Händler im Gespräch: Michael Bröske von Heldenlounge
Die Logistik beinhaltet viele Herausforderungen
Mit dem „Gepflegten Mann“ hatte Michael Bröske vor Jahren einen Online-Shop geschaffen, der eine Lücke füllte für Männer, denen es nicht egal ist, welche Pflegeprodukte sie an ihre Haut lassen – lange bevor Nivea & Co. ebenfalls die „Zielgruppe Mann“ entdeckte. Heute gibt Bröske als Berater seine langjährigen Erfahrungen im Internetvertrieb an Online-Händler weiter. Gleichzeitig bleibt er als Marketingverantwortlicher der „Heldenlounge“ weiterhin dem Onlinevertrieb hochwertiger Männer-Pflegeprodukte treu.
Mit dem „Gepflegten Mann“ hatten Sie ja damals praktisch bei Null angefangen – wie haben Sie denn damals die Logistik aufgestellt?
Ich habe damals anfangs wirklich ganz klassisch mit Regalen im eigenen Keller angefangen. Allerdings verlief die Entwicklung dann sehr schnell so, dass ich damit nicht mehr auskam und Lagerraum dazu mieten musste – sehr praktisch im Haus genau gegenüber, wo ich dann auch mein Büro eingerichtet habe. Aber auch das reichte nicht lange aus, bald brauchten wir einen zweiten und dritten Lagerraum und schließlich hatten wir überall Regale mit den Produkten stehen, sogar im Büro!
Und wie ging es weiter?
Wir haben zunächst allein mit den Funktionen gearbeitet, die das Shopsystem – Oxid – bereits mitbrachte und mit Excel gearbeitet. Wir haben die Packlisten ausgedruckt und sind damit durch das Lager gelaufen und haben die Produkte zusammengesucht. Das ging gut, bis wir über 50 Bestellungen pro Tag hatten. Damals haben wir dann investiert und Pixi angeschafft. Und das brachte praktisch einen Quantensprung. Solch ein spezialisiertes System verringert die Packzeiten einfach deutlich und reduziert auch Fehler praktisch auf Null.
Und wie funktioniert die Logistik bei der Heldenlounge?
Bei der Heldenlounge hatten wir den Vorteil, dass wir uns sehr einfach an den Versand von MÜHLE anhängen konnten: Die hatten ja aus dem B2B schon die funktionierende Logistik und wir haben da praktisch nur neue Lagerflächen hinzufügen müssen. Allerdings war es auch hier so, dass der Flächenbedarf ganz schön anwuchs. Dies liegt aber auch daran, dass es bei bestimmten Produkten, z.B. aus den USA, recht hohe Mindestbestellwerte gibt. Wenn es sich um ein strategisches Produkt handelt, das aber nicht so schnell dreht, dann belegt das ganz schön Lagerfläche.
Was ist aus Ihrer Sicht die größte Herausforderung in der Logistik?
Es gibt da eigentlich diverse Herausforderungen! Aus Kundensicht ist das Wichtigste sicherlich die Liefertreue: Zugesagte Lieferzeiten müssen unbedingt eingehalten werden. Besonders zu Weihnachten – spätestens ab dem 3./4. Dezember – bricht der absolute Stress aus. Wir arbeiten dann sogar in Schichten! Wir gucken dann täglich wie lange der Versand aktuell dauert und korrigieren im Shopsystem ggf. die Lieferzeiten-Info entsprechend nach oben. Denn nichts ist schlimmer, als im Shop ein „Versprechen“ zu geben, und das dann nicht zu halten.
Aus Händlersicht ist es immer eine Herausforderung, genügend Lagerflächen zur Verfügung zu haben. Wichtig ist auch, den Lagerbestand gut zu optimieren, denn wenn der Warenbestand ständig größer gehalten wird, als benötigt ist, bedeutet das ja auch eine ungemeine Geldbindung!
Was würden Sie anderen Händlern raten, wenn es um Optimierung des Versandes und die Anschaffung von Warenwirtschaftssystemen geht?
Generell rate ich Einsteigern und kleineren Online-Shops dazu, so lange wie möglich erst einmal mit den Funktionen zu arbeiten, die das Shopsystem mitbringt. Denn das Problem mit Warenwirtschaftssystemen ist: Es gibt natürlich tolle Systeme wie Pixi und andere – aber das bedeutet wirklich eine Investition. Es gibt eigentlich kaum so etwas wie ein „professionelles Mittelfeld“ an solchen Programmen.
