Die Umsetzung der Bonitätsprüfung im Online-Shop – rechtssicher handeln
Die Zahlung per Rechnung ist eine der beliebtesten Zahlungsarten bei Kunden. Bei Online-Händlern stößt diese Zahlungsart jedoch nicht auf Begeisterung, denn das Risiko des Zahlungsausfalles ist hoch. Weil viele Kunden schnell abspringen, wenn die von ihnen favorisierte Wunsch-Zahlungsart nicht zur Verfügung steht, versuchen immer mehr Online-Händler dem Drang ihrer (potenziellen) Kunden mit der Zahlung auf Rechnung entgegenzukommen. Ohne eine (erfolgreiche) Bonitätsprüfung geht jedoch kaum ein Paket auf den Weg zum Kunden. Welche Schritte für die Einbindung einer Bonitätsprüfung in den Online-Shop aus rechtlicher Sicht erforderlich sind, soll nachfolgend erläutert werden.
Was ist eine Bonitätsprüfung?
Wer Waren versendet, ohne dafür eine Gegenleistung, sprich die Zahlung, erhalten zu haben, muss natürlich wissen, ob seine Kunden „liquide“ sind. Auskunft hierüber kann eine Bonitätsprüfung geben. Aber was ist eigentlich eine Bonitätsprüfung und wie läuft diese ab?
Eine Bonitätsprüfung wird mittels eines sog. „Scorings“ durchgeführt. Bei einem solchen Scoring werden die zur Bonitätsprüfung benötigten personenbezogenen Daten entweder an ein beauftragtes Partnerunternehmen (z. B. Zahlungsanbieter wie Klarna, BillPay o.ä.) oder direkt an eine Auskunftei (z. B. creditPass, die SCHUFA, Infoscore, Bürgel) übermittelt. Von der externen Quelle (z. B. Banken, Inkassodienste, amtliche Stellen oder allgemein zugängliche Quellen) werden dann sogenannte Scores (Wahrscheinlichkeitswerte) der betreffenden Person abgerufen. Mittels einer Vielzahl von Merkmalen (z. B. Einkommen, Wohnort, Beruf, Familienstand und bisheriges Zahlungsverhalten) wird auf das zukünftige Zahlungsausfallrisiko des Kunden geschlossen und ein Score errechnet. Daraufhin wird die vom Kunden ausgewählte Zahlungsart entweder akzeptiert oder nicht.
Berechtigung zur Bonitätsprüfung
Um Geschäfte mit risikobehafteten Kunden und die Gefahr von Zahlungsausfällen zu vermeiden, sehen sich viele Unternehmen gezwungen, eine Bonitätsprüfung durchzuführen. Doch nicht alles, was aus unternehmerischer Sicht „unerlässlich“ scheint, ist auch vom Gesetz zugelassen.
Bietet der Online-Händler Zahlungsarten an, bei denen er selbst in Vorleistung tritt, d. h. die Lieferung vor Erhalt der Zahlung durchführt, z. B. Zahlung auf Rechnung, sieht man eine Bonitätsprüfung als erforderlich und damit zulässig an. Die Bonitätsprüfung muss aber zum Zwecke der Entscheidung über die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Vertrages mit dem Betroffenen maßgeblich sein.
Bei einem herkömmlichen Kaufvertrag mit vereinbarter Vorleistungszahlungsart (z. B. Vorkasse per Überweisung) ist die Durchführung einer Bonitätsprüfung nicht notwendig und damit unzulässig, denn das unternehmerische Risiko in Bezug auf die Zahlung ist gleich Null.
Die Bonitätsprüfung während und nach einer Bestellung
Eine Einwilligung des Kunden in die Durchführung einer Bonitätsprüfung (z. B. durch Abhaken einer Einverständniserklärung) ist aus rechtlicher Sicht nicht erforderlich. Dies wird damit begründet, dass der Kunde mit Auswahl der jeweiligen Zahlungsart automatisch in die Weitergabe der Daten zum Zwecke der Bonitätsprüfung eingewilligt hat.
Ganz so einfach sieht es jedoch nicht aus, wenn die Bonitätsprüfung vor Auswahl einer konkreten Zahlungsmethode durchgeführt werden soll. Ein berechtigtes Interesse des Händlers liegt (noch) nicht vor, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, für welche Zahlungsweise sich der Kunde entscheidet. Bonitätsprüfungen nach einem Vertragsschluss unterliegen ebenfalls besonderen Voraussetzungen: Sie dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn ein finanzielles Ausfallrisiko (z. B. bei einem Ratenzahlungskredit) vorliegt.
Die Bonitätsprüfung und die Rechtstexte
In puncto Bonitätsprüfung ist vor allem der Datenschutz relevant, da sensible Kundendaten an Dritte übermittelt und dort ausgewertet werden. Nach den Grundsätzen des Datenschutzes muss der Kunde darüber aufgeklärt werden, welche Daten an wen übermittelt werden und was dort mit ihnen geschieht. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Online-Händler in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie in der Datenschutzerklärung spezielle Klauseln vorhalten muss, die die Bonitätsprüfung an sich für den Kunden nachlesbar machen. Die entsprechenden Rechtstexte sind jedoch stets im Einzelfall und in Abhängigkeit der jeweiligen Zahlungsart zu erstellen, da sowohl Ablauf als auch die erhobenen Daten je nach Zahlungsanbieter bzw. Auskunftei abweichen.
Sanktionen
Hält sich der Online-Händler nicht an die oben erläuterten Maßstäbe, können nicht nur Maßnahmen der datenschutzrechtlichen Kontrollbehörden, sondern auch Abmahnungen von Mitbewerbern und Verbraucherverbänden usw. folgen.
Fazit
Online-Händler, die ihre Kunden beliefern, ohne die ausstehende Zahlung schon erhalten zu haben, tun ihren Kunden damit einen Gefallen. Absichern können sich die Händler zumindest ansatzweise mit einer positiv durchgeführten Bonitätsprüfung. Bei der Durchführung einer solchen Bonitätsprüfung lauern jedoch viele rechtliche Fallstricke. Soll eine Bonitätsprüfung durchgeführt werden, sind in jedem Fall die datenschutzrechtlichen Vorgaben einzuhalten.
Halten wir fest: Für die Fälle, in denen der Online-Händler in Vorleistung geht, darf grundsätzlich eine Bonitätsprüfung durchgeführt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass über die Durchführung der Bonitätsprüfung transparent informiert wurde (d. h. in den AGB sowie in der Datenschutzerklärung).
Da die Rechtslage in Bezug auf die Durchführung einer Bonitätsprüfung sehr komplex und das Risiko in Bezug auf die drohenden Sanktionen sehr hoch ist, sollten sich Online-Händler bei der Ausgestaltung der verschiedenen Klauseln juristische Hilfe holen.
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Yvonne Gasch ist Volljuristin und berät in der Rechtsabteilung des Händlerbundes v.a. zum Vertragsrecht in Bezug auf den Fernabsatz, zum Wettbewerbsrecht, zum allgemeinen Urheber- und Markenrecht. Die Autorin schreibt regelmäßig zu aktuellen Rechtsthemen für das Infoportal OnlinehändlerNews sowie in verschiedenen Fachmagazinen.
Webseite: http://www.haendlerbund.de |