionieren sollte, ist das schon mal eine gute Erkenntnis.
Die technischen Anforderungen klärt man am besten mit der IT-Abteilung bzw. dem Dienstleister. Das sind so Themen wie Anbindung an das Shopsystem, Antwortzeiten und Datenversorgung.
Bei den wirtschaftlichen Anforderungen geht es hauptsächlich um die Kosten. Wie viel bin ich überhaupt bereit, für die Suche auszugeben? Wie wichtig ist die Suche für meinen Shop? Wie viel mehr Umsatz erwarte ich mit der neuen Suchlösung?
Mit diesen Anforderungen kann man sich dann auf die Suche nach einem geeigneten Anbieter machen. Über Preis und technische Anforderungen erreicht man meist recht schnell eine Einschränkung auf wenige Kandidaten, mit denen man dann die fachlichen Probleme bespricht. Viele Suchanbieter bieten eine Demo an, auf die man die eigenen Produktdaten hochladen kann. Dadurch erhält man einen Eindruck von der Leistungsfähigkeit der Suchtechnologie.
Suchanbieter bezeichnen Ihre Suchlösung gerne als „intelligent“. Was ist hiermit gemeint?
Mit „intelligenter“ Suchlösung ist gemeint, dass die im Hintergrund laufenden Algorithmen die vom Kunden eingegebenen Suchanfragen möglichst gut verstehen und beantworten. Häufig wird die Analogie zum Verkäufer in einem stationären Geschäft gezogen, dem man als Kunde erzählt, welches Produkt man kaufen möchte. Das ist natürlich eine andere Situation als die Texteingabe in das Suchfeld eines Online-Shops. Einen guten Verkäufer macht es gerade aus, den Kunden zu „lesen“, ihn anhand seines Aussehens und seines Auftretens einzuschätzen und dadurch die besonders relevanten Produkte zu empfehlen. In einem Online-Shop werden meist nur ein oder mehrere Stichworte eingetippt. Der Kontext fehlt, man hat keine oder nur wenige Informationen über den Kunden und seine Situation. Es wäre so, als ob jemand einem Verkäufer aus dem Nichts ein paar Stichworte zuruft und erwartet, die passenden Produkte zu erhalten. Hier kommt die „intelligente“ Suchlösung ins Spiel. Die Suchtechnologien versuchen über Logiken bzw. Algorithmen die Produkte zu ermitteln, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit zu dem Suchbegriff passen. Zusätzlich geht es bei intelligenten Suchen darum, die sehr uneinheitlichen und manchmal sehr kreativen Suchanfragen der Kunden richtig zu verstehen und die relevanten Produkte in der besten Reihenfolge zurückzuliefern. Hat der Kunde sich vertippt? Benutzt er einen anderen Begriff als die Produktdaten? Schreibt er Worte zusammen, die eigentlich getrennt geschrieben werden? Es gibt eine Vielzahl solcher Herausforderungen in der Produktsuche.
Warum reicht es nicht aus, eine gute Suchsoftware zu verwenden?
Eine wirklich gute Suche liefert in den meisten Fällen gute Ergebnisse. Voraussetzung hierfür ist, dass die Suche nach der Anbindung passend zum Shop konfiguriert wird. Doch auch mit einer optimalen Grundkonfiguration wird man es nie schaffen, alle Suchanfragen korrekt zu beantworten. Dazu spielen viel zu viele Faktoren in die Suche hinein. Suchtechnologien sind hochgradig abhängig von den Produktdaten, sie sind abhängig von den Formulierungen der Kunden und sie müssen versuchen, mit globalen Regeln viele unterschiedliche Anwendungsfälle zu lösen. Das sind die großen Herausforderungen der Suche. Daher ist es immer notwendig, manuelle Nacharbeiten oder Feinjustierungen vorzunehmen, um Sonderfälle abzudecken. Zumindest ist mir keine Suche bekannt, die solche Sonderfälle selbständig erkennt und dann auch selbst Lösungen dafür findet.
Händler benötigen für solche Analyse- und Optimierungsaufgaben kein riesiges Team. Aber es sollte schon eine verantwortliche Person geben, die sich um das Thema kümmert. Wie viel Aufwand hier sinnvoll ist, hängt natürlich ganz stark von der Größe des Shops ab.
Wie kann ich die Qualität meiner internen Produktsuche bewerten? Welche Faktoren bestimmen die Qualität meiner Suche?
Man hat zwei Möglichkeiten, die Suchqualität zu bewerten: Sichtkontrolle, also manuelle Überprüfung einzelner Suchergebnisse oder Webanalytics.
Um die allgemeine Qualität der internen Suche bewerten zu können, muss man erst einmal Kennzahlen definieren und prüfen, wie man diese mit der verwendeten Analysesoftware tracken kann. Es bieten sich Kennzahlen wie die Click-Through-Rate von Suchergebnisseite auf Detailseite, die Conversion-Rate bezogen auf den Warenkorb und die Exit-Rate von Suchergebnisseiten an. Das kann man mit fast jedem Tool tracken und die Kennzahlen geben ein gutes Gefühl für die Qualität der Suche.
Schwierig ist es nur, die Optimierungspotenziale der Suche zu identifizieren. Hier kommt man an manueller Sichtung der Suchergebnisse und damit verbundener Problemanalyse und Optimierung nicht vorbei. Das höchste Potenzial hat hierbei die regelmäßige Prüfung der Top-Suchbegriffe und der 0-Treffer-Begriffe. Über solche Analysen lassen sich Einzelfälle optimieren und häufig auch generelle Probleme der Suche identifizieren.
Wie und was suchen Onlinekäufer in einem Shop?