Auf der anderen Seite bringt ein ausgereiftes System auch sehr viel. Denn es geht dabei ja nicht allein darum, die Packzeiten zu verkürzen und Packfehler zu verhindern. Ein Beispiel: Wenn nachbestellte Ware eintrifft, geht es darum, diese so schnell wie möglich einzulagern. Bei der chaotischen Lagerung scannt man die Produkte und die Wawi sagt einem: Pack sie in das-und-das Regal. Das ist eine enorme Erleichterung, es hilft, die vorhandenen Flächen optimal auszunutzen und spart zudem wahnsinnig viel Zeit. Auch beim Packen übrigens, denn Pixi zum Beispiel schickt einen auf optimierten Wegen durch das Lager. Da geht man dann keinen Meter zu viel.
Und natürlich funktioniert auch die Lagerstandsoptimierung mit einem solchen System viel besser. Bei der Heldenlounge bieten wir übrigens bei nicht verfügbaren Produkten einen Mail-Benachrichtigungsservice: Ist das Produkt wieder lieferbar, sendet das System eine Mail an die Kunden mit einem Direktlink zu dem Produkt. Das wird bei uns im Shop wirklich viel genutzt! Für uns ist das auch gut, denn wir sehen die Nachfrage nach den Produkten und können so auch viel besser planen.
Ein für viele Händler schmerzhaftes Thema sind ja die Retouren. Wie stehen Sie dazu?
Wir haben relativ selten Retouren, aber wir tun auch einiges dafür: Wir wollen, dass unsere Pakete beim Kunden immer als etwas Besonderes ankommen. Dafür verpacken wir sehr sorgfältig, achten jedoch darauf, nur leicht entsorgbare Materialien zu nutzen, keinen aufwendigen Plastikmüll. Unsere Produkte sollen schließlich ein besonderes Erlebnis sein – und dies gilt bereits für das Auspacken. Wir schlagen unsere Sendungen daher in ein Seidenpapier ein, das mit unserem Drachen bedruckt ist und mit einem ansprechenden Duft besprüht wird. Zusätzlich legen wir immer hochwertige Produktproben bei und obenauf kommt schließlich noch ein handgeschriebenes Kärtchen des Pickers.
Von daher kommt selten etwas zurück – und wenn, dann meist wegen Unverträglichkeit o.ä. Wir sind dann bei Retouren auch sehr kulant, denn wir wollen ja, dass unsere Kunden wirklich zufrieden sind. Letztlich ist jeder Kundenkontakt definitiv auch eine Kundenbindungs-Chance.
Als Händler musst Du dir klar machen: Du bist nicht mehr allein am Markt – wenn Du nicht in einer Preisspirale enden willst, musst Du durch Service punkten!
Um jeden Preis?
Nein, natürlich nicht. Kunden sind durch Amazon dahingehend „verzogen“, dass sie alles super schnell und günstig wollen. Versandkosten dämpfen definitiv die Bestellbereitschaft. Dennoch verlangen wir 3,25 Euro für den Versand, das ist ja auch günstig. Kostenlosen Versand haben wir zwei Monate lang getestet: Damit gab es dann mehr Bestellungen bei gleichem Umsatz, also eine Zusatzbelastung in der Logistik ohne zusätzlichen Umsatz. Jetzt versenden wir ab 50,- Euro kostenlos und diese Grenze testen und optimieren wir laufend.
Auch das Retourenlabel gibt es mittlerweile nicht mehr automatisch: Früher hatten wir einen direkten DHL-Link für die Retourenlabel. Heute gibt es das Label erst auf Anfrage, das löst Amazon ja auch so.
Übrigens: Beim Poststreik neulich haben wir kurzfristig UPS als alternativen Versender hinzugenommen. Das war dann für die Kunden mit 4,95 Euro zwar etwas teurer, wurde aber sehr gut angenommen! Ich habe mich gewundert, das dies nicht mehr Händler so gemacht haben.
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Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
Michael Bröske ist bereits seit 2001 im Internet unterwegs. Anfangs verantwortlich für den weltweiten Webauftritt eines marktführenden Optikherstellers, wechselte Michael Bröske 2006 in den E-Commerce Bereich und gründete hier erfolgreich mehrere Onlineshops. Heute ist Michael Bröske als strategischer Berater tätig und unterstützt Onlineshop-Betreiber in den Bereichen Strategie, Usability, Workflow und Online-Marken-Bildung.
Webseite: http://www.mib-consult.de |
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