Händler im Gespräch: Mark Steier von wortfilter.de
Vor allem zum Zweck der Margensteigerung tragen sich derzeit viele Online-Händler mit dem Gedanken, Eigenmarken ins Programm zu nehmen. Manchmal soll auf diese Weise auch gezielt der Nebeneffekt der besseren Marktpositionierung mitgenommen werden. Während Handelsmarken in der Old economy längst etabliert und gang und gäbe sind, beginnt das Thema im E-Commerce erst so langsam an Fahrt aufzunehmen. Oft scheuen Online-Händler jedoch noch den damit verbundenen Aufwand und die Risiken.
Für den langjährigen Autoteile-Händler Mark Steier ist jedoch klar: „Der größte Fehler den Online-Händler dabei machen können, ist keine Handelsmarke zu entwickeln.“
In einem ausführlichen Interview für unser Magazin erzählt er auch, warum jeder Händler eine eigene Marke haben sollte und wie man dabei am besten vorgeht.
Du hast lange Jahre selbst Eigen- bzw. Handelsmarken aufgebaut. Welche Produkte bzw. für welche Produktgruppe war dies beispielsweise?
Ich war ja bekanntermaßen im Bereich neuer Autoersatzteile tätig, so dass ich eine Eigenmarke genutzt habe. Schon nach kurzer Zeit konnte ich Foreneinträge nach Rückfragen zu der Marke sichten.
Wurde ein Artikel einmal ohne mein Markenemblem versendet, kamen schnell Rückfragen der Kunden. Die Marke wurde also aktiv nachgefragt. Gerade wer auf eBay verkauft, ist so in der Lage, seine Reputation auf die Marke zu übertragen.
Durch die Etablierung einer Marke ergaben sich Vorteile bei der Diversifizierung und der Erschließung von neuen Kundengruppen, bspw. im Großhandel und Export.
Eigenmarken lohnen sich grundsätzlich erst einmal für jedes Produkt
Welche Art Produkt eignet sich Deiner Meinung nach am besten für Eigenmarken?
Grundsätzlich gibt es bei den Produkten bzw. Produktarten kein Ausschlusskriterium. Egal, ob Verbrauchsmaterial, Massenware oder Nischen- bzw. Spezialprodukt – jede Produktgruppe eignet sich erst einmal. Klar, ein No change-Produkt ist im Vergleich zu einem Trendprodukt erst einmal die einfachere Variante für Eigenmarken. Ein weißer Teller wird auch in zehn Jahren noch verkauft werden können, wohingegen Trends meist schwierig vorausgeahnt werden können, vor allem wenn es dann ins Detail geht. Professionelles Trendscouting ist nicht umsonst eigentlich ein eigener Geschäftszweig und kann nicht nebenher betrieben werden.
Die großen Trends dagegen lassen sich schnell von jedem Händler durch aufmerksames Lesen von Newslettern und Magazinen identifizieren. Letztlich hilft hier auch die tolle Transparenz bei eBay. Deren öffentlich zugängliche Verkaufszahlen, teilweise über Third-Party-Tools wie terapeak, lassen bspw. den Schluss zu, dass es sinnvoll wäre, sich die Potentiale im Bereich Hausautomation und „Internet of things“ generell mal näher anzusehen. Wer dies macht, wird wiederum schnell auf Produkte des Unternehmens Homematic stoßen, welche bei eBay steigend nachgefragt werden. Trends können also durchaus mit einfachen Mitteln erkannt werden. Im nächsten Schritt geht es dann um die Beantwortung der Frage, wie sich dieser Trend für das Thema Eigenmarken nutzen lässt.
Einfache Produkte eignen sich am besten zur Eigenmarke
Welche Eigenschaften muss eine Handelsmarke Deiner Meinung nach erfüllen, um erfolgreich zu sein?
Eigenmarken sollten sich durch ein einfaches und klares Profil auszeichnen und einen zum Produkt passenden Namen haben. Qualitätsanhaftungen wie bspw. „Made in Germany“ oder verlängerte Garantien laden die Marke mit Wert auf und sind daher unverzichtbar.
Da ja oft befürchtet wird, dass nur Premium- oder Billigartikel zur Handelsmarke taugen – meiner Erfahrung nach, kommt dafür übrigens jede Preisklasse in Frage.
Rechtssicherheit steht an erster Stelle
Was war Deine Vorgehensweise bei der Entwicklung einer Eigenmarke, bspw. Bedarfsanalyse, Marktrecherche, Prüfung etwaiger Patentrechte und dann Lieferantensuche?
Hinsichtlich Markenfragen hatte ich mit der Anwältin Heidi Kneller-Gronen eine kompetente Ansprechpartnerin, die sich in diesen Belangen um alles kümmerte.
Eine Bedarfsanalyse war für mich nicht notwendig, da ich über ausreichend Expertise beim Handel dieser Produkte verfügte und diesbezüglich „voll im Saft“ stand.
Auch wenn ich bei Engpässen manche Artikel auch umlabeln ließ, habe ich meine Ware in der Regel direkt aus dem Herstellerland, zumeist in China bezogen. Hier gibt es ja genügend Messen in China, aber auch in Deutschland bspw. die China Source parallel zur IAW Messe in Köln.
Sourcing- und Lieferantenprobleme werden meist überschätzt
Was waren die größten Herausforderungen für Dich?
Ganz ehrlich – Design und Logo-Entwicklung. Entgegen der Erfahrungswerte anderer Händler, hatte ich beim Sourcing und mit den Lieferanten beim Direktimport nie Probleme. Man sollte jedoch bereit sein, sich auf die jeweilige Kultur und (Verhandlungs-)Mentalität des
Herkunftslandes einzulassen.
Welche Vorgehensweise empfiehlst Du Händlern beim Aufbau einer Handelsmarke? Was würdest Du einem Händler raten, was sind die ersten Fragestellungen, die er beantworten können sollte?
Wichtig ist die Rechtssicherheit, d.h. es ist sehr wichtig sich rechtzeitig anwaltlichen Rat einzuholen. Das Design und Logo kann man sich von auch von fähigen Studenten entwickeln lassen, zumindest in unserem Fall. Ich habe hierbei tolle Ergebnisse erzielt. Mitunter ist die Abnahmemenge im Herstellungsland eine Herausforderung. Davor sollte man jedoch keine Bange haben. Im Zweifel „weiß“ liefern lassen und selbst labeln.
Was sind Deiner Meinung nach die größten Fehler von Händlern beim Thema Handelsmarke?
Der größte Fehler ist KEINE Handelsmarke zu entwickeln.
Die vollständige Ausgabe mit allen Artikeln, kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
Mark Steier war bis 2012 im Bereich Autoteile auf eBay und im Internet aktiv. 2010 war er mit seinem eBay Account gr��ter Verk�ufer bei eBay Motors. Heute betreibt er die Seite�www.wortfilter.de, sowie die gleichnamige�Facebook-Gruppe�mit �ber 2000 Mitgliedern, wo er anderen Verk�ufern mit Rat und Tat zur Seite steht.
Webseite: http://www.wortfilter.de |