(Anmerkung der Redaktion: Marken, Produkte, generische Begriffe etc.?
Sehr interessant wären Prozentangaben, können auch Schätzungen sein, bspw. 30 % suchen nach Marken)
Diese Frage kann man pauschal schwer beantworten. Der Suchprozess ist ein sehr individueller Prozess. Er ist abhängig davon, in welcher Phase des Kaufvorgangs der User sich befindet, sowie vom User an sich und vom gesuchten Produkt bzw. Sortiment.
Komme ich als Kunde in einen Online-Shop und habe nur eine ungefähre Vorstellung davon, was ich kaufen möchte, werde ich erst einmal sehr allgemein suchen, um mir einen Überblick zu verschaffen und mich zu informieren (z.B. „Fernseher“). Habe ich mich schon konkreter mit dem Thema beschäftigt und eine Vorauswahl an Geräten getroffen, suche ich wahrscheinlich spezieller. Vielleicht weiß ich schon, wie groß oder von welcher Marke der Fernseher sein soll (z.B. „Fernseher 42 Zoll“ oder „Fernseher von LG“). Habe ich mich hingegen vorab für ein konkretes Gerät entschieden und möchte nur schnell den Preis und die Kaufkonditionen sehen, dann suche ich sehr konkret und gebe vielleicht eine Gerätenummer ein (z.B. „LG 42LS560S“).
User gehen generell sehr unterschiedlich bei der Suche vor. Es gibt User, die lieber allgemein suchen, aus Angst davor, nicht alle relevanten Produkte zu finden. Anschließend filtern sie die Suchergebnisse oder spezifizieren ihre ursprüngliche Suchanfrage noch einmal. Es gibt aber auch User, die von Anfang an versuchen, das Produkt möglichst genau zu beschreiben und daher sehr feine Suchanfragen eingeben, um möglichst schnell das relevante Produkt zu finden. Es gibt hier kein richtig oder falsch, es sind einfach unterschiedliche Wege zum gleichen Ziel: dem Produkt.
Und letztendlich gibt es auch noch Unterschiede je nach Sortiment. Verkaufe ich z.B. Möbel, werden die Kunden vermutlich weniger nach Marken suchen, da Marken für Möbel oft nicht so relevant sind. Im Technik oder Modebereich wird der Anteil der Markensuchen wesentlich höher sein. Es sei denn, der Händler führt hauptsächlich unbekannte Marken.
Um herauszufinden, wie die Kunden im eigenen Shop suchen, kommt man nicht an einer Analyse vorbei. Man muss die Listen der abgeschickten Suchanfragen analysieren und diese klassifizieren, dann kann man Angaben zu Anteiligkeiten von Marken, Produktnamen usw. machen. Aus solchen Analysen kann man auch wichtige Rückschlüsse über den Informationsbedarf der Kunden ziehen und ggf. Informationen in den Produktdaten ergänzen.
Online-Händler leiden bekanntermaßen unter permanentem Zeitdruck. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Aufgaben (einmalig, regelmäßig), die im Zusammenhang mit der internen Suche die größten Erfolge versprechen?
Man sollte einmalig ein Monitoring aufbauen, in dem man die wichtigsten Kennzahlen auf einen Blick hat. Hierauf sollte man dann regelmäßig einen Blick werfen, für den Fall, dass sich eine Kennzahl stark verschlechtert und man Maßnahmen ergreifen muss. Auch langfristige, hoffentlich positive, Entwicklungen kann man so beobachten. Das sind Aufwände von wenigen Minuten pro Tag, die sich aber lohnen.
Regelmäßig sollte man sich Suchen ohne Ergebnis und die Top-Suchbegriffe ansehen. Auch hier muss man nicht viel Zeit aufwenden, um Potenziale aufzudecken.
Welche Tipps und Handlungsempfehlungen können Sie Online-Händlern zur Optimierung der internen Suche mitgeben?
1. Werden Sie sich der Bedeutung der Suche bewusst:
Sehen Sie sich Ihren Shop an und klären Sie, wie relevant ist die Suche eigentlich für meinen Shop? Wie viel Prozent meiner Kunden nutzen die Suche und wie erfolgreich sind sie? Je heterogener und größer das Sortiment, desto wichtiger wird die Suche.
2. Behalten Sie die Suche im Auge:
Dies muss nicht besonders zeitaufwendig sein, aber verschaffen Sie sich einen fundierten Eindruck davon, was in der Suche gerade vor sich geht und vor allem was schief läuft. Setzen Sie ein Monitoring auf und schauen Sie sich regelmäßig an, was Kunden suchen. Fehlen Ihnen hierzu die Ressourcen, können Sie einen Dienstleister zu Rate ziehen. Oft hilft schon eine einmalige Unterstützung weiter.
3. Fordern Sie Ihren Suchanbieter:
Wenn Sie bereits mit einem Suchanbieter zusammenarbeiten, fordern Sie ihn. Wenn Sie schlechte Suchergebnisse finden, fragen Sie nach, warum das Ergebnis schlecht ist und wie man es verbessern kann. Geben Sie ihm Feedback zur Suchqualität und lassen Sie sich über geplante Verbesserungen der Suche informieren.
Die vollständige Ausgabe mit allen Artikeln, kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
Arne Vogt arbeitet als Produktmanager bei der TUDOCK GmbH und ist Spezialist für die shopinterne Produktsuche. Seit 2007 setzt er sich intensiv mit unterschiedlichen Suchtechnologien auseinander und ber�t Shopbetreiber im Bereich Produktsuche-Optimierung und Navigation unter besonderer Berücksichtigung der Usability.
Webseite: http://www.tudock.com |