Experten im Gespräch: Alexander Krause von UNIBRAND
Manche Händler denken bei Eigenmarken vor allem an das Sourcing, die Beschaffung der Ware zu einem möglichst günstigen Preis-/Leistungsverhältnis. Dass diese Handelsmarke erst einmal zur Marke gemacht werden möchte, damit Kunden sie kaufen, übersehen viele.
Marken- und Strategieberater Alexander Krause, Geschäftsführer der Werbeagentur UNIBRAND, erläutert für uns die verschiedenen Aspekte bei der Markenbildung von Handelsmarken.
Smart choice, statt zweite Wahl
Welche Eigenschaften muss eine Handelsmarke Deiner Meinung nach erfüllen, um im Kopf der Kunden zu bleiben?
Das Wichtigste ist, dass eine Eigenmarke für den Konsumenten keine zweite Wahl, sondern „Smart choice“ sein muss.
Bei Skoda weiß jeder, dass in den Autos VW-Teile verbaut sind. Der Kauf eines Skoda-Fahrzeugs stellt daher für viele die intelligentere, da günstigere Wahl dar – was von Skoda auch mit dem Claim „simply clever“ stark beworben wurde. Ähnlich verhält es sich bei vielen Discount-Produkten. Auch hier hat es sich rumgesprochen, dass hinter vielen No-Name-Produkten, die bei Aldi, Lidl und anderen Discounter-Ketten preisgünstig verkauft werden, Hersteller mit klingenden Markennamen stecken: Müller Milch, Leibniz (Kekse), Nestlé etc. Dass deren Rezeptur mal mehr oder weniger deutlich vom Original abweicht – geschenkt. Im Kopf des Käufers bleibt haften, dass sie ein Schnäppchen für Markenprodukte gemacht haben. Wichtig ist also, dass Eigenmarken dem Kunden eine Argumentation bzw. Legitimation für den Kauf an die Hand geben. Bei den genannten Beispielen sind es die Preisvorteile im Vergleich mit dem Original, bei vermeintlich gleicher Qualität.
Die für mich vier wichtigsten Faktoren zusammengefasst:
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- Smart choice, statt zweite Wahl
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- Eigenmarken sollten gelernte und gefragte Produkte voll und ganz hinsichtlich objektiver Qualitätskriterien ersetzen
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- Der Preis muss deutlich unter den Marken und Marktführern liegen
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- Die Produkte benötigen einen Absender, der Vertrauen und Qualitätsanspruch ausstrahlt. Testsiegel und Garantieleistungen können dies auf Produktseite verstärken.
Verpackungsfrage im Onlinehandel eher nachrangig
Was ist wichtiger – das Produkt oder die Verpackung?
Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Verpackung sollte immer zur Außendarstellung passen: REWE nutzt für seine Eigenmarke „JA!“ bspw. eine bewusst „billige Verpackung“ (diese sieht aus wie ein 2C-Druck, ist aber oft 4C oder mehr). REWE beweist also: Es kommt auf die „richtige“ Verpackung an. Für andere Eigenmarken wählt REWE dagegen wieder eine wertigere Aufmachung.
Beispiel Teebeutel: Bei dieser Produktgruppe hält REWE für jedes Preissegment eine Eigenmarke bereit und lädt deren „Wertigkeit“ mit der Verpackung entsprechend auf. So kann der Kunde durch Preisdiskriminierung und Auftreten der Marke (Naming, Packaging, Preis) selbst selektieren.
Wobei die „Verpackungsfrage“ im Onlinehandel eher nachrangig ist, da diese bei der Darstellung im Onlineshop keine oder zumindest eine deutlich niedrigere Bedeutung hat. Auch, da hier Impulskäufe und Verführung nicht wirklich funktionieren, sondern wir nach wie vor hauptsächlich von Bedarfskäufen sprechen. Im Fashion-Bereich spielt die Verpackung sogar überhaupt keine Rolle.
Die Marke muss authentisch sein
Ich weiß, Du hast ein nahezu unerschöpfliches Repertoire an Markennamen im Kopf. Die Marken der großen Händler kennt jeder. Kennst Du auch ein Erfolgsbeispiel einer Handelsmarke aus der zweiten Reihe (eines mittelständischen Händlers)?
Sicherlich gibt es etliche erfolgreiche Eigenmarken aus diesen Reihen. Die Marke Radon des Fahrrad-Onlinehändlers Bike-Discount ist hier jedoch Benchmark für mich.
Es ist sehr beeindruckend, mit welcher Hingabe, Authentizität und Liebe zum Detail es diesem Online-Händler gelingt, bei allem, was sie für die Marke tun, das Gefühl „Wir leben unsere Marke“ mitzugeben.
Diese Richtigkeit beim Markenaufbau wird nicht umsonst mit knapp 130.000 Facebook-Followern für deren Marken-Website belohnt.
