SEO-Metriken kritisch hinterfragen
Suchmaschinen – allen voran natürlich Google – sind für viele Shop-Betreiber ein wichtiger Traffic- und auch Umsatz-Kanal. Und wenn man so einen Kanal hat, will man ihn auch messen können. Aber wie aussagekräftig sind all diese Werte?
Bei den organischen Suchergebnissen gibt es viele Metriken, die abgerufen werden können – zum Teil über kostenpflichtige Tools. Dabei muss man sich natürlich fragen, ob diese Werte auch wirklich aussagekräftig sind, denn grundsätzlich erhebt man ja Metriken, um auf deren Basis auch Entscheidungen zu treffen.
In diesem Artikel werden daher einige der SEO-Metriken kritisch beleuchtet, die von vielen Shop-Betreibern genutzt werden.
Sichtbarkeitswerte
Es gibt einige Tools – vor allem von deutschen Anbietern -, die eine Vielzahl von Suchbegriffen beobachten und allwöchentlich für diese Suchbegriffe alle Google-Rankings mitschneiden. Aus diesen Einzelwerten (Website A ist für Suchbegriff B auf Platz 2 und für Suchbegriff C auf Platz 19) und Informationen zu den Suchvolumina (Suchbegriff B wird 1000x pro Monat gesucht, Suchbegriff C 1.000.000x pro Monat gesucht) sind die Tools dann in der Lage, einen Sichtbarkeitswert für die gesamte Website zu errechnen.
Tools wie SISTRIX, Searchmetrics, SEOlytics und XOVI berechnen diese Werte aber recht unterschiedlich, so dass sich die Werte von Tool zu Tool recht stark unterscheiden. Sicherlich hängt die Aussagekraft eines Indexwertes zu einem nicht unwichtigen Teil davon ab, wie viele Suchbegriffe beobachtet werden. In jedem Fall ist es aber so, dass die Tools immer nur einen recht geringen Teil der Suchbegriffe auswerten, die für eine Website auch wirklich wichtig sind. Es kann also rein theoretisch mit dem Indexwert nach unten gehen – und zeitgleich steigt die echte Besucheranzahl.
Sichtbarkeitswerte und deren Verläufe sind also nur bedingt aussagekräftig. Vor allem ist es gefährlich, bei Schwankungen der Sichtbarkeit aktionistisch zu werden. Denn wie man in der Abbildung sieht: Es kann im Chart dramatisch nach unten gehen, ohne dass sich das auf den realen Traffic auswirkt. Wer dann evtl. sogar Fehlentscheidungen trifft und eine vorher festgelegte Strategie über den Haufen wirft, kann sich deutlich Schaden zufügen.
PageRank
Viele Shop-Betreiber schauen immer noch auf ihren Google PageRank – ein Maß für die quantitative Verlinkung einer Website. Auch wenn es vielleicht einmal Zeiten gab, in denen dieser Wert noch eine gewisse Aussagekraft hatte, muss man ihm seit Jahren jegliche Relevanz abschreiben. Wenn man sich z. B. den PageRank-Verlauf von www.ladenzeile.de anschaut, sieht man einen Einbruch des Wertes am 6. Dezember 2013. Im Sichtbarkeitswert sieht man allerdings überhaupt keine Verbindung zu den Schwankungen beim PageRank – ein Indiz dafür, dass dieser Wert wirklich keine Relevanz mehr in der Praxis hat.
Linkdaten
Auch wenn der PageRank „tot“ ist, sind Links sicherlich noch lange nicht tot. Googles Ranking-Algorithmen werden immer noch maßgeblich von externen Verlinkungen beeinflusst, so dass man durchaus Linkdaten auswerten sollte. Eine gewisse Übersicht zeigt hier die Linkdatenbank Majestic SEO in Abbildung 3.
Dort erkennt man eines auf den ersten Blick: Die dunkelgrün markierten Stellen zeigen den jeweiligen „Gewinner“ für einen bestimmten Wert. Je nach Wert gewinnt aber mal www.zalando.de, mal www.deichmann.com. Es wäre also immer fatal, nur einen einzigen Wert zu betrachten und auf dieser Basis dann den Konkurrenzvergleich durchzuführen.
Die Zeiten, in denen es einfach nur um die Anzahl der Verlinkungen ging, sind definitiv vorbei. Viele der Zahlen, die man jedoch in Abbildung 3 sieht, beziehen sich nur auf rein quantitative Werte (z. B. „Referring domains“ = wie viele unterschiedliche Domains verlinken auf die jeweilige Website?). Ob es sich bei den Links aber um thematisch passende Links handelt, zeigen diese Zahlen nicht. Zwar versuchen die meisten Anbieter, die Links auch auf Werte wie „Trust Flow“ zu verdichten, um ihnen mehr Aussagekraft zu geben, aber die thematische Nähe wird auch dort nicht wiedergegeben.
