Händler im Gespräch: Gerhard Hock von der Stabilo Fachmarkt GmbH
Nicht nur viele Online-Pure-Player verkaufen über Online-Marktplätze wie eBay und Amazon. Auch große Multi-Channel-Anbieter mit eigenem Filialnetz bieten ihre Produkte nicht nur über einen eigenen Onlineshop an, sondern auch über externe Marktplätze. Welche Erfahrungen die Stabilo Fachmarktkette damit gemacht hat, verrät Gerhard Hock, der bei Stabilo für den Online-Vertrieb verantwortlich ist, im Interview.
Seit wann nutzen Sie Marktplätze als Absatzkanal und was kam bei Ihnen zuerst – der Vertrieb über eBay, Amazon & Co oder der eigene Onlineshop?
Wir sind bei Stabilo schon seit zehn Jahren im Online-Handel aktiv. Angefangen hat es mit dem Verkauf über eBay. Danach haben wir unseren eigenen Onlineshop gelauncht. Später sind wir dann auch beim Amazon Marketplace aktiv geworden.
Deutlich gestiegene Anforderungen
Was hat sich aus Ihrer Sicht seit Ihren Anfangstagen hinsichtlich des Verkaufs über Marktplätze verändert?
Was mir hier besonders auffällt: Die Anforderungen sind gestiegen. Damit meine ich zum einen die Anforderungen der Kunden, die immer anspruchsvoller geworden sind und inzwischen einen sehr schnellen Service erwarten. Zum anderen sind auch die Anforderungen der Marktplätze gestiegen. Das Geschäft ist sehr schnelllebig. Das erfordert eine permanente Anpassung an die Technik. Auffällig ist auch, dass die Abwicklung immer komplexer wird. Zum Beispiel deshalb, weil die Anzahl der Zahlungsarten, die man im Online-Handel anbieten muss, deutlich gestiegen ist. Das bedeutet einen zusätzlichen Aufwand.
In den zehn Jahren ist natürlich auch der Umsatz auf den Online-Marktplätzen deutlich gestiegen. Das sorgt auch dafür, dass der Konkurrenzkampf unter den Händlern heutzutage viel größer ist als früher. Das nutzen die Kunden, die Angebote inzwischen viel mehr vergleichen, als das noch vor ein paar Jahren der Fall war.
Amazon und eBay bieten unterschiedliche Vorteile
Welche Unterschiede zwischen den einzelnen Marktplätzen stellen Sie fest?
Wenn man eBay und Amazon direkt miteinander vergleicht, bin ich der Meinung, dass eBay individueller ist. Hier hat man die Möglichkeit, sich als Anbieter mit eigenen Marken und Handelsmarken zu präsentieren. So ist eine hohe Einflussnahme möglich.
Amazon ist hingegen im Handling einfacher, dafür ist aber nur wenig Einflussnahme möglich. Und was mir negativ aufstößt: Amazon kupfert von Händlern ab, das Unternehmen „knechtet“ Händler und versucht diese, an mehreren Stellen, zur Kasse zu bitten – z.B. mit Fulfilment by Amazon. Außerdem ist die Produktpflege bei Amazon ungenügend. Damit meine ich zum Beispiel den Platz für Beschreibung, Bilder und Videos.
Letztendlich hat jeder der beiden Online-Marktplätze Stärken: So machen wir mehr Umsatz bei Eigenmarken auf eBay, während wir bei Amazon mehr Umsatz mit Markenware machen.
Serviceaufwand nicht unterschätzen
Was waren bzw. sind aus Ihrer Erfahrung heraus die größten Herausforderungen, was haben Sie am meisten unterschätzt und wo die meisten Fehler beim Vertrieb über Marktplätze gemacht?
Unterschätzt haben wir sicherlich am Anfang, wie hoch der Serviceanteil beim Verkauf über externe Online-Marktplätze ist. Die Artikelpflege und die Beratung der Kunden nehmen viel Zeit in Anspruch. Damit man effizient mit diesen zusätzlichen Vertriebskanälen arbeiten kann, müssen die internen Prozesse zu 100 % stimmen. Das bedeutet in der Praxis: eine perfekt organisierte Lagerhaltung und eine hohe Verfügbarkeit der Waren.
Außerdem sollte zu jedem Produkt ein passender Versender gefunden werden. Endkunden beispielsweise legen Wert darauf, dass Bestellungen auch Samstag zugestellt oder an Packstationen geliefert werden können, wie das beispielsweise DHL ermöglicht.
Preisstrategie abhängig vom Wettbewerb
Welche Tipps und Handlungsempfehlungen können Sie anderen Online-Händlern mitgeben?
Zunächst einmal gilt immer der folgende Leitspruch: „Customer is King“. Das bedeutet, dass man sich den Marktgegebenheiten anpassen muss und nicht umgekehrt.
Die Kundenwünsche sollten immer im Vordergrund stehen. Das bedeutet, dass ein schneller Versand gewährleistet werden muss. Ebenso wichtig ist die Einrichtung eines professionellen Kundenservices, der von montags bis samstags erreichbar sein sollte. Gegebenenfalls auch sonntags.
Ich empfehle allen Händlern, nicht ohne professionelle Hilfe in den Online-Handel zu starten. Man sollte sich eine erfahrene Agentur suchen oder Mitarbeiter zur Verfügung haben, die in Bezug auf Service, Technik und Umsetzung fit sind. Für pure Neueinsteiger ist das extrem schwer.
Wer über einen eigenen Onlineshop und über Marktplätze verkaufen will, sollte die Vorteile jedes Marktplatzes nutzen. Es empfiehlt sich, unterschiedliche Preise auf den einzelnen Kanälen zu verlangen – abhängig davon, wie stark dort jeweils die Konkurrenz ist.
Für einen erfolgreichen Multichannel-Handel ist vor allem auch eine professionelle Software-Lösung Voraussetzung. Shopsystem und Online-Marktplätze müssen miteinander verzahnt werden. Nur so wird eine ausgewogene Multichannel-Strategie möglich. Zudem sollte die Software die Möglichkeit bieten, alle wichtigen Benchmarks auszuwerfen, Marktpreise herauszufinden und anzupassen sowie Hilfestellung bei der Suchmaschinen-Optimierung zu geben. Deshalb sollte man seinen Servicepartner genau auswählen und auch bei der Entscheidung für ein ERP-System darauf achten, dass es den eigenen Bedürfnissen sowie dem Markt angepasst werden kann.
Das Allerwichtigste ist jedoch: Machen Sie aus Ihren Kunden Stammkunden! Wer das in hohem Maße schafft, hat die besten Voraussetzungen geschaffen, langfristig erfolgreich zu sein.
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Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
Gerhard Hock ist Multi Channel-Experte und verfügt u.a. über große gelebte Erfahrung beim Online-Vertrieb über Marktplätze, wie Amazon oder eBay. |