Ein weiteres Beispiel aus dem E-Commerce ist Frontlineshop. Deren Eigenmarken ersetzen jedoch keine etablierte Marke an sich. Stattdessen werden deren Eigenmarken bei Produktgruppen eingesetzt, die nicht zwingend eine Marke benötigen. Meist handelt es sich dabei um sogenannte Basics, wie einfache, unbedruckte,T-Shirts, Schals oder Mützen. Trotzdem wird der Kunde auf diesem Weg mit der Eigenmarke nach und nach vertraut gemacht.
Auch Zooplus erlöst meines Wissens bereits etwa acht Prozent ihrer Umsätze über Eigenmarken. Anders als Frontlineshop positioniert Zooplus ihre Marken jedoch in den unterschiedlichsten Produktgruppen und Preissegmenten.
Markeninszenierung ausschlaggebend
Welche Vorgehensweise empfiehlst Du Händlern beim Aufbau einer Handelsmarke? Was würdest Du einem Händler raten, der zu Euch kommt und sagt: „Ich möchte eine Handelsmarke aufbauen“ – was sind die ersten Fragestellungen, die er beantworten können sollte?
Händler sollten zuerst eine ausführliche Marktanalyse durchführen und die Relevanz der Produkte, auch unter Berücksichtigung der direkten Brand-Wettbewerber, prüfen. Was sind die Topseller, was die Produkte mit der höchsten Marge etc.
Eine weitere wichtige Fragestellung ist, wer die Zielgruppe und wie hoch hierin die emotionale Bedeutung von Marke und Branding ist. Beispielsweise werden zu den Nike Sneakers Schals oder Shirts von Eigenmarken gekauft und getragen, so dass es quasi unmöglich wäre, eine akzeptierte Eigenmarke im Bereich Sneakers aufzubauen, während es für Kunde und Händler eine Win-Win-Situation sein kann, günstige Basics im Sortiment zu haben.
Ergibt die Marktanalyse ein Potential, so sollte als nächster Schritt das Sourcing geklärt werden, also wo und zu welchen Preisen und Qualität produziert werden kann.
Und wichtig, leider nicht immer berücksichtigt, ist auch zu validieren, welche Kannibalisierungseffekte auftreten können, welche Umsätze werden möglicherweise dadurch gefährdet, welche Gefahr der Verwässerung des bereits vorhandenen Brandings in der Zielgruppe besteht?
Last, but not least, sollte bereits im Vorfeld geklärt werden, wie die Marke inszeniert (Storytelling, Branding, Naming, Packaging, Social Media etc.) werden kann und muss.
Eine der meist einfacher zu beantwortenden Fragen dabei ist, ob die Eigenmarke gezielt als Eigenmarke positioniert werden soll oder nur mit dem Vermerk „exklusiv bei …“. Es gibt natürlich auch Händler die weder noch kommunizieren. Als Faustregel lässt sich sagen, je bekannter und positiver aufgeladen der Händler, desto offener kann und sollte er seine Eigenmarken positionieren.
Mehr als nur der Preis
Was ist Deiner Meinung nach der größte Fehler von Händlern beim Thema Handelsmarke?
Der größte Fehler ist sicherlich, die Handelsmarke als Selbstläufer anzusehen, der sich allein über den Preis verkauft. Auch bei Handelsmarken geht es nicht nur um den Preis, es geht wie immer auch um Vertrauen und um das Selbstwertgefühl des Käufers, das durch Cleverness bzw. die Smart Choice belohnt wird.
Je mehr Wert und Vertrauen die Händlermarke hat, desto leichter tut sich die Handelsmarke (bspw. Amazon basics) – und umgekehrt. Mittelständische Händler müssen also umso mehr in die Handelsmarke investieren: in einen konsequenten Look, in eine stimmige Story (sofern nicht in völliger Übereinstimmung mit dem Händler) und in eine konsequente Logik (Sortiment bzw. Subbrands).
Die vollständige Ausgabe mit allen Artikeln, kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Bitte beachten: Der Original-Artikel im Magazin, enthält möglicherweise hilfreiche Grafiken, Abbildungen oder Charts, die hier nicht dargestellt werden.
Alexander Krause, Geschaeftsfuehrer der Werbeagentur UNIBRAND, war bereits als Student massgeblich am globalen Brand-Relaunch �I�m lovin� it� von McDonald�s beteiligt und unterstuetzt mit seiner Agentur heute eine Vielzahl mittelstaendischer Unternehmen. Ein Beispiel, bei dem kuerzlich eine Konsumentenmarke komplett mit Naming, Corporate Design, Packaging und Markenwebsite von UNIBRAND entwickelt wurde: www.vreshmeals.de
Webseite: http://www.unibrand.de |