Experten im Gespräch: Andreas Wellensiek von der Lynx Consulting Group
Andreas Wellensiek ist E-Commerce Consultant bei der IT-Beratungsgesellschaft Lynx Consulting Group und betreibt zusätzlich eigene Portale und Blogs, wie zum Beispiel den werbefreien Preisvergleich Wir-Lieben-Preise. In diesem Zusammenhang beschäftigt er sich intensiv mit dem Markt für Preisportale und -suchmaschinen.
In einem Interviewgespräch erläutert er, dass es für Preissuchmaschinen im Google-Umfeld immer schwerer wird und warum es sich für Online-Händler dennoch lohnt, dieses Marketinginstrument intensiv zu nutzen.
Google Shopping gräbt den Preisportalen das Wasser ab
In diesem Jahr wurden scheinbar etliche Preissuchmaschinen von Google abgestraft. Besonders getroffen hat es beispielsweise den bis dahin beliebten Preisvergleich von Preisroboter.de. Hat sich deren Sichtbarkeit zwischenzeitlich wieder erholt oder hat diese „Marktbereinigung“ bis heute Bestand?
Dazu habe ich das kostenlose SEO-Tool von SEOlytics befragt: Diese Werte richten sich jedoch nach häufig gesuchten Keywords bzw. einfach denen, die das Tool kennt. Wie viele Besucher dennoch über Google zu den Portalen gelangen ist dann schwer zu sagen. Auch bei Wir-Lieben-Preise.de haben wir genau dieses Phänomen nach einigen der Google-Updates. An Reichweite über Google haben meines Wissens jedoch alle Shopping-Portale verloren, weil Google selbst als Preisvergleichsanbieter aktiv geworden ist. Das Merchant-Center haben wir ja nie wirklich als Konkurrenz gesehen, zumal es ein kostenloses Angebot war. Außerdem greift Google auch ganz anders ein, z.B. bei der Suchanfrage „Preissuchmaschine“ gibt es nur noch 7 statt 10 organischer Treffer. Vielleicht, damit man doch auf den Link „Shopping“ klickt?
Preisportale ziehen kaufwillige Internetnutzer an
Gibt es Sortimente, die sich besonders für die Vermarktung über Preisportale eignen?
Es eignen sich grundsätzlich alle Produkte, es ist eher eine Frage der Philosophie, der Marketingstrategie und des Budgets. Sicherlich sind technische Produkte besonders geeignet, auch aus den Bereichen Bekleidung und Wohnen sowie mit Freizeitartikeln lassen sich über Preisvergleiche gute Umsätze erzielen. Wir hatten bei Wir-Lieben-Preise jedoch auch schon Verkäufe von Luxusuhren, Fahrrädern und ganzen Blockhütten für mehrere Tausend Euro.
Diese Portale sind ja nicht nur Preis- sondern auch Produktsuchmaschinen. Der Vorteil von Preissuchmaschinen im Vergleich zur Google Websuche ist für Internetnutzer, dass sie nur Onlineshops finden, bei denen sie das Produkt auch wirklich kaufen können.
Wer aber sein Sortiment für Preisportale reduzieren will, sollte ggf. Produkte nicht listen, für die es eine Preisbindung gibt (insbesondere Bücher) bzw. bei denen der Händler weiß, dass seine Preise nicht wettbewerbsfähig sind.
Oder aber er pusht nur seine Top-Seller über diese Portale, um über den höheren Absatz noch bessere Einkaufspreise aushandeln zu können.
Dann kann man z.B. beim Zubehör bzw. bei anderen Produkten etwas teurer sein und versuchen, über Cross-Selling im Margenmix eine gute Rendite zu erzielen.
Folglich bleibt es für den Online-Shopper dabei: Wer recherchiert und vergleicht kann oft Geld sparen. Für Händler bedeutet es m.E. weiterhin in so vielen Preissuchmaschinen und Marktplätzen wie möglich gelistet zu sein, am besten mit einem jeweils auf das Portal ausgerichtetem Sortiment. Außerdem ist die eigene Online-Vermarktung des Shops wichtiger denn je. Also gutes Shop-Konzept, Nutzer- und Google-Freundlichkeit, faire Preise und vernünftige Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken.
Preisportale als Akquiseinstrument
Sind Nutzer von Preissuchmaschinen Deiner Meinung nach tatsächlich in erster Linie untreue Sparfüchse oder sind Preisportale auch ein geeignetes Akquiseinstrument um Bestandskunden aufzubauen?
Der Preis ist nur ein Kriterium beim Online-Einkauf, aber dennoch gibt es Unterschiede, was die späteren Bestandskunden betrifft. Über Preissuchmaschinen kann man sich recht schnell einen Preis- und Händlerüberblick verschaffen. Manchmal findet man auch alternative Produkte, die vielleicht ebenfalls in Frage kommen.
Bei einem Selbsttest, dem Kauf einer bestimmten Kaffeemaschine, war beispielsweise die Farbe mit für den Preis ausschlaggebend. Wer sich vorher schon festgelegt hat, der zahlt auch freiwillig mehr. Wem es um jeden Euro geht, der nimmt dann die günstigste Variante. Es gibt Auswertungen und Studien die belegen, dass über Vergleichsportale gewonnene Kunden wechselfreudiger und preissensitiver sind. Das weiß ich auch aus dem Bereich der Versicherungsbranche und auch von eigenen Shopkunden. Zum Bestandskundenaufbau ist es folglich nur bedingt tauglich und sinnvoll.
Eine direkte Weiterleitung ist zu empfehlen
Sollte man für über Preisportale generierte Besucher eigene Landingpages bauen oder genügt es, wenn man sie auf die entsprechende Produktdetailseite leitet oder evtl. auf die jeweilige Produktkategorieseite …?