Majestic SEO geht als wohl erste Linkdatenbank diesen Weg und zeigt auch an, für welche Themengebiete eine bestimmte Website verlinkt ist. Wie man in Abbildung 4 erkennen kann, ist Zalando offensichtlich für das Thema „Clothing“ am stärksten verlinkt.
Aber auch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn eine thematisch passende Verlinkung kann man auch hinbekommen, wenn man sich von 200 Mode-Blogs Links einkauft. In den gängigen Tools würde eine solche Verlinkung als positiv bewertet. Google hingegen könnte wohl erkennen, dass es recht ungewöhnlich ist, wenn eine Website nur von Blogs verlinkt wird – und die Website in irgendeiner Form dafür abstrafen oder abwerten.
Gerade beim Thema Verlinkung zeigt es sich also, dass es zwar viele Werte gibt, die man sich anschauen kann, aber dass es jeweils auch Fälle gibt, bei denen z. B. Websites mit guten Werten schlechte Rankings generieren, weil sie z. B. gegen Google-Richtlinien verstoßen. Shop-Betreiber sollten sich also durchaus ihre eigenen Werte im Vergleich zur Konkurrenz anschauen, aber diese kritisch hinterfragen. Im Zweifel muss man sich ebenso die Links der Wettbewerber anschauen, um herauszufinden, ob es sich um „wirklich gute“ oder nur um „künstliche“ Links handelt.
Rankings
Viele Shop-Betreiber erheben auch Ranking-Daten für ihre Websites. Das ist zunächst einmal schwierig, weil es „das“ Ranking gar nicht mehr gibt. Google passt die Rankings an das Nutzerverhalten und die Suchhistorie eines jeden Suchenden an. Vor allem aber hat zusätzlich der Aufenthaltsort des Suchenden einen starken Einfluss auf die Suchergebnisse, wie man in Abbildung 5 sehen kann. So befindet sich für die Suchanfrage „steuerberater“ (ohne Ortsangabe im Suchschlitz) eine lokale Kanzlei auf Platz 3 der organischen Suchergebnisse. Suchende aus anderen Städten erhalten diese Suchergebnisse natürlich nicht, sondern jeweils auf deren Ort bezogene Websites.
Wer also Rankings misst, muss sich darüber im Klaren sein, dass er bestenfalls Rankings für einen nicht eingeloggten Benutzer ohne lokalen Bezug ermittelt. Ob irgendjemand anders dieses Ranking in dieser Form sehen können wird, ist allerdings unklar.
Und es gibt noch ein weiteres, viel grundlegenderes Problem: Ein Ranking bedeutet noch lange nicht, dass jemand auch auf ein Suchergebnis klickt. Und ein Klick bedeutet noch keine Conversion.
Das heißt nicht, dass man überhaupt keine Rankings ermitteln sollte. Die Rankings und deren Verlauf können durchaus Aussagekraft haben. Es muss eben nur klar sein, dass auch mit Top Rankings noch lange kein Geld verdient ist. Viele Shop-Betreiber beobachten zwar Rankings, aber oftmals Suchbegriffe, die für sie gar nicht umsatzrelevant sind. Und dann muss man sich natürlich schon fragen, ob das insgesamt sinnvoll ist.
Leider hat Google es deutlich erschwert bzw. unmöglich gemacht, dass man einer Conversion auch den dazugehörigen Suchbegriff zuordnen kann. Dank der sogenannten Not-provided-Lösung übermittelt Google kaum noch Suchanfragen an eine Website. Man kann sich zwar Daten über Umwege (z. B. Google Webmaster Tools) holen, aber leider kann man nicht mehr den direkten Weg „Suchanfrage führt zu Conversion“ messen.
Fazit
Bei eigentlich allen SEO-Metriken muss man grundsätzlich sehr vorsichtig sein. Denn eine eindimensionale Zahl kann kaum die Komplexität wiedergeben, die Googles Algorithmen mittlerweile haben.
Dennoch sollte man viele Metriken erheben, um rechtzeitig Fehlentwicklungen zu erkennen, um Konkurrenten bewerten zu können und um Maßnahmen gezielt zu steuern. Dabei muss man die Metriken aber immer kritisch hinterfragen und sich im Einzelfall auch „tiefer reinwühlen“, um die Entwicklung der Metriken besser verstehen zu können.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
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Markus Hövener ist geschäftsführender Gesellschafter und Head of SEO der SEO-/SEM-Agentur Bloofusion. Darüber hinaus bloggt er zu SEO-Themen für die Internetkapitäne und ist Chefredakteur vom SEO-/SEM-Magazin suchradar.
Webseite: http://www.bloofusion.de |