Nein, eigene Landingpages sind hier nicht sinnvoll. Auf jeden Fall sollte man einen potentiellen Käufer direkt auf die Produktdetailseite leiten, weil in den Preisportalen auch direkt konkrete Produkte verglichen werden. Bei allgemeineren Anfragen und zu noch ungenauen Produktangaben, z.B. bei der Google AdWords-Kampagnensteuerung, macht natürlich die Kategorie-Seite oder ein entsprechender Aufruf der Suche mit dem Keyword am meisten Sinn.
Differenzierung lohnt sich
Was sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren für Marketing via Preisportale?
Es ist teilweise ganz leicht: Einfach in einen typischen Käufer versetzen, und zwar am besten je Produktgruppe oder Topseller. Dann im jeweiligen Portal danach suchen. Wann würde man nun auf seinen eigenen Shop klicken? Demnach die Portale auswählen bzw. Produkte zuordnen. Sein ganzes Sortiment überall einzuspielen muss nicht die beste Strategie sein. Je mehr Produkte und je unterschiedlicher die Bereiche sind, umso eher lohnt sich der Aufwand der Segmentierung. Wenn sich ein Shop auf einen kleinen Produktbereich spezialisiert hat, kann er wahrscheinlich das gesamte Sortiment einstellen. Wichtig ist aber auch, für das jeweilige Portal eine Shopbeschreibung zu erstellen, die zum Portal passt und dort zu hinterlegen. Ist es ein Marktplatz kann man ggf. auf den Hinweis zu Preisen zu verzichten. Bei Preisvergleichsportalen würde ich die Beschreibung auf das dort eingestellte Sortiment bezogen ausrichten, samt Information zu den Top-Angeboten.
Enges Controlling ist Erfolgsfaktor
Sollte man zur Datendistributierung an Preisportale und für Reportings auf externe, i.d.R. kostenpflichtige Tools zurückgreifen oder idealerweise alles im eigenen Hause abwickeln?
Auch hier spielt das Budget, das Konzept des Shops und das Sortiment eine entscheidende Rolle. Hinzu kommt, ob man dann wirklich auch Konsequenzen aus den erhobenen Daten zieht. Nur dann ist es sinnvoll, auf kostenpflichtige Tools zurückzugreifen. Manche Tools ermöglichen es ja, verschiedene Portale anzusteuern. So könnte man durch einen zeitlich begrenzten Testlauf die richtigen Portale und die passenden Produkte bzw. Kategorien für seinen Shop herausfinden. Wer wirklich erfolgreich sein will, auch noch in den nächsten 2-5 Jahren, braucht einen ausgefeilten Marketingplan bzw. eine Markenstrategie. Ohne Strategie verdient man vielleicht heute Geld, jedoch ist fraglich, wie lange das wirklich gut gehen wird. Ohne Analysen, deren Auswertung und die Anpassung von Preisen, Sortimenten und sonstigen Shop-Elementen werden 90% der Shops, wie vom ECC vorhergesagt, auch meiner Meinung nach schon bald vom Markt verschwinden. So oder so sollte man Analyse- und Monitoring-Tools einsetzen und seine Aktivitäten regelmäßig überprüfen und dann auch handeln, wenn es nötig ist.
Google Shopping ist oft teurer und performt schlechter
Wie schätzt Du die Relevanz von Google Shopping als Preisportal ein?
Natürlich ist Google Shopping für Online-Händler wichtig – alleine schon ihrer Omnipräsenz bei den Google Suchergebnissen wegen.
Ich weiß jedoch auch von Wettbewerbern und Kooperationspartnern, dass die durchschnittlichen Klickkosten meistens höher liegen als bei anderen Shoppingportalen. Hinzu kommt eine oft deutlich schlechtere Konversationsrate. Diese Kombination bewirkt, dass die Umsatzgenerierung über diesen Kanal schnell überproportional teuer werden kann.
Die Ursache sehe ich zum Teil in der Auswahl der Händler und Preise, so dass man dann, wie ich es im Selbsttest getan habe, zwar einen Shop aufruft, dann jedoch woanders kauft. Davon abgesehen, ist die Benutzerführung und Produktdarstellung bei anderen Preissuchmaschinen deutlich besser. So bieten andere Preisportale zum Produkt selbst und dem gelisteten Anbieter bereits weiterführende Informationen. Diese Ansichten dienen quasi als Filterfunktion und vermeiden unnötige Klicks, senken so die Kosten und steigern die Konversionsrate.
Wie die beiden unten aufgelisteten Vergleichsgrafiken auch zeigen, ist bei Google Shopping beispielsweise auch nicht das günstigste Angebot oben. Für Online-Händler mag es im ersten Gedanken erfreulich sein, dass für das Listing nicht alleinig der Verkaufspreis ausschlaggebend ist. In Wirklichkeit dürfte dies jedoch nur zusätzliche Klickkosten, meist ohne Chance auf einen Abverkauf darstellen. Denn am Ende sieht der Internetnutzer ja doch die günstigeren Preise und kauft anschließend vermutlich bei eben diesem Anbieter, wie auch mein Selbsttest zeigt. Ich habe vor zwei Wochen diese Maschine über einen Anbieter, den ich über andere Portale gefunden habe, für genau 160,70 Euro inkl. Versandkosten gekauft.
Interviewpartner:
Andreas Wellensiek beschäftigt sich bereits seit 2004 mit E-Commerce-Themen und Onlineshop-Projekten. Seine Schwerpunkte sind Suchmaschinenoptimierung, Usability, Online-Marketing, Konzeption und Geschäftsmodelle für Online-Shops und Portale.
andreas.wellensiek@lynx.de
http://www.lynx-ecommerce.de
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